Der Effekt von Jahreszeit und Reproduktionsstatus auf das Aktivitätsbudget und die Gewichtsentwicklung bei den Humboldtpinguinen (Spheniscus humboldti) im Kölner Zoo.
Diplomarbeit
89 Seiten
Math.-Nat. Fakultät, Universität zu Köln
Leitung: Prof. Dr. G. Nogge
Zoo Köln
Zusammenfassung:
Im Rahmen dieser Arbeit wurde untersucht, ob die Humboldtpinguine im Kölner Zoo einen von der Jahreszeit und dem Reproduktionsstatus abhängigen Rhythmus im Verlauf mehrerer Monate (Oktober 2004 bis April 2005) zeigen. Und falls ein Rhythmus vorläge, ob dieser möglicherweise noch durch andere Parameter (Geschlecht und Alter) beeinflusst wird.
Die Gewichtsentwicklung der Pinguine der gesamten Kolonie (n=37), die Energiebudgets und die Anteilsverteilung von Wasser - und Landaktivitäten am Energieverbrauch (von sechs Pinguinen) im Verlauf der Monate dienten als Paramenter, die Aufschluss darüber geben sollten, ob ein Rhythmus vorlag. Die Gewichte der Tiere wurden an zehn Tagen jedes Monats durch eine in das Gehege eingebaute Wägekonstruktion aufgenommen. Als Protokollierungsmethode für die Energiebudgets wurde instantaneous time sampling mit 1 - Minuten Intervallen angewandt. Es wurden pro Monat sechs 11 h - Tage aufgenommen. Das Verhaltensspektrum der Humboldtpinguine wurde, damit eine Aufnahme der Energiebudgets überhaupt möglich war, in sieben Aktivitätskategorien unterteilt, denen, durch physiologische Untersuchungen ermittelte (aus Literatur entnommen), konkrete Energieverbrauchswerte zugeordnet werden konnten. Zusätzlich wurde noch die Energieaufnahme (Futterverbrauch) der Kolonie im Lauf der Monate, an zehn Tagen pro Monat, erfasst.
Ziel der Arbeit war es, Hinweise zu erhalten, ob in menschlicher Obhut gehaltene/aufgezogene Humboldtpinguine eine Chance haben, in ihrem natürlichen Lebensraum zu überleben. Dabei war auch generell von Interesse, wie groß der Unterschied des Energieverbrauchs an einem durchschnittlichen Tag zwischen Tieren in menschlicher Obhut und ihren vor der Westküste Südamerikas lebenden Artgenossen ausfällt. In einem Randprojekt wurde noch eine nicht - invasive Methode zur Abschätzung der Verdauungseffizienz getestet.
Die Humboldtpinguine im Kölner Zoo zeigten ein Verhaltensmuster im Verlauf der Untersuchungsmonate, das vermutlich einen grundsätzlich angelegten (endogenen) Rhythmus voraussetzt, dessen genauer Ablauf aber durch anthropogene Einflüsse bestimmt wurde. Die anthropogene Beeinflussung bestand darin, dass der Zeitrahmen der Balz - und Brutsaison, durch die Gabe von Nistmaterial im Februar, vorgegeben wurde. Im Februar bzw. von Februar zu März lag dann auch eine deutliche Änderung des sonst relativ gleichförmigen Verhaltensmusters der Tiere vor. Während die Pinguine in allen anderen Monaten an Gewicht zulegten, nahmen sie von Februar zum März relativ stark ab, was als signifikanter (α<0.05) Unterschied erkannt wurde. Und auch die Energiebudgets sanken im Februar, was mit, gegenüber den anderen Monaten, deutlich erhöhten Anteilen der Landaktivitäten am Energieverbrauch einherging. Die älteren (>5 Jahre) Tiere zeigten alle dieses zeitliche Muster, ohne dass dabei der Reproduktionsstatus eine große Rolle spielte.
Zwischen den Geschlechtern bestanden jedoch klare Unterschiede,die sich zum einen aus deutlich geringeren Energiebudgets, bei gleichzeitig höheren Anteilen des Energieverbrauchs bei Landaktivitäten, der Männchen gegenüber den Weibchen ergaben. Zjm anderen nahmen die Geschlechter zu verschiedenen Zeitpunkten (die Männchen im Dezember/Januar, die Weibchen im Januar/Februar) am deutlichsten zu und die Männchen zeigten von Februar zu März eine wesentlich größere Gewichtsreduktion als die Weibchen. Bei den jüngeren Männchen der Kolonie war das Muster der Gewichsentwicklung im Verlauf der Monate noch nicht so stark ausgeprägt und bei den jungen Weibchen konnte dieses Muster gar nicht erkannt werden. Bei ihnen blieben die deutlichen Änderungen von Februar zu März aus. Des Weiteren wies das jünste (3 Jahre, weiblich) Fokustier der Energiebudgetaufnahme generell wesentlich höhere Energiebudgets auf, die durch erhöhte Anteile der Aktivitäten im Wasser in allen Untersuchungsmonaten zustande kamen, als seine älteren Artgenossen. es kann aber keine Aussage darüber gemacht werden, ob es sich in diesem Fall einfach um eine individuelle Besonderheit handelte oder ob das Pinguinweibchen tatsächlich repräsentativ für ihre Altersklasse war. Das Energiebudget des jünsten Fokustiers kam dem für in ihrer natürlichen Umgebung lebenden Humboldtpinguine berechneten Energiebudget am nächsten, lag aber immer noch deutlich (im Durchschnitt der Monate ca. 33 %) unter diesem. Die älteren Fokustiere verbrauchten sogar knapp 60 % weniger Energie als ihre wild lebenden Artgenossen.
Die Ergebnisse werden bezüglich möglicher Einflussfaktoren, sowie des Potentials zur Auswilderung von zoogeborenen Humboldtpinguinen diskutiert.
Die in dieser Arbeit getestete, nicht-invasivse Methode zur Abschätzung der Verdauungseffizienz hat sich nicht bewährt. Es müssen offensichtlich noch einige Modifikationen an der Methodik und der Materialwahl vorgenommen werden, um mit invasiven und semi-invasiven Methoden ermittelte Ergebnisse reproduzieren zu können.
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