Untersuchung des Atmungstraktes bei Meeressäugetieren durch Auskultation mittels elektronischverstärktem Stethoskop
Examination of the respiratory tract of marine mammals through auscultation with an electronically enhanced stethoscope
Vet. med. Dissertation
129 Seiten
Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig
Betreuer: Prof. Dr. Klaus Eulenberger
Zoo Duisburg und andere Delphinarien
Zusammenfassung:
Die Auskultation gehört bei vielen Tieren, zumindest bei Verdacht einer Lungenerkrankung, zu einer der wichtigsten diagnostischen Möglichkeiten, da Atemgeräusche viele Informationen über die Physiologie und Pathologie der Lunge liefern können. Bei Meeressäugetieren kommen Lungenerkrankungen sehr häufig vor und werden oft auch als deren Haupttodesursache genannt.
In dieser Studie wurden mittels eines elektronischen Stethoskops “[thestethoscope)” der Firma Meditron® Atemgeräusche von 20 Großen Tümmlern (Tursiops truncatus), 6 Kalifornischen Seelöwen (Zalophus californianus), 5 Südafrikanischen Seebären (Arctocephalus pusillus) und einem Risso-Delphin (Grampus griseus) auf genommen und mit dem Adobe Audition 1.5® Programm analysiert. Außer dem Risso Delphin hatte keines der untersuchten Tiere Anzeichen einer Erkrankung des Respirationstraktes.
Für die Aufnahmen stationierten die Tiere an einer bestimmten Stelle und atmeten „auf Kommando“. Das Stethoskop wurde dabei mit der Hand auf die zu auskultierenden Stellen des Thorax gehalten. Als Vergleich wurden bei einigen Tieren auch Atmungen „nicht auf Kommando“ aufgezeichnet.
Die Analyse mittels Adobe Audition® zeigte, dass in allen Atmungen „auf Kommando“ die Exspirationsphase bei Großen Tümmlern kürzer war als die Inspirationsphase. Aufnahmen „nicht auf Kommando“ sowie die Aufnahmen bei Südafrikanischen Seebären und Kalifornischen Seelöwen lieferten keine eindeutige Differenz in der Dauer zwischen den beiden Atemphasen.
Die Dauer einer gesamten Atmung bei klinisch gesunden Großen Tümmlern war mit 0,85 sec bei Atmungen „auf Kommando“ und mit 0,71 sec bei Atmungen „nicht auf Kommando“ deutlich länger als in der Literatur angegeben. Der Risso Delphin mit einer klinischen Bronchopneumonie fiel bei der Betrachtung der Dauer der Atmungen deutlich auf, da sich sowohl die Dauer der Exspiration als auch die Dauer der Inspiration mit schlechterem Allgemeinbefinden des Tieres verlängerten.
Die höchsten Frequenzen der Atemgeräusche erstreckten sich bei den Zetazeen bis über 2000 Hz und bei Pinnipeden bis weit über 1000 Hz, wobei bei allen Tieren Schwankungen sowohl zwischen den einzelnen Aufnahmen als auch zwischen den einzelnen Individuen im Frequenzspektrum der Geräusche auftraten. Diese Variationen sind vermutlich physiologisch.
Nebengeräusche spielten vor allem in der Exspirationsphase bei Atmungen „auf Kommando“ bei Großen Tümmlern eine Rolle und sind vermutlich vergleichbar mit „forced expiratory wheezes“ beim Menschen. Alle Nebengeräusche konnten klar in Giemgeräusche und „spezielle Geräusche“ unterteilt werden. Giemgeräusche konnten bei Großen Tümmlern weiter differenziert werden in hoch- und tieffrequente Giemgeräusche oder nach dem Muster der Geräusche im Frequenzspektrum in drei verschiedene Formen (Form A, B oder C). „Spezielle Geräusche“ eines Großen Tümmlers wichen deutlich von der Norm ab, da in jeder Atmung ein abnormales Geräusch mit sehr hoher Intensität in der Exspirationsphase zu hören war.
Im Vergleich zu anderen wissenschaftlichen Methoden ist die Auskultation mittels Stethoskop relativ einfach. Mittels dieser Methode konnten in der vorliegenden Arbeit bei den untersuchten Meeressäugetieren verwertbare und reproduzierbare Lungengeräusche aufgenommen werden. Einige, bisher bei diesen Tieren noch völlig unbekannte, basale Parameter von Lungengeräuschen wie z.B. Dauer der Atemphasen, Frequenzen der Atemgeräusche und das Auftreten sowie die Charakterisierung von Nebengeräuschen, wurden beschrieben und bilden so die Grundlage für weitere Arbeiten.
Abstract:
Auscultation is one of the main diagnostic methods used in cases of suspected pulmonary diseases in many species, as respiratory sounds contain significant information on the physiology and pathology of the lungs and airways. Respiratory diseases are quite frequent in marine mammals and are often listed as one of their main causes of death.
In this study, respiratory sounds of 20 bottlenose dolphins (Tursiops truncatus), 6 California sea lions (Zalophus californianus), 5 South African fur seals (Arctocephalus pusillus) and one Risso's dolphin (Grampus griseus) were recorded with the electronically enhanced stethoscope "[thestethoscope)” from Meditron® and analyzed with the Adobe Audition 1.5® program. Except for the Risso's dolphin all animals had no signs of respiratory disease. For the recordings the animals stationed at one spot and breathed "on command" while the stethoscope was placed on the selected areas of the thorax. To compare these sounds, a few recordings were done with some animals breathing normally - "not on command". The analysis with Adobe Audition® showed that in all breathings "on command" of the bottlenose dolphins the duration of the expiration was significantly shorter than the duration of the inspiration. In recordings of breaths "not on command" as well as in recordings of the South African fur seals and the California Sea lions there was no clear pattern concerning the duration of expiration or inspiration.
It was demonstrated that the duration of a complete breathing cycle of clinically healthy bottlenose dolphins was significantly longer - with 0,85 sec when breathing "on command" and with 0.71 sec when breathing "voluntarily" - than the duration given in the literature. The Risso's dolphin with bronchopneumonia showed noticeable differences concerning the duration of the breath sounds. The duration of the expiration and the inspiration became longer when the health condition of the animal got worse.
The highest frequencies of the breath sounds reached over 2000 Hz in cetaceans and over 1000 Hz in pinnipeds, but the variation of the frequency spectra was very hight in all animals - in the different recordings of one animal as well as between different individuals. These variations presumably represent the physiological range.
Additional noise of respiratory sounds playes an important role during the expiration of breathings "on command" in bottlenose dolphins and could be possibly compared with "forced expiratory wheezes" of humans. All additional lung sounds could be clearly differentiated in "wheezing sounds" or "other special sounds". "Wheezing sounds" of the bottlenose dolphins could be further differentiated in high frequency wheezes and low frequency wheezes or according to their frequency changes over time, in three different types (type A, B or C). "Other special sounds" of one bottlenose dolphin were completely different to all other sounds, being a sound with very high intensities, which could be heard at every expiration.
In comparison with other scientific methods auscultation with a stehoscope is relatively simple. With this method lung sounds of the examined marine mammals could be recorded and analyzed in this study in a consistent and reproducible way. Some unknown baseline parameters of marine mammal lung sounds, for example the duration of a breathing cycle, frequencies of lung sounds and the occurrence and characterization of additional lung sounds, were described and could serve as basic values for further studies.
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