GRAUF, C. (2009)

Brutaktivität und Verhalten der Kiwis (Apteryx mantelli) im Zoo Berlin.

Dr. rer. nat. Dissertation

124 Seiten

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Potsdam
Prof. Dr. Dieter Wallschläger, Universität Potsdam
Zoo Berlin

Voller Text

Zusammenfassung:

Der Streifenkiwi (Apteryx mantelli) kommt im Freiland ausschließlich auf der Nordinsel Neuseelands vor. Er ist etwa so groß wie ein Huhn undflugunfähig. Den Tag verbringt der Vogel in selbst gegrabenen Höhlen odernatürlichen Verstecken. Nachts stochert er mit seinem langen, dünnen Schnabel im Boden nach Invertebraten, die er olfaktorisch aufspürt. Paare leben in lebenslanger Monogamie zusammen und behaupten gemeinsam ein Territorium. Ein Gelege besteht normalerweise aus zwei Eiern, die im Abstand von drei bis vier Wochen gelegt werden und jeweils über 400 g wiegen. Das Brüten übernimmt der Hahn allein. Die voll entwickelt schlüpfenden Küken ernähren sich in der ersten Lebenswoche ausschließlich von ihrem Vorrat im Dottersack. Später gehen sie selbständig auf Nahrungssuche und suchen sich eigene Verstecke.

Der Zoo Berlin ist einer von nur drei Zoos, in denen außerhalb von Neuseeland die Nachzucht von Kiwis gelingt. Ein möglicher Grund für den geringen Bruterfolg könnten Störungen des Brutablaufs sein. Es ist bekannt, dass das Brutverhalten von Kiwis sehr variabel sein kann, doch detaillierte Beobachtungen liegen noch nicht vor. Durch diese Untersuchung sollten die Kenntnisse über die Brutaktivität erweitert und speziell für den Berliner Hahn Aktivitätsmuster herausgearbeitet werden, die eine erfolgreiche Brutbegleiten. Bei Zootieren stellt sich zudem immer wieder die Frage, inwiefern die Haltungsbedingungen den Ansprüchen einer Art gerecht werden bzw.das Wohlbefinden der Tiere und damit möglicherweise auch die Fortpflanzung negativ beeinflussen.

Zur Untersuchung der zirkadianen Aktivität wurde im Nistkasten des Hahnes eine Infrarotkamera installiert und die Bilder über drei Brutperiodenaufgezeichnet. Die An- bzw. Abwesenheit des Hahnes im Nistkasten wurde als Maß für die Aktivität herangezogen. Neben der Aktivität des Hahnes wurde auch die zirkadiane Aktivität einer Henne sowie zweier Küken untersucht. Dazu kamen direkte nächtliche Beobachtungen des Verhaltens der adulten Kiwis mithilfe der Fokustier-Methode. Dabei kam ein Nachtsichtgerät zum Einsatz. Aus den gewonnenen Daten wurde ein Ethogramm angefertigt, sowie das Zeitbudget, die Ortsabhängigkeit der Verhaltensweisen und die Unterschiede zwischen den Tieren dargestellt.

Bei der Brutaktivität des Hahnes fiel auf, dass nicht nur innerhalb der Artsondern schon bei einem einzigen Individuum von Saison zu Saison unterähnlichen Bedingungen erhebliche Variationen bezüglich der Dauer und Anzahl der Brutpausen auftreten können. Allgemeine Störungen der Aktivität traten nicht zutage, doch resultierte die Entnahme der frischgeschlüpften Küken aus dem Nest in einer deutlichen Abweichung destypischen Aktivitätsmusters.

In Hinblick auf das Wissen über frei lebende Kiwis entsprach die Aktivität der Henne den Erwartungen. In den Tagen vor der Eiablage traten jedoch Muster auf, von denen nicht bekannt ist, ob sie im Freiland ebenfalls vorkommen. Die Küken hingegen zeigten nicht nur nachts sondern auch tagsüber kurze Phasen der Aktivität. Da junge Tiere ihre Aktivität erst mit der Umwelt synchronisieren müssen, sind wiederholte Aktivitäts- und Ruhephasen bei diesen jedoch nicht ungewöhnlich.

Das aufgenommene Verhaltensrepertoire und das Zeitbudget ließen sich anhand der Kenntnisse über das Verhalten frei lebender Kiwis interpretieren und stimmten mit diesen weitgehend überein. Es zeigten sich keine Unterschiede im Verhalten bei Henne und Hahn. Inwieweit dies jedoch der Situation im Freiland entspricht, ist nicht bekannt. Doch wurde ein vermutlich haltungsbedingtes Fehlverhalten beobachtet, das aber nicht als schwerwiegendes Problem eingestuft wurde. Mögliche Maßnahmen zur Einschränkung dieses Fehlverhaltens sowie zur Verbesserung der Gehegenutzung wurden angesprochen.

Insgesamt zeigten die Kiwis im Zoo Berlin weder im Verhalten noch in ihrer zirkadianen Aktivität Auffälligkeiten, die auf ein eingeschränktes Wohlbefinden hindeuten könnten. Die Haltungsbedingungen scheinen den Ansprüchen der Tiere zu entsprechen. Die Entnahme der Küken direkt nachdem Schlupf sollte aber vermieden werden.

Es ließen sich nur bedingt Strategien entwickeln, um die Bedingungen für die Brut und damit für die Nachzucht zu verbessern, da sich die Aktivität des Hahnes während der Brut von Jahr zu Jahr als unerwartet variabel erwies. Welche Faktoren die Aktivität des Hahnes beeinflussen, müsste sowohl im Zoo als auch im Freiland genauer untersucht werden.

 

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