Wahrnehmung hydrodynamischer Informationen beim Kalifornischen Seelöwen (Zalophus californianus).
Diplomarbeit
65 Seite
Lehrstuhl für Allgemeine Zoologie und Neurobiologie, Ruhr-Universität Bochum
Leitung: Prof. Dr. Guido DehnhardtRuhr-Universität Bochum
Zoo Duisburg
Zusammenfassung:
Orientierung bedeutet für die meisten Tiere eine lebensnotwendige Fähigkeit, nicht nur um bestimmte Gebiete wie z.B. Rast-, oder Paarungsplätze wieder zu finden, sondern auch um Nahrung zu beschaffen oder selbst Jägern zu entkommen. Robben sind aufgrund ihrer amphibischen Lebensweise mit Sinnessystemen ausgestattet, die sowohl an Land, wie auch unter Wasser präzise funktionieren. Bei Kalifornischen Seelöwen wurde bisher vermutet, dass die Tiere aufgrund ihres besonders gut ausgeprägten Sehapparats als rein visuelle Jäger anzusehen sind. Dagegen stehen Beobachtungen von nachweislich blinden Tieren, die sich unauffällig in der Gruppe aufhielten und wohlgenährt erschienen. Da bis heute der experimentelle Nachweis für ein aktives Bio-Sonar System bei Robben fehlt, muss davon ausgegangen werden, dass weitere als nur visuelle Informationen bei der Jagd genutzt werden. Fische hinterlassen mit jedem Schlag der Schwanzflosse wellenartige Muster im Wasser, welche sich von der umgebenden Strömung abgrenzen und somit eine definierte Spur beschreiben (hydrodynamische Spur). Bei Seehunden (Phoca vitulina) konnte bereits gezeigt werden, dass die Tiere in der Lage sind, hydrodynamische Spuren nur mit Hilfe ihrer Vibrissen zu lokalisieren und ihnen zu folgen. Dabei wurde vermutet, dass die besondere Struktur ihrer Barthaare der Grund dafür sei, dass Seehunde diese Fähigkeit besitzen. Die Vibrissen der Seehunde sind abgeflacht und bestehen vom Ansatz bis zur Spitze aus wellenartigen Verdickungen und Verjüngungen. Im Gegensatz dazu sind die Sinneshaare der Kalifornischen Seelöwen im Querschnitt oval und verjüngen sich (konisch) von der Basis zur Spitze stetig. Diese zwei unterschiedlichen Strukturen finden sich bei allen Arten in der Ordnung der Pinnipedia. Dabei entsprechen die Vibrissen aller Phocodae denen der Seehunde (mit Ausnahmen der Mönchs- und Bartrobben), die aller Otariidae denen der Seelöwen. Physikalische Untersuchungen zum Schwingungsverhalten von Vibrissen zeigten, dass es nicht nur strukturelle Unterschiede zwischen den beiden Haartypen gibt. In dieser Arbeit sollte untersucht werden, ob Kalifornische Seelöwen trotz der Unterschiede in den Vibrissen über ähnlich sensible sensorische Fähigkeiten verfügen. Dazu wurde ein Seelöwe darauf trainiert, visuell depriviert einer künstlich generierten hydrodynamischen Spur zu folgen. Diese wurde zuvor von einem ferngesteuerten Miniatur-U-Boot generiert. Mit einer mittig über dem Becken installierten Kamera konnten die einzelnen Versuche dokumentiert und anschließend graphisch analysiert werden. Von insgesamt 92 Versuchen konnte der Seelöwe in 77 Fällen (83,7%) einer linearen Spur im Wasser exakt folgen. Bei weiteren Versuchen konnte gezeigt werden, dass es dem Tier ebenso möglich ist, Spuren mit mehreren Richtungsänderungen zu verfolgen. Diese Ergebnisse zeigen, dass trotz der großen strukturellen Unterschiede in den Vibrissen Seelöwen in der Lage sind, hydrodynamische Informationen wahr zu nehmen und zu verarbeiten. Somit könnte diese Fähigkeit es den Tieren ermöglichen, bei Nacht, bei verminderter Sicht oder im Falle einer Erblindung, Fische anhand ihrer Spuren zu lokalisieren und zu jagen.
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