Verhalten einer Zoogruppe von Halsband-Pekaris (Tayassu tajacu).
Juris Druck & Verlag Zürich; Phil.II-Diss. ; 111 Seiten, 23 Abb.
Tierpsychologische Abteilung des Zoologischen Instituts, Prof. Dr. H. Hediger
Zoo Zürich
Zusammenfassung:
Von Ende 1969 bis Mitte 1975 wurde eine Gruppe von Halsband-Pekaris (Tayassu tajacu) im Zürcher Zoo beobachtet, wobei ein Ethogramm mit 112 Elementen und 79 Varianten erstellt wurde.
Koten wirkt allelomimetisch. Eigener wird von fremdem Kot unterschieden. Das Harnspritzen der Männchen gleicht dem Harnzeremoniell beim Warzenschwein.
Die Jungtiere zeigen neben dem Suchen nach der Milchquelle auch ein ritualisiertes Suchen-von-vorne, das sich im Alter von 2 Monaten in die der Reihe nach schwächeren Submissionselemente Körpertief-unter-Haltung, Kopftief-unter-Haltung, Kopftief-Haltung sowie ins submissive Abliegen wandelt.
Die Pekaris besitzen eine matriarchale Rangordnung, die abhängig ist vom Alter und/oder der Dauer der Gruppenzugehörigkeit (je älter, desto ranghöher), ferner vom Geschlecht (Weibchen den gleichaltrigen Männchen überlegen) und vermutlich von der Grösse (grössere Tiere den kleineren überlegen), wodurch Rangordnungskämpfe vermieden werden können.
Verschiedene Rollen sind auf Gruppenmitglieder verteilt. Das Alphaweibchen führt und bestimmt die Richtung als Leitweibchen beim Kolonnen-Folgen. Die beiden rangniedersten Weibchen und das ranghöchste Männchen bewachen die Gruppe gegen aussen. Lediglich das ranghöchste Männchen gelangt zur Fortpflanzung und zwar ausschliesslich mit einigen wenigen, mit ihm nicht blutsverwandten Weibchen. Die jüngsten und zweitjüngsten Schwestern (6 und 12 Monate alt) von Neugeborenen betätigen sich als Ammen, indem sie der Mutter helfen beim Führen, Beschützen und sogar Säugen der Jungtiere. Die Laktation konnte nachgewiesen werden, obwohl jüngere Ammen erst knapp zwei Drittel erwachsen sind.
Mindestens 1-3 Stunden vor der Geburt zieht sich das Weibchen an einen ruhigen Ort zurück und wehrt alle Gruppenmitglieder aggressiv ab. Die Mutter toleriert vorerst selektiv nur die Ammen und ihre sechsmonatigen Söhne in der Nähe der Neugeborenen. Der Kontakt mit der Mutter nimmt nach 2 Monaten, jener mit den Ammen erst nach 6 Monaten ab. Der Zwilling bleibt ein wichtiger Partner. Während sich subadulte Weibchen ihren jüngeren Geschwistern als Ammen anschliessen, halten sich subadulte Männchen häufig in der Nähe des ranghöchsten Männchens auf. Der Kontakt mit Klanfremden bleibt gering. Im Alter von 2 Monaten – bei erreichen des Subadultstadiums – scheinen Pekaris in die Rangordnung integriert zu werden. Die Häufigkeit des Saugens an der Mutter nimmt während der ersten 6 Monate ab, jene an den Ammen hingegen zu. Zwillinge saugen zu zwei Dritteln gemeinsam und haben bevorzugte Zitzen.
Die Pekaris leben in einer geschlossenen Gruppe, in der das ranghöchste Weibchen und das ranghöchste Männchen gleichgeschlechtliche Eindringlinge bekämpfen; intersexuelle Auseinandersetzungen sind selten. Bei der Integration fremder Tiere konnte eine Ordnung des erstmaligen Auftretens sozialen Verhaltens festgestellt werden: 1. Aggression, 2. Aufreiten und Kopulation, 3. soziales Putzen, 4. gegenseitiges Drüsenreiben und 5. Kolonnen-Folgen. Diese 5 Verhaltensweisen eignen sich demnach als Parameter für die Gruppenintegration. Das gegenseitige Drüsenreiben tritt gehäuft bei Erregung und nach Auseinandersetzungen auf, wobei der Unterlegene damit beginnt. Das soziale Putzen wird fast ausschliesslich vom Leitweibchen, in geringerem Mass auch von adulten Männchen besorgt, Beim Kolonnen-Folgen wird –vom Leitweibchen bis zum Omegatier am Schluss – die Rangordnung eingehalten.
Zwei Distanzen werden neu definiert: die gruppeninterne Distanz ist die durchschnittliche Distanz aller Gruppenmitglieder untereinander; die Integrations-Distanz diejenige zwischen einem neuen, zu integrierenden Artgenossen einerseits und allen Gruppenmitgliedern andererseits. Bei Übereinstimmung beider Distanzen ist die Integration erreicht.
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