Nicht invasive Bestimmungsmethoden von Steroidhormonen und deren Anwendung bei Geparden (Acinonyx jubatus) in europäischen Zoos.
Vet.med. Diss., FU Berlin.
Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Heribert Hofer; Prof. Dr. Klaus Eulenberger; Univ.-Prof. Dr. Jörg Aschenbach
78 Seiten; Tabellen; Grafiken.
Volltext (PDF)
Zusammenfassung:
Die bisherigen Erfolge in der Züchtung von Geparden (Acinonyx jubatus) in menschlicher
Obhut sind bis heute nicht zufriedenstellend. Seit Jahrzehnten wird an den Ursachen dieser
Problematik geforscht. Bis vor kurzem ging man noch davon aus, dass der genetische
Flaschenhals, durch den die Population entstehungsgeschichtlich gegangen ist, maßgeblichen
Anteil an dem Phänomen hat. Untersuchungen im Freiland zeigten jedoch, dass freilebende
Geparde regelmäßig und problemlos reproduzieren, wenn sie in Ökosystemen leben, in denen
keine Löwen (Panthera leo) und Tüpfelhyänen (Crocuta crocuta) vorkommen, die ihre
Jungtiere töten. Davon unterscheiden sich die Populationen in den Zoos weltweit
entscheidend. Hier kommt es selten zu erfolgreichen Nachzuchten, obgleich Löwen und
Tüpfelhyänen als Mortalitätsursache der Jungtiere ausscheiden. Verschiedene Gründe
wurden hierfür untersucht. Unter anderem wurde vermutet, dass die unterschiedlichen
Lebenssituationen der Tiere im Freiland und in Zoos zu einer unterschiedlichen Belastung
führen, und somit die erhöhte Allostase („Stress“) in begrenzter und gemanagter Umgebung
zu einer schlechteren Reproduktion führt. Allerdings gelingt es einigen Einrichtungen immer
wieder verlässlich, mit Geparden Nachzuchterfolge zu erzielen. Auch wenn die
Stressbelastung in zoologischen Gärten höher als im Freiland sein sollte, ist zu erwarten dass
sich die erfolgreich züchtenden Haltungen in einem oder mehreren Faktoren von den nicht
erfolgreich züchtenden Haltungen unterscheiden.
Diese Dissertation wurde durchgeführt, um diese Faktoren zu ergründen und
gegebenenfalls Empfehlungen zur besseren Erhaltungszucht dieser bedrohten Tiere in Zoos
zu ermöglichen. Hauptaugenmerk lag auch in dieser Arbeit zuerst auf der Untersuchung der
allostatischen Belastung der Zootiere. Die Konzentration von Glukokortikoiden im Körper wird
gewöhnlich als ein Maß für den Stress bei Wirbeltieren verwendet. Blutabnahmen unter
Narkose führen allerdings binnen kürzester Zeit zu einer akuten Erhöhung dieser Hormone im
Blut, die keinen Rückschluss auf vorausgehende Werte mehr zulassen. Daher sollte die
Probennahme berührungsfrei erfolgen, um Handling-Effekte bei der Messung der
Glukokortikoid-Messwerte zu vermeiden. Hierzu eignet sich bei Katzen besonders der Kot, um
die Metabolite der Glukokortikoide zu messen. Bisher gab es keinen für Geparde validierten
Enzyme-Immunoassay (EIA), der die fäkalen Glukokortikoid-Metabolite (fGCM) messen
konnte und sie auch charakterisierte, sowie die Affinität des EIA bestimmte. Die vorhandenen
Radio-Immunoassays (RIA) werden auf Grund der Radioaktivität oft nur ungern eingesetzt.
Daher wurde in Kapitel 2 ein neuer EIA für Geparde entwickelt und technisch wie biologisch
validiert und charakterisiert. Der EIA dokumentierte erfolgreich eine erhöhte Konzentration
von fGCM nach der experimentellen Zuführung von adrenocorticotropen Hormon (ACTH) bei
einem männlichen und einem weiblichen Gepard. Diese experimentelle Zuführung von
Hormonen mit dem Nachweis eines erwarteten Ergebnisses wird als „Hormonchallenge“
bezeichnet und ist die hierfür allgemein akzeptierte Form einer biologischen Validierung.
ACTH führt über eine Aktivierung der Nebennierenrinde zu einem schnellen Anstieg von
Glukokortikoiden im Blut. Dieser Anstieg ist mit Verzögerung von etwa einem Tag dann auch
im Kot nachweisbar.
Glukokortikoide (wie z.B. Cortisol) gehören zu den Steroidhormonen. Da sich Cortisol-
Metabolite nur unwesentlich von anderen Steroidhormon-Metaboliten (wie z.B von
Testosteron) unterscheiden, war eine eindeutige Abgrenzung zu den fGCM im Kot wichtig.
Kapitel 3 beschreibt einen zweiten entwickelten EIA, der Testosteron-Metabolite im Kot
detektiert. Dieser unterstreicht nicht nur die gut trennbare Messung von Testosteron-
Metaboliten zu anderen Steroidhormon-Metaboliten, sondern könnte in Zukunft auch
Aussagen über die reproduktive Aktivität männlicher Tiere berührungsfrei erlauben. Auch der
Testosteronassay wurde mit Hormonchallenges biologisch validiert. So wurde ein erhöhter
Testosteronanstieg nach der Injektion von Gonadotropinreleasinghormon (GnRH)
nachgewiesen. GnRH bewirkt in der Hypophyse eine Freisetzung von Gonadotropinen (Follikel
stimulierendes Hormon (FSH), Luteinisierndes Hormon (LH)), die wiederum auf die
Geschlechtsorgane wirken. LH bewirkt beim männlichen Säuger durch Aktivierung der Leydig-
Zellen der Hoden u.a. einem Anstieg von Testosteron im Blut. Dieser war im Kot nachweisbar.
Kapitel 4 verglich fGCM von reproduzierenden und nicht reproduzierenden weiblichen
Geparden, um zu untersuchen, ob die beiden Gruppen unterschiedliche Stresswerte
aufwiesen, was nicht der Fall war. Es war zudem bereits bekannt, dass Schwierigkeiten in der
Reproduktion in menschlicher Obhut auch nicht durch die geringe genetische Variabilität der
Geparde verursacht wurde und es keine(n) endogene(n) jahreszeitlichen Umweltsignale
(Zeitgeber) gibt, der/die die Reproduktion auslöst/en. Daher wurden die Vorhersagen zweier
weiterer Hypothesen untersucht, um zu verstehen, welche Faktoren einen Einfluss auf den
Fortpflanzungserfolg von Gepardenweibchen haben könnten. Dies waren die Hypothesen (1)
fehlende Fortpflanzung aufgrund der reproduktiven Unterdrückung durch Artgenossen, 2)
fehlende Fortpflanzung aufgrund der beschleunigten Alterung der inneren Geschlechtsorgane
(ARA = asymmetric reproductive aging) bei Weibchen, die sich nicht in jungen Jahren
fortpflanzen. Die lebensgeschichtlichen Daten bezüglich der reproduzierenden und nicht
reproduzierenden weiblichen Geparde in fünf zoologischen Gärten in Europa sind mit den
Vorhersagen beider Hypothesen kompatibel.
Die Diskussion der gesamten Doktorarbeit und der neuen Erkenntnisse behandelt
Kapitel 5. Darin werden auch Empfehlungen für die zoologischen Gärten und das europäische
Erhaltungszuchtprogramm (EEP) vorgestellt, damit in Zukunft die unbefriedigenden
Nachzuchterfolge dieser Spezies der Vergangenheit angehören.
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