Stumpfkrokodile

Stumpfkrokodil (Osteolaemus tetraspis) im Aquazoo Düsseldorf
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Krokodile (CROCIODYLIA)
Familie: Eigentliche Krokodile (Crocodylidae)

D VU 650

EEPStumpfkrokodile

Osteolaemus tetraspis / osborni / sp. nov. • The African Dwarf Crocodile • Le crocodile nain ou crocodile cuirassé

PM 2014 09 15 L Osteolaemus 1 1 1Stumpfkrokodil-Weibchen mit Jungem im Maul, dahinter der Vater. Pressefoto Zoo Leipzig

306 002 002 001 osteolaemus mapApproximative Verbreitung der Stumpfkrokodile. Dunkelblau: Osteolaemus tertraspis; rot: O. osborni; grün: O. sp. nov.; Abgrenzung zwischen tetraspis und sp. nov. unklar

306 002 002 001 osteolaemus tetraspis citesKopfansicht und -aufsicht des Stumpfkrokodils (Osteolaemus tetraspis s.l.). Zeichnung Gerhard Richter, Berlin, für CITES ID-Manual

306 002 002 001 osteolaemus tetraspis darmstadt PDStumpfkrokodil (Osteolaemus tetraspis s.l.) im Vivarium Darmstadt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

306 002 002 001 osteolaemus sables PD1Stumpfkrokodil (Osteolaemus tetraspis s.l.) im Zoo von Les Sables d'Olonne © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

306 002 002 001 osteolaemus tetraspis Tonist PD1Stumpfkrokodil (Osteolaemus tetraspis s.l.) in Tonis Zoo, Rothenburg LU © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

306 002 002 001 osteolaemus nesthuegel gossau PD1Stumpfkrokodil (Osteolaemus tetraspis subsp. nov.) an Nesthügel im Walter Zoo Gossau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

306 002 002 001 osteolaemus gossau PD3Stumpfkrokodil (Osteolaemus tetraspis subsp. nov.) im Walter Zoo Gossau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

306 002 002 001 osteolaemus tetraspis Zella PD1Stumpfkrokodil (Osteolaemus tetraspis s.l.) im Meeresaquarium Zella-Mehlis © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

306 002 002 001 osteolaemus tetraspis Zella PD2Stumpfkrokodil (Osteolaemus tetraspis s.l.) im Meeresaquarium Zella-Mehlis © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

306 002 002 001 osteolaemus tetraspis muzoo PD1Stumpfkrokodil (Osteolaemus tetraspis s.l.) im MUZOO, La Chaux-de-Fonds © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

306 002 002 001 osteolaemus tetraspis brehmStumpfkrokodil ("Crocodilus frontatus" ). Bild aus aus Brehms Thierleben (1882-1887)

 

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Stumpfkrokodile sind die kleinsten Vertreter der eigentlichen Krokodile. Wegen ihres relativ geringen Raumbedarfs werden sie in Zoos immer häufiger gehalten, oft als Ersatz für eine größere Art, die in der vorhandenen Anlage nicht mehr den heutigen Ansprüchen entsprechend gehalten werden konnte.

Körperbau und Körperfunktionen

Stumpfkrokodile erreichen maximal bis zu 2,3 m Gesamtlänge. In der Regel werden sie aber nur 1.5 m lang. Die Schnauze ist sehr kurz mit glatter Oberfläche. Das obere Augenlid ist fast vollständig verknöchert. Die Nasenlöcher sind stark vorgewölbt. Oben sind 4 (im Zwischenkiefer) und 12-13 (im Oberkiefer), unten 14-15 Zähne in jeder Kieferhälfte vorhanden. Auf dem Hinterkopf hat es eine unregelmäßige Reihe mit 6 vergrößerten Schuppen und seitlich davon je ein paar weitere vergrößerte Schuppen. Die 4 Nackenhöcker sind in einem Quadrat angeordnet. Die Rückenschilder sind in 17-20 Quer- und 6-8 Längsreihen angeordnet. Die beiden mittleren Reihen der Schwanzschuppen sind verbreitert und haben keinen Kiel. Die beiden Hälften des Schwanzkamms vereinigen sich auf der Höhe der 11.-13. Schuppe. Die Oberseite ist bei Erwachsenen matt schwarzbraun bis schwarz, bei Jungtieren braun mit dunkeln Querbändern. Die Unterseite hat dunkle Flecken oder ist ganz schwarz [2; 8].

Verbreitung

West- und Zentralafrika: Nord-Angola, Äquatorial-Guinea, Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Gabun, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, Kongo, Kongo Dem., Liberia, Mali, Nigeria (?), Senegal, Sierra Leone, Togo, Tschad, Zentralafrikanische Republik. Früher auch Uganda [4; 5].

Lebensraum und Lebensweise

Die Biologie im Freiland und die Ökologie der Stumpfkrokodile sind nur sehr unvollständig bekannt. Die Tiere leben in kleinen, kühlen Fließgewässern und in Sumpfwäldern, wo das geschlossene Kronendach nur wenig Sonneneinstrahlung zulässt, dies im Gegensatz zu den im selben Areal vorkommenden Nil- und Panzerkrokodilen. Man nimmt an, dass sie sich häufig an Land bewegen und hauptsächlich nachts auf Jagd gehen. Die Nahrung besteht überwiegend aus Wirbellosen, hauptsächlich Schnecken, Krabben und Tausendfüßlern, daneben werden auch Fische, Frösche und Kleinsäuger gefangen. Das Weibchen baut einen Nesthügel aus Blättern, Ästchen und Erde, in den es 10-14 Eier legt. Möglicherweise kommt es mehrmals im Jahr zur Eiablage [5].

Gefährdung und Schutz

Die Art gilt nach einer revisionsbedürftigen Beurteilung aus dem Jahr 1996 als gefährdet [4].

Der internationale Handel ist nach CITES Anhang I eingeschränkt.

Bedeutung für den Menschen

Stumpfkrokodile werden im Rahmen der Subsistenzwirtschaft bejagt und Zehntausende gelangen jährlich auf die städtischen Märkte der Region, wo sie zu "Bushmeat" verarbeitet werden und einen wichtigen Beitrag an die Eiweißversorgung der Bevölkerung leisten [5]. Für den internationalen Reptillederhandel sind Stumpfkrokodile irrelevant. Es werden lediglich kleine Mengen lokal hergestellter Lederwaren, Körperteile wie Schädel oder Klauen, sowie lebende Tiere ausgeführt. Von 1978 wurden weltweit bei der Ausfuhr 355 lebende Tiere registriert. Davon waren 245 Nachzuchten. Wichtigste Ausfuhrländer waren Spanien und die Schweiz mit 49 bzw. 41 Tieren [3].

Haltung

Es wird empfohlen, einem verträglichen Paar durchschnittlich großer Adulttiere mindestens eine Gesamtfläche von 10 m² anzubieten, die einen Landteil, eine Flachwasserzone und einen Wasserteil von 0.3-1 m Tiefe beinhalten soll (N.B. Diese Werte können eventuell unter den gesetzlichen bzw. behördlichen Mindestanforderungen liegen!). Bei Gruppenhaltung sollen für jedes zusätzliche Tier 1 m² Land- und 1 m² Wasserfläche mehr zur Verfügung stehen, es wird aber empfohlen, geschlechtsreife Tiere einzeln oder paarweise zu halten. Die Temperatur soll zwischen 25-30°C liegen (für Jungtiere etwas höher) und es sind punktuell wärmere Bereiche zu schaffen, zu denen die Tiere ungehindert Zugang haben [6; 7].

Stumpfkrokodile gehören zu den "Gefahrtieren", deren Haltung in manchen deutschen Bundesländern unter sicherheitspolizeilichen Aspekten eingeschränkt oder geregelt ist. Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) und der Verband Deutscher Verein für Aquarien- und Terrarienkunde (DVA) haben zu dieser Thematik einen Leitfaden herausgegeben [12].

Höchstalter im Zoo: Ein Männchen, das 1992 nach Spanien eingeführt wurde, war im Sommer 2014 nach einer Haltungsdauer von über 22 Jahren immer noch am Leben [11].

Haltung in europäischen Zoos: Stumpfkrokodile wurden bereits im 19. Jahrhundert, kurz nach ihrer Entdeckung, in Europa gehalten. BREHM bemerkt dazu: "Lebende Junge erhalten wir in neuerer Zeit nicht allzu selten, sehen sie daher auch dann und wann in Thiergärten oder Schaubuden, gewöhnlich in so engen Becken, daß es sich von vornherein verbietet, an ihnen Beobachtungen anstellen zu wollen. Diejenigen Stücke, welche ich selbst pflegte, betrugen und gebarten sich in jeder Beziehung genau ebenso wie ihre nächsten Verwandten" [1].

Mit rund 100 Haltungen, die sich zu etwa einem Viertel im deutschsprachigen Raum befinden, ist das Stumpfkrokodil heute in europäischen Zoos recht gut vertreten. Für Details siehe Zootierliste.

Das Europäische Zuchtbuch (ESB, seit 2005) wurde am Zoo Leipzig geführt und 2023 in ein Erhaltungszuchtprogramm (New Style-EEP) umgewandelt.

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll eine Anlage für ein Paar einen Landteil beinhalten, dessen Fläche mindestens 4x so lang und 3x so breit sein soll wie die Kopf-Rumpflänge der Tiere. Der Wasserteil soll das 5x4-fache und der Wasserstand 30% der Kopf-Rumpflänge betragen. Für jedes weitere Tier kommen beim Wasserteil 20% und beim Landteil 10% zur Basisfläche dazu.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.02.2024) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege mit einem Land- und einem Wasserteil vor, die je das 4x2-fache der Kopf-Rumpflänge messen. Für jedes weitere Tier kommen je 50% der Basisflächen dazu. Die Wassertiefe muss 50% der Kopf-Rumpflänge betragen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für 1-2 erwachsene Tiere ein Landteil von 3 und ein Wasserteil von 6 m²anzubieten. Die Wassertiefe muss 80 cm betragen.

Taxonomie und Nomenklatur

Osteolaemus tetraspis wurde der Wissenschaft erst 1861 durch die Beschreibung des amerikanischen Zoologen Edward Drinker COPE bekannt. Wie BREHM sagt, handelte es sich um ein Exemplar, das der französische Forschungsreisende Paul DU CHAILLU im Auftrag der Academy of Natural Sciences in Philadelphia gesammelt hatte [1; 10]. 1919 beschrieb der amerikanische Zoologe Karl Patterson SCHMIDT ein Stumpfkrokodil aus dem Kongo-Becken unter dem Namen Osteoblepharon osborni, was vorerst nicht auf Gegenliebe stieß. Zuerst wurde die Gattung, dann der Artstatus aberkannt und die Form höchstens als Unterart geführt.

Erst jüngst wurde das mit dem Panzerkrokodil nächstverwandte Stumpfkrokodil wieder in zwei Arten aufgespalten: das Westafrikanische Stumpfkrokodil (O. tetraspis) und das Zentralafrikanische Stumpfkrokodil (O. osborni) aus dem Kongobecken. Eine dritte Osteolaemus-Form aus Westafrika hat noch keinen wissenschaftlichen Namen. Obwohl für die drei Formen Artstatus postuliert wird, was nicht unumstritten ist (manche Quellen gehen von Unterarten aus), sind 25-28% der europäischen und der nordamerikanischen Zoopopulation Hybriden. Es wird angestrebt, in Zukunft reine Linien zu züchten und, wo nötig, Tiere zwischen EAZA- und AZA-Zoos auszutauschen [5; 9].

306 002 002 001 osteolaemus gossau PD1Stumpfkrokodil (Osteolaemus tetraspis subsp. nov.) im Walter Zoo Gossau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. CROCODILE SPECIALIST GROUP (1996).  Osteolaemus tetraspis. The IUCN Red List of Threatened Species 1996: e.T15635A4931429. http://www.iucnredlist.org/details/15635/0. Downloaded on 26 June 2017.
  5. EATON, M.J. (2010)
  6. JENSCH, B., BAUR, M., BRANDSTÄTTER, F., FRIZ, T., KÖLPIN, T., SCHMIDT, F., SOMMERLAD, R. & VOIGT, K.-H. (2009)
  7. JENSCH, B., BAUR, M., BRANDSTÄTTER, F., FRIZ, T., KÖLPIN, T., SCHMIDT, F., SOMMERLAD, R. & VOIGT, K.-H. (2009A)
  8. NIETZKE, G. (1969)
  9. SCHMIDT, F., FRANKE, F.A., SHIRLEY, M.H., VLIET, K.A. & VILLANOVA, V.L. (2015)
  10. THE REPTILE DATA BASE
  11. WEIGL, R. (2014)
  12. DGHT/DVA (Hrsg. 2014)