Roter Vari (Varecia rubra) im Zoo Zürich
© Zoo Zürich (Pressefoto)
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Halbaffen (Prosimiae / Strepsirrhini)
Teilordnung: Maki-Verwandte (Lemuriformes)
Familie: Makis (Lemuridae)
Roter Vari
Varecia rubra • The Red Ruffed Lemur • Le vari roux
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die in ihrer Heimat vom Aussterben bedrohten Roten Varis sind auffällige und sehr neugierige Tiere, die sich gerne in Besuchernähe aufhalten und so gut beobachtet werden können. Damit sind sie ideale Botschafter für Natur- und Artenschutz auf Madagaskar und werden häufig in Zoos gezeigt, allerdings nicht so oft wie ihre plakativer gefärbten schwarzweißen Vettern. Körperbau und KörperfunktionenVaris sind die größten noch lebenden Lemuren. Für den Roten Vari wird eine Kopf-Rumpflänge von 50-55 cm, eine Schwanzlänge von 60-65 cm und ein mittleres Gewicht von 3.3-3.6 kg angegeben. Die Iris ist hellgelb, die Ohren sind von langen Haaren überdeckt und es sind ausgeprägte Backenbärte vorhanden. In Anpassung an die starken Regengüsse in ihrem Lebensraum ist das Fell lang und dicht. Kopf, Hände, Füße und der buschige Schwanz sind schwarz, die Ohren, Backenbärte, Rumpf, Arme und Beine fuchsrot, und im Nacken befindet sich ein weißer bis beiger Fleck. Die Weibchen sind etwas größer als die Männchen und haben 3 Paar Zitzen. Hybriden mit V. variegata, die früher z.B. im Berliner Zoo gezüchtet wurden, sind schwarz-goldbraun-weiß [2; 6; 11]. VerbreitungMadagaskar: Masoalahalbinsel und angrenzende Gebiete in Nordost-Madagaskar [1]. Lebensraum und LebensweiseDer Rote Vari besiedelt im Osten Madagaskars feuchte Primär- und Sekundärwälder des Tieflands und mittlerere Höhenlagen bis 1'200 m. Er ist ein tagaktiver Baumbewohner mit den höchsten Aktivitäten während der Regenzeit. Er lebt in wenig stabilen Gruppen bestehend aus 5-31 Tieren beiderlei Geschlechts. Die Gruppen haben Streifgebiete von 23-58 ha, die sie offenbar als Territorium gegen Artgenossen verteidigen. Namentlich in den Abendstunden lassen die Varis laustarke Gruppen"gesänge" von sich hören, die der akustischen Markierung ihres Territoriums dienen. Die Tiere ernähren sich hauptsächlich von größeren, reifen Früchten und nehmen dazu junge Blätter, Samen, Blüten und Nektar, bisweilen auch Erde [1; 2; 5; 7; 10]. Der Rote Vari teilt seinen Lebensrum mit dem ebenfalls fruchtfressenden Weißkopfmaki. Die Tiere kommen sich allerdings wenig in die Quere, weil die Varis sich hauptsächlich in großen Bäumen in Höhen von über 15 m aufhalten, die Makis dagegen tiefere Bereiche des Kronendachs nutzen [14]. Die Fortpflanzung entspricht jener des Schwarzweißen Varis. Gefährdung und SchutzDer Rote Vari hat eine limitierte Verbreitung und obwohl sein Lebensraum im Prinzip geschützt ist, gibt es illegale Rodungs- und Jagdaktiviäten. Er galt deshalb als stark gefährdet und wurde 2014 in die Kategorie "unmittelbar vom Aussterben bedroht" hochgestuft, weil davon ausgegangen wurde, dass der Bestand innerhalb von 24 Jahren um mehr als 80% abgenommen hatte. Diese Einstufung wurde 2018 bestätigt (Rote Liste: CRITICALLY ENDANGERED) [1]. Der internationale Handel ist durch CITES.Anhang I eingeschränkt. Zoogestützte Schutzprojekte (Beispiele):
Bedeutung für den MenschenTrotz offiziellem Schutz werdendie Roten Varis zur Fleischgewinnung von der lokalen Bevölkerung bejagt [1]. Von 1977-2017 wurde aus Madagaskar nur die Ausfuhr von wenig Wissenschaftsmaterial registriert. Im selben Zeitraum (effektiv erst ab 1991) wurden weltweit 152 Nachzuchttiere über Landesgrenzen abgegeben. Wichtigstes Ausfuhrland war Deutschland [3]. HaltungManche Zoos halten Rote Varis in für die Besucher begehbaren Anlagen wie Tropenhallen, Volieren oder Freigehegen. Eine Vergesellschaftung mit anderen Lemurenarten ist möglich, so z.B. mit Kattas, Kronenmakis, Rotbauchmakis und Schwarzweißen Varis im Tierpark Rheine, funktioniert aber nicht immer. Der Altersrekord für Rote Varis in Menschenobhut liegt bei etwa 36 Jahren [10]. Im Tierpark Berlin wurde ein Tier 28 Jahre und 8 Monate alt [7]. Seit 1982 gibt es ein Internationales Zuchtbuch, das am Saint Louis Zoo geführt wird. Dieses umfasste, Stand Februar 2014, 690 lebende Individuen in 197 Einrichtungen [IZY 52]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 145 Zoos gehalten, von denen sich über 20 im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Das seit 1990 bestehende Europäische Erhaltungszuchtprogramm wird als "New Style-EEP" vom Zoo Lyon koordiniert. Rote Varis waren bereits ab 1874 im Kölner Zoo zu sehen. Der heutige Zoobestand wurde ab 1976 aufgebaut, als der Kölner Zoo ein Paar Nachzuchttiere aus San Diego erhielt. Diesen folgten einige weitere Importe. Die heutige europäische Population geht zurück auf 10 Gründertiere. Um die für eine langfristige Erhaltung ausreichende genetische Variabilität zu gewährleistein, sollten noch einige blutsfremde Tiere importiert werden [8]. Wie Rote Varis gehalten werden (Beispiel):
Forschung im Zoo: Rote Varis sind immer wieder mal Gegenstand von Forschungsarbeiten, bei denen es darum geht, unser Grundlagenwissen zu erweitern oder die Haltung und Zucht zu optimieren [3; 5; 8; 9; 12]. Mindestanforderungen an Gehege: Für die Vorgabe des Säugetiergutachtens 2014 des BMEL von 30 m²/ 90 m³ bzw. 30 m² bei 2.5 m Höhe für das Außengehege sowie 15 m²/ 45 m³ bzw. 15 m² bei 2.5 m Höhe für das Innengehege (Kopfrechnen sollte man können!) für die Haltung eines Paars mit bis zu 2 Nachzuchten (was im Widerspruch zu Ziffer 1.6 der Allgemeinen Bestimmungen des Gutachtens steht) und 3 m²/ 9 m³ bzw. 2 m²/ 6 m³ für jedes weitere Tier liegt keine wissenschaftliche Begründung vor. Aufgrund tierhalterischer Erfahrung stellten die Tierschutzsachverständigen der Zoos fest, dass Dimensionen von 20 m²/ 60 m³ außen und 15 m²/ 45 m³ innen für eine Gruppe bis zu fünf Tieren und jeweils eine Erweiterung der Flächen für jedes weitere Adulttier um 2 m² ausreichend seien. Ferner stipuliert das Säugetiergutachten, dass Varis mindestens dreimal täglich zu füttern sind, wobei zusätzlich zu Obst und Gemüse u.a. auch Nüsse angeboten werden sollen. Dies sollte man besser nicht tun, denn sonst verfetten die Tiere mit Sicherheit. Untersuchungen der Diät in drei Zoos ergab, dass den Tieren überall zuviel Futter angeboten wurde. Im Kölner Zoo wurde reagiert und in einer zweiten Beobachtungsperiode war dort die Futteraufnahme normal [7]. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 adulte Varis ein Innen- und ein Außengehege mit einer Fläche von je 15 m² und einer Höhe von 3 m vor. Für jedes weitere erwachsene Tier sind die Fläche um 3 m² zu erweitern. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 15 m² und ein Außengehege von 40 m² bei einer Höhe von je 2.5 m erforderlich. Pro Weibchen sind mindestens zwei Nestboxen anzubieten Taxonomie und NomenklaturDer Rote Vari wurde 1812 von Étienne GEOFFROY SAINT-HILAIRE, dem Begründer des ersten bürgerlichen Zoos, der Ménagerie im Jardin des Plantes von Paris, als "Lemur ruber" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Später wurde er als Unterart des Schwarzweißen Vari (Varecia variegata) angesehen, mit dem er sich problemlos kreuzen lässt, und kam 1863 in die von John Edward GRAY vom British Museum in London neu aufgestellte Gattung Varecia. Erst seit 2001 gilt er wieder als eigenständige Art. Es gibt keine Unterarten [11; 12]. |
Literatur und Internetquellen
- BORGERSON, C. et al. (2020). Varecia rubra. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T22920A115574598. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T22920A115574598.en. Downloaded on 09 February 2021.
- BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
- BÖLLING, A. (2015)
- CITES TRADE DATA BASE
- DÖRING, A. (2015)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- PAULY, A. (2009)
- SCHWITZER, C. (2003)
- TRABER, S. (2004)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- ZEITRÄG, C. (2014)
- VASEY, N. (2000)