CLASSEN, D. (2011)

Social relationships in captive Bornean orangutans (Pongo pygmaeus).

Dissertation

124 Seiten

Zoologisches Institut Universität zu Köln.
Betreuung: T.Ziegler; W. Kaumanns
Kölner Zoo

Zusammenfassung:

Die vorliegende Studie untersucht die sozialen Beziehungen bei Borneo Orangutans (Pongo pygmaeus) in menschlicher Obhut bezüglich ihres Sozialsystems und ihres Zusammenle-bens. Im Freiland leben Orangutans nach bisherigem Kenntnisstand in „fission-fusion“ Sozietäten, die sich durch große räumliche und soziale Offenheit auszeichnen. In Zoos werden Orangutans allerdings meist in konstanten Gruppen gehalten. Es ist bislang nicht klar, ob ein langfristiges und permanentes Gruppenleben unter den räumlich begrenzten Bedingungen in Gefangenschaft dem sozialen Potential von Orangutans entspricht. Das Sozialsystem von Orangutans ist bislang nicht vollständig geklärt. Es ist bisher kaum an einer adäquaten Anzahl an Tieren untersucht worden, wie die sozialen Beziehungen auf proximater Ebene funktionieren.

Diese Arbeit untersucht die Struktur der sozialen Beziehungen, die Ausprägung möglicher fission-fusion Tendenzen, und wie die Individuen mit dem künstlich induzierten Gruppenle-ben zurechtkommen. Dies wurde an den Orangutan-Gruppen dreier Zoos vergleichend er-forscht. In zwei Zoos wurden die Tiere in konstanten Gruppen, und in einem unter flexiblen Bedingungen gehalten. Der Schwerpunk der Analysen lag auf den interaktiven und räumli-chen Verhaltensmustern der Tiere. Bei einer der Gruppen wurden zusätzlich Langzeitbeo-bachtungen durchgeführt, sowie eine weitere Beobachtungsmethode zur Sequenzanalyse von Verhaltensabläufen angewendet.

Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen die Annahme, dass Orangutans das Potential haben, sich unter den sozialen und ökologischen Bedingungen in menschlicher Obhut mehr mit sozialen Aktivitäten zu beschäftigen als es bei wildlebenden Tieren beobachtet wurde. Die-ses Potential ist unter Freilandbedingungen nur schwer zu untersuchen. Auf struktureller Ebene ähnelten die sozialen Beziehungen zwischen den Tieren dem, was bei Zusammentref-fen von wildlebenden Orangutans gefunden wurde, wobei die Beziehungen zwischen den hier untersuchten Tieren generell freundlicher erschienen. Die unterschiedlichen Haltungs-bedingungen hatten dabei keinen großen Einfluss auf die Beziehungsmuster. Die gefundenen sozialen und räumlichen Muster entsprachen einer fission-fusion Organisation insofern, dass sich die Individuen häufig voneinander entfernten und wieder trafen; die Interaktionen waren meist soziopositiv aber nur kurz. Möglicherweise haben Orangutans eine intrinsische Motivation, soziale und räumliche Nähe zu Partnern immer wieder aufzusuchen und zu verlassen, und dabei nur schwache Bindungen mit diesen aufzubauen. Zukünftige Studien solltten sich darauf sowohl unter den Bedingungen im Freiland als auch unter denen in menschlicher Obhut beziehen. Die Befunde dieser Studie können zur Weiterentwicklung neuer Konzepte zur Dynamik von fission-fusion Strukturen bei Primaten beitragen. Diese Arbeit verdeutlicht, dass eine detaillierte Analyse der interaktiven und räumlich-zeitlichen Muster unter Zoobedingungen wichtige und ergänzende Hinweise über das soziale Zusammenleben von Orangutans liefern kann. Diese können auch hilfreich für das Management dieser bedrohten Art in Zoos und bei fragmentierten Gebieten im Freiland sein.

Abstract:

This study investigates the social relationships in captive groups of Bornean orangutans (Pongo pygmaeus) concerning their social system and sociality. Wild orangutans are sup-posed to live in fission-fusion societies with a high flexibility in spatial and social structures. Zoo-living orangutans however are usually housed in stable groups. It is unclear whether a permanent group-living under the spatial restrictions of captivity over longer periods of time corresponds to the orangutans’ social potential. The orangutans’ social system is still not well understood. Proximate data referring to mechanisms regulating the social relationships, including a sufficient sample size of individuals, are largely missing so far.
This study examines the structure of social relationships, the persistence and form of fis-sion-fusion tendencies, and how the individuals deal with the group-living conditions. Three sets of orangutans were comparatively studied. Two groups were housed under constant group-keeping conditions; one group was kept under flexible conditions. The analyses fo-cused on the patterns of the interactive and spatial behaviour. Additionally, long-term ob-servations were carried out on one of the groups, and a second sampling method was im-plemented allowing a sequence analysis of behaviours.
The results of this study support the assumption that orangutans have the potential to engage in a higher amount of social activities compared to the wild without many conflicts. To evaluate this social potential under natural conditions is hardly possible. The structure of social relationships between the studied animals was largely compatible to what is described for free-ranging orangutans, though the relationships tended to be generally friendlier. The different keeping conditions seem to have little influence on the social patterns. The socio-spatial patterns were characterized by frequent encounters and leavings; interactions were mainly sociopositive but brief. On the structural level, this pattern is in accordance with the fission-fusion sociality described for wild orangutans. Orangutans may possibly have an intrinsic motivation to merge and split regularly and to establish only weak social bonds. Future work should refer to this, both under the conditions in the wild and under human care. The findings of this study can contribute to the further development of new concepts on fission-fusion dynamics in primates. This work points out that a detailed analysis of the interactive and spatiotemporal patterns under the conditions in captivity provides important and supplemental clues about the sociality of orangutans. This may account also for the management of this endangered species in zoos and fragmented areas in the wild.

 

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