Blauschafbock (Pseudois nayaur szechuanensis) im Tierpark Berlin
© Klaus Rudloff, Berlin
Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Ziegenartige: (Caprinae)
Tribus: Ziegenverwandte (Caprini)
Blauschaf
Pseudois nayaur • The Bharal or Himalayan Blue Sheep • Le grand bharal ou mouton bleu
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Das in seiner Heimat nicht gefährdete, an das Leben im Hochgebirge angepasste Blauschaf bildet eine eigenständige Gattung und stellt die Hauptbeute des Schneeleoparden dar. Es ist deshalb von einem gewissen zoopädagogischen Interesse und seine imposanten Böcke sind gute Botschafter für Natur- und Artenschutz in den Gebirgen Asiens, wobei gesammelte Gelder namentlich dem Schneeleoparden zugute kommen sollen. Seine Haltung wurde durch ein europäisches Zuchtbuch gefördert und hat in den letzten Jahren zugenommen. Körperbau und KörperfunktionenWie der Mähnenspringer ist das Blauschaf weder Schaf noch Ziege, sondern eine eigenständige Gattung, die Merkmale von beiden Seiten auf sich vereinigt. Die Böcke erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 120-140(-165) cm, eine Schulterhöhe von 80-91 cm und ein Gewicht von 60-75(-80) kg. Die Auen sind ein Drittel bis ein Viertel kleiner und nur etwa 35-45(-55) kg schwer. Die Hörner der Böcke wachsen bogig bzw. S-förmig nach den Seiten und nach hinten, haben Spitzen, die meist nach oben gerichtet sind, werden 57-82 cm lang und haben einen Basisumfang von 23-34 cm. Es sind keine Querwülste vorhanden, aber die Jahresringe sind gut erkennbar. Die Hörner der Auen werden bis 22 cm lang und sind nach hinten gerichtet. Voraugen-, Inguinal-, Anal- und Zwischenzehendrüsen fehlen. An der Unterseite der Schwanzwurzel befindet sich ein kleines nacktes Drüsenfeld. Die Böcke haben weder einen Bocksbart noch eine Halsmähne und auch der für Ziegenböcke typische Geruch geht ihnen ab. Die Geißen haben ein Euter mit 2 Zitzen. Die Fellfarbe ist bei beiden Geschlechtern oberseits blaugrau und unterseits weiß. Abzeichen im Gesicht, Flankenstreifen. seitliche Begrenzung des Spiegels und der 13-20 cm lange Wedel sind schwarz, die Läufe sind schwarz-und-weiß gezeichnet und bei den Böcken sind Unterhals und Brust schwarz [1; 6; 8; 13]. VerbreitungZentral-/Südostasien: Bhutan, Burma, China (Provinzen Gansu, Qinghai, Sezuan; Autonome Gebiete Innere Mongolei, Níngxià und Tibet), Indien (Arunachal Pradesh, Himachal Pradesh, Kaschmir, Sikkim, Uttar Pradesh), Nepal und Pakistan [3; 6]. Lebensraum und Lebensweise Blauschafe leben im Gebirge in Höhenlagen von 2'500-5'500, selten bis 6'500 m ü. M., wobei sie offene, grasbewachsene Plateaus bevorzugen. Oft stehen sie in felsigem Gelände. Wald wird gemieden [3]. Die Tiere sind können tagsüber oder nachts aktiv sein. Sie sind sehr gesellig und bilden nach Geschlechtern getrennte, aber auch gemischte Rudel von meist 10-40 Individuen, in denen jeweils einzelne Tiere die Rolle von Wächtern übernehmen. Auch ältere Böcke sind nur selten allein anzutreffen. Die Tiere nutzen ein weites Spektrum an Nahrungspflanzen, einschließlich Gräser, Kräuter, Flechten und Sträucher wie Berberitzen (Berberis), Zwergmispeln (Cotoneaster), Meerträubel (Ephedra), Geißblatt (Lonicera) und Wachholder (Juniperus). Die Brunft fällt auf den Zeitraum Oktober-Dezember. Nach einer Tragzeit von ca. 160 Tagen kommt es meist von Mai-Juni zur Geburt eines Einzelkitzes, selten von Zwillingen. Das Geburtsgewicht liegt zwischen 3 und 4.2 kg. Die Geschlechtsreife wird meist mit 1.5 Jahren erreicht [2; 3; 4; 6]. Das Blauschaf ist das wichtigste Beutetier des Schneeleoparden. Dieser wird deshalb von den Bewohnern der Himalaya-Region "Baral-hé", „Bharal mar“ oder "Bharal har“ genannt, was so viel heißt wie "Blauschaftöter" [1]. Gefährdung und SchutzDa das Blauschaf seinen Lebensraum in schlecht zugänglichem Hochgebirge hat, kommt es auch weniger in Kontakt (und Konflikt) mit dem Menschen. Allerdings sind deshalb auch keine genaueren Zahlen über die Bestände bekannt. Durch verschiedene Beobachtungen nimmt man aber an, dass diese Art häufig ist. Da auch das Verbreitungsgebiet groß ist, wurde das Blauschaf als Art im Rahmen einer Beurteilung im Jahr 2014 nicht als gefährdet eingestuft (Rote Liste: LEAST CONCERN). Die (mutmaßliche) Unterart Pseudois n. schaeferi wurde dagegen als stark gefährdet beurteilt [3]. Der internationale Handel ist seit 2014 nach CITES-Anhang III Pakistan geregelt. Die Einfuhr nach Europa aus asiatischen Ursprungsländern ist aber aus tierseuchenrechtlichen Gründen so gut wie ausgeschlossen. Bedeutung für den MenschenDas Blauschaf wird zur Gewinnung von Fleisch für den Eigenbedarf bejagt. Eine (illegale) Jagd für den kommerziellen Wildfleischmarkt findet kaum statt, weil die Art in sehr unzugänglichen Gebieten vorkommt [3]. HaltungWEIGL gibt als Höchstalter im Zoo 20 Jahre und 10 Monate an, erreicht von einem zoogeborenen Bock in der Ménagerie Paris [7]. Haltung in europäischen Zoos: 1880 erhielt der Londoner Zoo als erster in Europa ein Paar Blauschafe. Von 1882-1908 wurden in London etwa 47 Lämmer geboren [11]. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Blauschafe in den Zoos von Berlin und Hamburg gehalten. In jüngeren Jahren war der Tierpark Berlin im deutschsprachigen Raum der erste, der wieder Blauschafe zeigen konnte, dies ab 1989. 1992 kam es dort zu deutschen Erstzucht. Seit 1990 nimmt der Bestand kontinuierlich zu [10]. Gesamteuropäisch wird die Art in über 30 Institutionen gehalten, ein halbes Dutzend davon davon im deutschsprachigen Raum. Für Details siehe Zootierliste. Abklärungen der EAZA Caprinae TAG ergaben einen Bestand von knapp 300 Tieren in Europa, zwei Drittel davon in EAZA Zoos. Das sind mehr als die Zielpopulation nach EAZA-Vorstellungen umfassen sollte, und gelegentlich dürfte die eine oder andere Haltung zugunsten einer stärker gefährdeten Art aufgegeben werden [10]. Es gab ein europäisches Zuchtbuch, das bei der Ménagerie im Jardin des Plantes, Paris, geführt wurde. 2021 wurde dieses in ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm ("New Style"-EEP) umgewandelt. Vermutlich geht der europäische Bestand auf nur 6 Gründertiere zurück [10]. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 250 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 20 m² zusätzlich. Ein Stall ist nicht erforderlich. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 50 m² zur Basisflächen dazu. Es sind natürliche oder künstliche Unterstände anzubieten, in denen alle Tiere gleichzeitig Platz finden. Werden die Tiere aufgestallt, ist eine Grundfläche von mindestens 2 m²/Tier vorgeschrieben. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind für bis zu 10 Tiere 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Es müssen Unterstände zum Schutz gegen Witterungsverhältnisse wie Regen, Wind, Sonneneinstrahlung und Hitze angeboten werden, so dass alle Tiere bei Bedarf darin gleichzeitig Unterschlupf finden können. Die Haltung hat in Herden zu erfolgen. Taxonomie und NomenklaturDas Blauschaf wurde 1833 von Brian Houghton HODGSON, einem in Nepal und Indien niedergelassenen englischen Naturforscher und Ethnologen, unter der Bezeichnung "Ovis nayaur" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1846 stellte HODGSON es als Typusart in die neue und bis heute gültige Gattung Pseudois. Es werden generell zwei Unterarten anerkannt: Pseudois n. nayaur und P. n. szechuanensis [9]. Die Ansichten darüber, ob es eine oder zwei Arten Blauschafe gibt, gehen auseinander. In der älteren Literatur wird das Zwergblauschaf als dritte Unterart des Blauschafs eingestuft (P. n. schaeferi), jüngere Publikationen werten es zum Teil als eigene Art. Die IUCN führt es in der Roten Liste auf einem eigenen Datenblatt, aber als Unterart von P. nayaur, Dabei wird auf molekulargenetische Untersuchungen hingewiesen, die annehmen lassen, dass es sich beim Zwergblauschaf nicht um eine eigenständige Art handelt [2; 3; 5; 6; 8; 9]. |
Literatur und Internetquellen
- BRASE-BÄUMER, K. (2004)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- HARRIS, R.B. (2014). Pseudois nayaur. The IUCN Red List of Threatened Species 2014: e.T61513537A64313015. http://www.iucnredlist.org/details/61513537/0. Downloaded on 14 June 2018.
- MATSCHEI, C. (2012)
- SHACKLETON, D.M. (1997)
- SMITH, A. T. & XIE, Y. (Hrsg., 2008)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- DAMOIS, P., ROBOVSKÝ, J.,MUELLER, D, PENELLO, M.,ZIMMERMANN,M., VAN DER MEER, R. & VOORHAM, M. (eds., 2020)
- IRVEN, P. (2010)