Pharmakologisch unterstützte manuelle Spermagewinnung und computergestützte Spermienkopfmorphometrie beim Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum).
Pharmacologically enhanced manual semen collection and computer assisted sperm head morphometry in the white rhinoceros (Ceratotherium simum).
Vet.Med. Diss. LMU München
114 Seiten + 18 Seiten Anhang, 28 Tabellen, 6 Abbildungen.
Gynäkologische und Ambulatorische Tierklinik der LMU München, Vorstand: Prof. Dr. Dr. habil. R. Stolla, und Zoo Salzburg, Direktor: Dr. R. Revers; Wissenschaftliche Leitung: Univ.-Doz. Dr. C. Walzer
Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurde die Eignung bzw. der Einfluss pharmakologisch unterstützter Deseminationsmethoden beim Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum) untersucht. Die so gewonnenen Spermaproben wurden einer konventionellen Ejakulatanalyse unterzogen. Darüber hinaus wurden computergestützt metrische Spermienkopfdimensionen bei 15 Breitmaulnashornbullen bestimmt und eine morphometrische Ejakulatanalyse durchgeführt.
Als Medikation wurden der α2-Agonist Detomidinhydrochlorid (Domosedan®) und der partielle Opioidagonist Butorphanol (Butomidor®) intramuskulär appliziert. Wichtige Voraussetzungen für eine sichere, risikoarme Versuchsdurchführung waren die Einrichtung eines Zwangsstands sowie die Gewöhnung der Nashornbullen an die Manipulationen.
In einer Doppelblindstudie, die mit zwei Breitmaulnashornbullen unterschiedlichen Alters und Zuchtstatus durchgeführt wurde, konnte ein deutlicher positiver Einfluss der α-adrenergen Medikation auf den Verlauf bzw. den Erfolg von manuellen Deseminationsver-suchen nachgewiesen werden. Die Medikation erleichterte die manuelle Stimulation des äußeren Genitales und förderte die Ejakulationsauslösung bei beiden Nashornbullen. Dennoch er-wies sich die pharmakologisch unterstützte manuelle Desemination als relativ zeitaufwendig. Die Gewinnung einer Spermaprobe erforderte meist mehrere Versuche. Pharmakologisch unterstützte Deseminationsversuche mit einer Künstlichen Scheide führten dagegen nur selten zu einer Ejakulationsauslösung.
Zwischen den angewandten Deseminationsmethoden bestanden jedoch nicht nur Unterschiede in der Häufigkeit der Spermagewinnung, sondern auch in der Spermaqualität. Zudem wurden individuelle Unterschiede zwischen den Nashornbullen beobachtet. Die mit pharmakologisch unterstützter manueller Stimulationstechnik gewonnenen Ejakulate waren unvollständig, umfassten meist nur wenige Milliliter (0,5 bis 9,0 ml, in einem Fall 23 ml), waren dabei jedoch teilweise hoch konzentriert (Gesamtspermienzahl bis zu 6,6 x 109/Ejakulat) und von guter Qualität. Spermaproben, die dagegen nur in Einzelfällen mit einer künstlichen Scheide gewonnen wurden, hatten eine deutlich verminderte Qualität und enthielten zudem zahlreiche Partikel und Zellaggregate. Die Verwendung einer Künstlichen Scheide erscheint daher nicht zuletzt aufgrund der bei Nashornbullen mitunter langen Erektionsdauer für die Ejakulationsauslösung bei dieser Tierart ungeeignet.
Die Bestimmung metrischer Spermienkopfdimensionen beim Breitmaulnashorn basierte auf der computergestützten Untersuchung von Ejakulaten von 15 Nashornbullen, die mit pharmakologisch unterstützter manueller Stimulation sowie durch Elektrostimulation gewonnen wurden. Mit dem Hamilton Thorne Morphology Analyser IVOS wurden sechs metrische Spermienkopfparameter erfasst. Innerhalb der Haussäugetiere ähnelten die für das Breitmaulnashorn ermittelten Spermienkopfdimensionen, mit einer durchschnittlichen Länge von 5,4 ± 0,3 μm und Breite von 2,8 ± 0,2 μm ( ± SD; n=7733 analysierte Spermien), den mit dem gleichen Analysegerät bestimmten Größenverhältnissen beim Hengst (z.B. UHLENBROCK 1999).
Eine morphometrische Analyse der Ejakulate war nach einer Definition morphologischer Klassen möglich. An Hand statistischer Kenngrößen (5. und 95. Perzentil, Minimum und Maximum) wurden metrische Grenzwerte für fünf morphologische Klassen berechnet. Zwischen den Ejakulaten der 15 Nashornbullen bestanden relativ große Unterschiede hinsichtlich des Anteils anomaler Kopfformen, der zwischen 4 und 16% schwankte. Da Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Morphometrie und Fertilität bei dieser Tierart zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht durchführbar sind, besitzen die Analyseergebnisse bezüglich der Befruchtungsfähigkeit lediglich hinweisenden Charakter und sollten nur im Kontext weiterer Spermaparameter interpretiert werden.
Trotz der genannten Einschränkungen ist die pharmakologisch unterstützte manuelle Stimulation grundsätzlich für eine regelmäßige Spermagewinnung beim Breitmaulnashorn geeignet. Während Volumen und Konzentration der Proben zwischen verschiedenen Nashornbullen deutlich variierten, stellte sich die Spermienmorphologie bzw. –morphometrie relativ einheitlich dar
Summary
In this study the influence and applicability of pharmacologically enhanced semen collection in the white rhinoceros (Ceratotherium simum) was investigated. Obtained semen samples were assessed by routine methods. Additionally, computer assisted sperm head dimensions were determined for 15 individuals and a morphometric analysis was performed.
A combination of the α2-agonist Detomidine-Hydrochloride (Domosedan®) and the partial opioid agonist Butorphanol (Butomidor®) was administered intramuscular. In order to pro-vide adequate safety margins for the operating persons, important requirements consist in a restraint chute and conditioning of the rhinoceros to tolerate manipulations.
In a double blind trial, conducted on two bulls of various age and breeding status, a strong positive influence of the α-adrenergic medication was noted on both, performance and the outcome of the manual desemination trials. The medication facilitated manual stimulation of the genital region and semen collection in both males, but was time consuming as repeated collection trials had to be performed in order to obtain a single ejaculate. Pharmacologically enhanced desemination trials with an artificial vagina could not induce ejaculations efficiently.
The frequency of semen collection and semen quality varied considerably between the applied desemination techniques, but also between the rhinoceros bulls. Ejaculates collected by the pharmacologically enhanced manual stimulation technique were incomplete, consisted of small volumes (0,5 to 9,0 ml, with one exception of 23 ml), but were highly concentrated in some cases (total number of sperms up to 6,6 x 109 per ejaculate) and of good quality. Semen samples collected with an artificial vagina however, were of low quality and were contaminated by debris. Amongst other factors, the extensive duration of the penile erection in rhinoceroses, appears to limit the suitability of the artificial vagina for semen collection.
The determination of sperm head dimensions in the white rhinoceros was based on a computer assisted morphometric analysis of ejaculates from 15 individuals. The samples consisted of pharmacologically enhanced manually collected semen and electroejaculates. The Hamilton Thorne Morphology Analyser IVOS (integrated visual optical system; Hamilton Thorne Re-search, Beverly, USA) allowed the measurement of six metric sperm head parameters. The sperm head dimensions found for the white rhinoceros with a mean length of 5,4 ± 0,3 μm and width of 2,8 ± 0,2 μm ( ± SD; n=7733 analysed sperms) resemble those of the horse as etermined by the same analysis system (e.g. UHLENBROCK 1999). A definition of morphometric criteria was required prior to the morphometric analysis.
Limit values for five morphologic categories were calculated based on statistic parameters (5th and 95th percentiles, minimum and maximum). The analysis revealed a comparatively broad variation in the number of sperm head anomalies for the 15 rhinoceroses, ranging from 4 to 16%. As to date, investigations on the relationship between morphometry and fertility cannot be conducted in this species, these morphometric results should be interpreted species-specific and in conjunction with further semen parameters.
In conclusion, pharmacologically enhanced manual stimulation with an α-adrenergic medication is a suitable alternative method for repeated semen collection in the white rhinoceros, although problems with this method as described are evident. While a considerable variation in volume and concentration of the samples was noted for individual rhinoceros bulls, the sperm morphology and morphometry generally appeared homogenous.
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