Weisskopfmaki (Eulemur albifrons im Zoo Zürich
© Alex Rübel, Zoo Zürich
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Halbaffen (Prosimiae / Strepsirrhini)
Teilordnung: Maki-Verwandte (Lemuriformes)
Familie: Makis (Lemuridae)
Weißkopfmaki Weisskopfmaki
Eulemur albifrons • The White-fronted Brown Lemur • Le lémur à front blanc
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Wegen seines Geschlechtsdichromatimus ist der in seiner Heimat stark gefährdete Weißkopfmaki eine zoopädagogisch interessante Art und ein guter Botschafter für Natur- und Artenschutzprojekte auf Madagaskar. Obwohl es weder ein Zuchtprogramm noch ein Zuchtbuch gibt, ist er relativ häufig in europäischen Zoos anzutreffen. Körperbau und KörperfunktionenDer Weißkopfmaki ist ein mittelgroßer Lemur mit einer Kopf-Rumpflänge von 39-42 cm, einer Schwanzlänge von 50-54 cm und einem Gewicht von 1.9 kg. Es besteht ein deutlicher Geschlechtsdichromatismus: Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen durch einen Ring von buschigen weißen Kopfhaaren der mit dem schwarzen Gesicht kontrastiert. Die unauffälligeren, graubraunen Weibchen sind nur schwer von weiblichen E. fulvus oder E. sanfordi zu unterscheiden [2; 8]. VerbreitungMadagaskar: Nordost-Madagaskar, isolierte (ev. ausgesetzte) Population im Betampona-Naturschutzgebiet, angesiedelt auf Nosy Mangabé [1]. Lebensraum und LebensweiseWeißkopfmakis besiedeln Regenwälder des Tieflands und der Gebirge bis auf eine Höhe von über 1'600 m. Die Tiere sind tag- und nachtaktiv, halten sich oft in Bodennähe bzw. im Unterholz auf und nutzen gerne Lianen als Versteck und Schlafplatz. Sie leben in Gruppen von bis zu 40 Individuen beiderlei Geschlechts sowie deren Jungen. Die Gruppen haben eher kleine Streifgebiete. Die Tiere ernähren sich hauptsächlich von Früchten und insbesondere die Weibchen fressen viele Blüten, ansonsten werden junge und alte Blätter, Pilze, Rinde, Moose und Wirbellose genommen [1; 2; 8]. Der Weißkopfmaki teilt seinen Lebensrum mit dem ebenfalls fruchtfressenden Roten Vari. Die Tiere kommen sich allerdings wenig in die Quere, weil die Varis sich hauptsächlich in großen Bäumen in Höhen von über 15 m aufhält, die Makis dagegen tiefere Bereiche des Kronendachs nutzen [9]. Die Tragzeit beträgt 130-133 Tage. Die Geburten fallen im Ursprungsgebiet von Oktober bis Dezember an. Es werden 1-2 Junge geboren. Diese werden anfänglich von der Mutter am Bauch getragen und klettern später auf ihren Rücken [2; 8]. Gefährdung und SchutzDer Weißkopfmaki leidet namentlich unter der Zerstörung seines Lebensraums, der Regenwälder entlang der Ostküste Madagaskars. Seit 2008 galt er als gefährdet, 2014 wurde er in die Kategorie stark gefährdet hochgestuft, weil davon ausgegangen wurde, dass der Bestand innerhalb von 24 Jahren um mehr als 50% abgenommen hatte. Nach einer jüngeren Beurteilung geht man davon aus, dass die Bestandsabnahme bei "nur" 30% liegt, weshalb die Art seit 2020 wieder in der Kategorie "gefährdet" (Rote Liste: VULNERABLE) figuriert [1]. Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang I eingeschränkt. Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):
Bedeutung für den MenschenWeißkopfmakis werden auf Madagaskar wegen ihres Fleischs gejagt [1]. Von 1977-2017 meldete Madagaskar lediglich Ausfuhren von etwas Wissenschaftsmaterial. Im selben Zeitraum wurden weltweit 159 Nachzuchttiere international ausgetauscht. Hauptexportland war Deutschland, gefolgt von Schweden und Frankreich. In den letzten Jahren waren die Ausfuhraktivitäten deutlich geringer als vor 2000 [3]. HaltungDer älteste bekannte Weißkopfmaki, ein Weibchen, wurde am 14.6.1976 im Kölner Zoo geboren und starb am 7.5.2002 im Zoo von Perth , wurde also 26 Jahre und 1 Monate alt [7]. Weißkopfmakis wurden schon im 19. Jahrhundert in Zoos gehalten. So hatten z.B. der Londoner und der Frankfurter Zoo welche. In verschiedenen Zoos wurden Weißkopfmakis mit anderen Lemuren vergesellschaftet, so z.B. im Serengetipark Hodenhagen mit Kattas, wobei es während der Fütterungen gelegentlich zu Beißereien kam [10]. Haltung in europäischen Zoos: Die Zahl der Haltungen hat in den letzten Jahren etwas abgenommen. Gegenwärtig (2024) sind es noch etwa 40, davon vier im deutschsprachigen Raum. Für Details siehe Zootierliste. Es gibt kein Erhaltungszuchtprogramm und kein Zuchtbuch für den Weißkopfmaki. Wie Weißkopfmakis gehalten werden (Beispiel):
Forschung im Zoo: Eine Untersuchung der unter naturnahen Bedingungen in der Masoala-Halle des Zoo Zürich gehaltenen Weißkopfmakis ergab, dass diese nur tagaktiv waren [5]. Mindestanforderungen an Gehege: Für die Vorgabe des Säugetiergutachten 2014 des BMEL von 30 m²/ 90 m³ bzw. 30 m² bei 2.5 m Höhe für das Außengehege sowie 15 m²/ 45 m³ bzw. 15 m² bei 2.5 m Höhe für das Innengehege (Kopfrechnen sollte man können!) für die Haltung eines Paars mit bis zu 2 Nachzuchten (was im Widerspruch zu Ziffer 1.6 der Allgemeinen Bestimmungen des Gutachtens steht) und 3 m²/ 9 m³ bzw. 2 m²/ 6 m³ für jedes weitere Tier liegt keine wissenschaftliche Begründung vor. Aufgrund tierhalterischer Erfahrung stellten die Tierschutzsachverständigen der Zoos fest, dass Dimensionen von 10 m²/ 25 m³ sowohl innen wie außen für eine Gruppe bis zu fünf Tieren und jeweils eine Erweiterung der Fläche für jedes weitere Adulttier um 1.5 m² ausreichend seien. Das Gutachten gibt auch vor, dass allen Eigentlichen Lemuren ausreichend Nestmaterial zur Verfügung zu stellen sei. Leider können die Weißkopfmakis mit diesem Nestmaterial nicht viel anfangen, denn mit Ausnahme der Varis bauen Makis keine Nester! Ferner stipuliert das Säugetiergutachten, dass Makis mindestens dreimal täglich zu füttern sind, wobei zusätzlich zu Obst und Gemüse u.a. auch Nüsse angeboten werden sollen. Dies sollte man besser nicht tun, denn sonst verfetten die Tiere [5]. Summa summarum bietet das Säugetiergutachten keine vernünftige Orientierungshilfe für die Haltung von Lemuren. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 adulte Weißkopfmakis ein Innen- und ein Außengehege mit einer Fläche von je 10 m² und einer Höhe von 3 m vor. Für jedes weitere erwachsene Tier ist die Fläche um 2 m² zu erweitern. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 15 m² und ein Außengehege von 40 m² bei einer Höhe von je 2.5 m erforderlich. Taxonomie und NomenklaturDer Weißkopfmaki wurde 1796 von Étienne GEOFFROY SAINT-HILAIRE, dem Begründer des ersten bürgerlichen Zoos, der Ménagerie im Jardin des Plantes von Paris, als "Lemur albifrons" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1989 wurde er in die neu aufgestellte Gattung Eulemur umgeteilt. Seit 2005 wird er als eigene Art geführt. Zuvor wurde er und wird z.T. heute noch als Unterart von Lemur fulvus betrachtet, weil es im Freiland zu Hybriden zwischen den beiden Formen kommen soll. Andererseits gibt es Gebiete, wo beide Formen vorkommen, ohne sich zu vermischen, was für eine eigene Art spricht [1; 4; 8]. |
Literatur und Internetquellen
- BORGERSON, C. et al. (2020). Eulemur albifrons (amended version of 2020 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T8204A182121438. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-3.RLTS.T8204A182121438.en. Downloaded on 17 December 2020.
- BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
- CITES TRADE DATA BASE
- MITTERMEIER R.A. et al. (2008)
- TRABER, S. (2004)
- VOORMANN, A.-J. (1998)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- VASEY, N. (2000)
- ZIEGLER, T. (2002)