Sumpfhirsch (Blastocerus dichotomus) im Zoo von Santa Fé, Bolivien
© "Saro" (2011) aus www.zoochat.com
Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hirsche (Cervidae)
Unterfamilie: Trughirsche (Capreolinae)
Tribus: Amerikanische Trughirsche (Odocoileini)
Sumpfhirsch
Blastocerus dichotomus • The Marsh Deer • Le cerf des marais
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der in seiner Heimat gefährdete Sumpfhirsch wäre wegen seiner Anpassung an das Leben in Feuchtgebieten und einer Konvergenz zum Mähnenwolf, mit dem er seinen Lebensraum teilt, zoopädagogisch interessant. Er war aber in europäischen Zoos stets selten und wird seit einigen Jahren gar nicht mehr gehalten. Körperbau und KörperfunktionenMit einer Kopf-Rumpf-Länge von 180-195 cm, einer Schulterhöhe von 115-130 cm und einem Gewicht von 110-130 kg bei den Hirschstieren, sowie einer Kopf-Rumpf-Länge von ca. 165 cm, einer Schulterhöhe von 100-115 cm und einem Gewicht von 70-100 kg bei den Hirschkühen, ist der Sumpfhirsch der größte Hirsch Südamerikas und gehört auch weltweit zu den größeren Cerviden. Die Ohren sind sehr groß. Die Zehen mit ihren 7-8 cm langen Klauen sind weit spreizbar und sind durch Spannhäute verbunden. Der Schwanz ist ohne die langen, buschigen Haare zwischen 10 und 15 cm lang. Das Geweih der erwachsenen Hirsche erreicht eine Länge von 40-45 cm und hat 4-5 Enden pro Stange. Im Prinzip ist jede Stange gegabelt und jede Sprosse nochmals gegabelt. Das Fell ist wie bei dem im selben Lebensraum vorkommenden Mähnenwolf lang und rotbraun mit ab Karpal bzw. Tarsalgelenk schwarzbraunen bis schwarzen Beinen [4; 5; 7]. VerbreitungSüdamerika: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay, Peru. Ausgestorben in Uruguay [2]. Lebensraum und LebensweiseWie sein Name sagt, lebt der Sumpfhirsch in sumpfigem oder zeitweilig überflutetem Gelände mit Wassertiefen von vorzugsweise 30-60 cm. Er ist ein guter Schwimmer. Er ernährt sich von Gräsern, Riedgräsern, Sumpf- und Wasserpflanzen, während längerer Überschwemmungen weicht er auf Blätter von Büschen und Schlingpflanzen aus. Die Hirschstiere leben meist einzeln, die Kühe in Mutterfamilien. Gelegentlich bilden sich Gruppen bis zu 6 Tieren bestehend aus einem männlichen und zwei weiblichen Tieren und deren Nachwuchs. Die Größe der Streifgebiete wird mit 800-5'000 ha für Stiere und 300-2'400 ha für Kühe angegeben. Fressfeinde sind Jaguar, Puma und Anakonda. Der Mähnenwolf vergreift sich allenfalls an Kälbern [2; 4; 7]. Es gibt keine feste Fortpflanzungsperiode, allenfalls regional unterschiedliche Spitzen hinsichtlich Brunft- und Setzzeit. Nach einer Tragzeit von rund 271 Tagen wird in der Regel ein einzelnes Kalb mit einem Geburtsgewicht von 4-5 kg geboren, das mit 5 Tagen der Mutter zu folgen beginnt [4; 7]. Gefährdung und SchutzSeit 1982 gilt die Art als gefährdet, weil Trockenlegungen und der Bau von Stauseen für Wasserkraftwerke, zu Lebensraumverlust und einer Verinselung der Populationen führte, und weil die Bejagung nicht nachhaltig war. In Uruguay ist sie vermutlich 1958 ausgestorben. In weiten Teilen ihres Areals nehmen die Bestände ab [2]. Der internationale Handel ist seit 1975 nach Anhang I CITES eingeschränkt. Bedeutung für den MenschenDer Sumpfhirsch wird zur Gewinnung von Fleisch (oft illegal) bejagt und männliche Tiere sind Ziel der Trophäenjagd [2]. Von 1977-2020 registrierten die Ursprungsländer wenige Ausfuhren von Teilen und Erzeugnissen (Wissenschaftsmaterial). Lediglich aus Paraguay wurden 3 lebende Wildfänge ausgeführt. Im selben Zeitraum wurde weltweit der Export von 8 Nachzuchttieren gemeldet [1]. Haltung im ZooWEIGL gibt als Höchstalter 13 Jahre und 8 Monate für eine im Krefelder Zoo geborene und dann im Zoo Berlin gehaltene, noch lebende Hirschkuh an [6]. Dabei handelte es sich um die letzte Berliner Hirschkuh, die 2009 im Alter von 18 Jahren und 7 Monaten starb [8]. Haltung in europäischen Zoos: Der Londoner Zoo erhielt bereits 1861 seinen ersten Sumpfhirsch. 1890 gelang die erste Nachzucht in Woburn Abbey. 1901 kamen Tiere nach Berlin und Köln. In den 1970er Jahren wurden durch Guillermo STAUDT, den Gründer des Wildparks Hellenthal, Sumpfhirsche eingeführt, aus denen sich in Deutschland ein kleiner Bestand entwickelte, der aber wohl nie über ein Dutzend Tiere hinauskam. 2009 starb das letzte Tier im Zoologischen Garten Berlin. Seitdem gibt es die Art in Europa nicht mehr. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 400 m² zur Verfügung stehen. Für jedes weitere Tier kommen 20 m² zur Basisfläche dazu. Zudem wird ein Stall von 6 m²/Tier vorgegeben. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 6 Tieren ein Gehege mit einer Suhle und einer Badegelegenheit vor, dessen Grundfläche 800 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisfläche dazu. Ferner ist ein Stall mit einer Fläche von 6 m²/Tier erforderlich. Bei Haltung auf Naturboden wie gewachsen sind die Flächen zu verdreifachen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind für 1-5 Tiere 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Für tropische Arten ist zudem ein beheizter Stall mit einem Mindestausmaß von 4 m² pro weibliches Tier mit einer Mindesttemperatur von 10°C vorgeschrieben, der wahlweise aufgesucht werden kann. Taxonomie und NomenklaturDer Sumpfhirsch wurde 1811 von dem in Berlin tätigen Zoologen Johann Karl Wilhelm ILLIGER als "Cervus dichotomus" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1844 stellte ihn Johann Andreas WAGNER, Kurator der Zoologischen Staatssammlung in München, in die heute gültige Gattung Blastocerus. Die Gattung und Art sind monotypisch [3; 7]. |
Literatur und Internetquellen
- CITES TRADE DATA BASE
- DUARTE J.M.B., VARELA, D., PIOVEZAN, U. & BECCACECI, M.D. & GARCÍA, J.E. 2016. Blastocerus dichotomus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T2828A22160916. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-1.RLTS.T2828A22160916.en. Downloaded on 17 April 2017.
- GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
- GRZIMEK, B. (ed., 1970)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- BLASZKIEWITZ, B. (2009)