Innovation, Neophobie und Dominanz einer Erdmännchen-Gruppe (Suricata suricatta) im Zoo Heidelberg.
Wissenschaftliche Arbeit für das Lehramt am Gymnasium im Hauptfach Biologie
52 + 6 Seiten
Fakultät für Biowissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Leitung: Prof. Dr. Thomas Braunbeck und Dr. Vanessa Schmitt
Zoo Heidelberg
Zusammenfassung:
Innovationen und kreatives Denken sind in Zeiten des Klimawandels sowie zunehmender Zerstörung der Umwelt von besonderem Interesse. Bei der Frage nach der Anpassungsfähigkeit von Tieren an eine sich schnell veränderte Umwelt sind innovative Fähigkeiten ein zentraler Forschungsschwerpunkt. Innovation ermöglicht die Nutzung neuer Ressourcen und stellt einen wichtigen Aspekt der phänotypischen Plastizität dar. Viele Studien zu diesem Thema zeigten bereits eine zwischen- und innerartliche Variation von innovativen Fähigkeiten. Fragen nach den Gründen für diese Unterschiede und den beeinflussenden Faktoren von Innovation bleiben jedoch Gegenstand der aktuellen Forschung.
Die vorliegende Arbeit untersuchte Innovation, Dominanzstruktur und Neophobieeigenschaften einer Erdmännchen-Gruppe (N = 6) im Zoo Heidelberg und prüfte einen möglichen Zusammenhang von Dominanz und Neophobie mit dem Innovationserfolg. Es wurde vermutet, dass Erdmännchen im Vergleich zu anderen Tierarten nicht neophob sind. Weiterhin wurde ein negativer Zusammenhang sowohl zwischen Neophobie und Innovation als auch zwischen Dominanz und Innovation erwartet. Außerdem wurde angenommen, dass erfolgreiche Individuen im Laufe der Versuche einen Lerneffekt zeigen. Die Innovationsfähigkeit wurde dabei anhand des Problemlöseerfolgs an einer multifunktionalen Puzzlebox getestet. Die Tiere mussten neuartige Probleme in drei unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen lösen, um an das Futter in der Box zu gelangen. Zur Untersuchung der Dominanzstruktur wurde das Auftreten aggressiver und submissiver Verhaltensweisen mittels Focal Sampling aufgenommen und anschließend zu einem Dominanzindex verrechnet. Die Neophobie wurde mit einem von Greenberg entworfenen Test untersucht, bei dem die Latenzzeit bis zum erneuten Beginn der Nahrungsaufnahme neben einem neuartigen Objekt im Vergleich ohne ein solches gemessen wird.
Es bestätigte sich, dass Erdmännchen im Vergleich zu anderen Tierarten des Zoos (z.B. Raben) nicht neophob sind. Weiterhin zeigten sich die Erdmännchen im Vergleich zu freilebenden Tieren sehr innovativ: 50 % der Tiere lösten alle drei Schwierigkeitsstufen und zeigten bei wiederholtem Lösen eine signifikante zeitliche und methodische Effizienz. Dieser Lerneffekt beruhte auf systematischem Ausprobieren (Trial-and-Error-Methode). Dies unterstützt die These, dass Tiere in Gefangenschaft innovativer sind als ihre wilden Artgenossen. Weder Neophobie noch Dominanz erwiesen sich als signifikante Innovationsprädiktoren. Da auch bei frei lebenden Erdmännchen kein Zusammenhang mit der Neophobie entdeckt wurde, lässt sich vermuten, dass dieser Faktor bei Erdmännchen allgemein nur eine untergeordnete Rolle spielt. In Übereinstimmung mit einer Großzahl von Studien waren auch in dieser Arbeit nicht die dominanten Tiere die erfolgreichsten Problemlöser, sondern die Tiere von mittlerem Rang. Allerdings zeigten die Tiere der niedrigen Dominanzkategorie die schlechtesten Ergebnisse, sodass auch Subdominanz alleine keinen zuverlässigen Faktor für Innovation darstellt. Implikationen für Praxis und Forschung werden diskutiert.
Diese Arbeit untersuchte erstmals Innovation bei Erdmännchen in Gefangenschaft. Für sinnvolle Rückschlüsse auf Erdmännchen im Freiland sind weitere vergleichende Studien mit größeren Stichproben notwendig.
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