Zwergseidenäffchen (Cebuella pygmaea) im Allwetterzoo Münster
© Allwetterzoo (Pressefoto)
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Krallenaffen (Callitrichidae)
Zwergseidenäffchen
Callithrix (= Cebuella) pygmaea • The Pygmy Marmoset • L'ouistiti mignon
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Zwergseidenäffchen sind die kleinsten Affen. Aus diesem Grund werden sie gerne im Kontext mit den größten Vertretern der Ordnung, den Menschenaffen präsentiert. Wegen ihrer Kleinheit sind sie nicht nur zoopädagogisch interessant, sondern sprechen auch das allgemeine Zoopublikum an und eignen sich deshalb, mittlerweile auch selbst als gefährdet eingestuft, gut als Botschafter für den immer mehr unter Druck geratenden Amazonas-Regenwald Brasiliens. In Zoos sind sie daher häufig zu sehen, spezifische zoogestützte in situ-Schutzprogramme gibt es aber vermutlich keine. Körperbau und KörperfunktionenDas Zwergseidenäffchen ist der kleinste Vertreter der Unterordnung Simiae und werden innerhalb der Primaten nur noch von den Mausmakis unterboten. Sie haben eine Kopf-Rumpflänge von 13-14.5 (12-16) cm und eine Schwanzlänge von etwa 19-21.5 (17-23) cm. Das Gewicht beträgt 85-140 g, wobei Weibchen im Mittel etwas schwerer sind als Männchen. Wie bei anderen Marmosetten sind die Eck- und Schneidezähne des Unterkiefers gleich lang und sind mit Ausnahme der Großzehe, die einen Plattnagel aufweist, alle Finger und Zehen bekrallt. Die Haare um den Kopf bilden eine nach hinten gerichtete Mähne, die die Ohren verdeckt. Da die einzelnen Haare helle und dunkle Querbänder haben, wirkt das Fell von Kopf und Körperoberseite bräunlich gestrichelt. Der Bauch ist je nach Unterart gelblich-braun oder weißlich, die Hände und Füße sind gelb-orange, der lange Schwanz ist schwarz-grau geringelt [5; 7]. VerbreitungTropisches Südamerika: Bolivien, Brasilien (Provinzen Acre, Amazonas, und Rondônia); Kolumbien, Ekuador, Peru [3]. Lebensraum und LebensweiseZwergseidenäffchen besiedeln vorzugsweise an oder in Flüssen gelegene Wälder, kommen aber auch im Regenwald der Terra firma, in Bambusdickichten, Lianenwäldern und gerne in Waldrändern an Weiden und Obstgärten vor. Die Verbreitung liegt hauptsächlich unterhalb einer Höhe von 400 m, in Ekuador gehen sie aber bis auf 940 m. Die Tiere ernähren sich vor allem von kleinen Arthropoden und - mehr als andere Krallenaffen - von Baum- oder Lianenexsudaten. Um an diese zu kommen, werden die Eck- und Schneidezähne des Unterkiefers wie ein Schabeisen zum Entfernen von Rinde eingesetzt. Aus den entstehenden Wunden rinnt Baumsaft, der begierig aufgenommen wird. Im Zoo wird der Baumsaft durch Gummi arabicum ersetzt. Früchte, Knospen, Blüten, Nektar spielen bei der Ernährung eine untergeordnete Rolle. Gelegentlich werden Kleinvögel oder andere Wirbeltiere gefangen und verzehrt [1; 5]. Zwergseidenäffchen leben in von einem Weibchen angeführten Familiengruppen von meist 4-9 Tieren, worunter sich je 1-2 geschlechtsreife Männchen Weibchen befinden. Die Gruppen haben sehr kleine Streifgebiete von etwa 0.1-1.2 ha, die sie als Territorium gegenüber Artgenossen verteidigen. Die Tiere sind tagaktiv, ziehen am Morgen etwa um 6 h los und kehren um 18 h zu ihren Schlafplätzen zurück [4; 5; 7]. Meist pflanzt sich in einer Gruppe nur das α-Weibchen fort, bei den übrigen wird der Eisprung unterdrückt. Nach einer Tragzeit von etwa 133-142 Tagen bringt es in der Regel zweimal jährlich Zwillinge mit einem Geburtsgewicht von 13-15 g zur Welt. Der Vater und die anderen Gruppenmitglieder beteiligen sich intensiv an der Aufzucht der Jungen [5; 7]. Gefährdung und SchutzZwergseidenäffchen kommen in 18 Schutzgebieten vor. Ihre Bestände nehmen aber als Folge von Lebensraumverlust und Bejagung deutlich ab. Seit 2020 werden deshalb beide, von der IUCN als eigenständige Arten behandelten, Formen als gefährdet eingestuft (Rote Liste: VULNERABLE) [3]. Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt. Bedeutung für den MenschenIn Teilen seines Verbreitungsgebiets (z.B. in Ekuador) wird das Zwergseidenäffchen bejagt. Es wird auch für den hauptsächlich lokalen Heimtierhandel gefangen und war früher in größerem Umfang im internationalen Handel [3]. Von 1977-2017 bewilligten die Ursprungsländer nebst etwas Wissenschaftsmaterial noch 307 lebende Wildfänge zur Ausfuhr, wovon 240 aus Peru kamen. Im selben Zeitraum wurden weltweit 1'508 Nachzuchttiere international abgegeben, wichtigstes Ausfuhrland war Tschechien, gefolgt von Peru und Schweden [2]. HaltungWeltweit werden rund 200 in 5 Regionalverbänden organisierten Zoos rund 850 Zwergseidenäffchen gehalten, wobei es einen Überhang an männlichen Individuen gibt. Die Art des Managements variiert zwischen den einzelnen Zooverbänden, in Nordamerika z.B. wird nicht zwischen den Unterarten unterschieden [10]. Das nach WEIGL älteste bekannte Zwergseidenäffchen wurde im niederländischen Affenpark "De Apenheul" geboren und starb im Twycross Zoo im Alter von 18 Jahren und 7 Monaten [6]. Nach den "Best practice"-Leitlinien der EAZA können Gehege für Zwergseidenräffchen kleiner sein als solche für andere Krallenaffen, für welche tagsüber ein Gesamtvolumen (innen / außen) von 32.5 m³ (3+10 m² / 2.5 m hoch) empfohlen wird, wobei das Gehege unterteilbar sein soll. Als Absperrung verwendete Wassergräben sollten 4 m breit und 40 cm tief sein. Es ist zu beachten, dass es bei gitterlosen Außenanlagen zu Verlusten durch Greifvögel kommen kann. Dem sollte durch eine relativ dichte Bepflanzung entgegengewirkt werden [1]. Zwergseidenäffchen wurden in etlichen Zoos (z.B. Aschersleben, Eberswalde, Frankfurt, Gettorf, Heidelberg, Köln) überwiegend ohne Probleme mit anderen Primaten (Callimico goeldii, Callithrix jacchus, C. geoffroyi, Leontopithecus chrysomelas, L. rosalia, Saguinus fuscicollis, imperator, S. labiatus, S. midas, Callicebus moloch, Pithecia pithecia) oder sonstigen Tieren (Wildmeerschweinchen, Agutis, Acouchys) vergesellschaftet [4; 9]. Haltung in europäischen Zoos: Der Bestand in EAZA-Zoos lag 2018 laut ZIMS (Zoological Information Management System) bei 548 Tieren in 125 Einrichtungen. Insgesamt hat die Zahl der Haltungen in den letzten Jahren zugenommen und wird jetzt (2024) mit rund 190 Zoos angegeben, von denen ein erheblicher Teil nicht der EAZA angeschlossen ist und sich über 50 im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Gehalten werden Tiere beider Unterarten sowie solche mit unbekanntem Unterartstatus. Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das als "New Style"-EEP vom Newquay Zoo koordiniert wird. 2018 hielten 21 EEP-Teilnehmer 63 C. p. pygmaea, 18 hielten 82 P. c. niveiventris und 62 hielten 300 Tiere ohne Unterartangabe. Wie Zwergseidenäffchen gehalten werden (Beispiel):
Mindestanforderungen an Gehege: Die auf dem Tierart-Datenblatt für das Weißbüscheläffchen gemachten Angaben zum Säugetiergutachtens 2014 des BMEL Säugetiergutachten 2014, zur Stellungnahme der Tierschutzsachverständigen der Zoos und zu den EAZA-Haltungsrichtlinien [1] gelten auch für diese Art. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 3 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.5 m² zu ergänzen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 10 m² und einer Höhe von 2.5 m erforderlich. Taxonomie und NomenklaturDas Zwergseidenäffchen wurde 1823 von dem Naturwissenschaftler Johann Baptist Ritter von SPIX, der im Auftrag des Königs von Bayern Brasilien bereist hatte, bei Tabatinga, einem Ort am Dreiländereck von Brasilien, Kolumbien und Peru entdeckt und als "Iacchus pygmaeus" beschrieben. John Edward GRAY vom Britischen Museum in London stellte es 1866 in die neue Gattung Cebuella. Diese wurde in der Folge zeitweilig als Untergattung von Callithrix angesehen. Die Gattung Callithrix im weiteren Sinn umfasst aktuell 22 Arten, Cebuella, die näher mit den amazonischen Callithrix-Arten (= Mico) verwandt ist als diese mit jenen aus dem atlantischen Regenwald, enthält nur die eine Art, von der gegenwärtig zwei Unterarten anerkannt werden. Diese wurden von manchen Autoren zu vollen Arten aufgewertet [3; 5; 7; 8]:
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Literatur und Internetquellen
- CARROLL, B. (ed., 2002) / BARRÃO RUIVO, E. (ed. 2010)
- CITES TRADE DATA BASE
- DE LA TORRE, S. et al. (2020). Cebuella pygmaea. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T136926A17981161. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-3.RLTS.T136926A17981161.en und DE LA TORRE, S. et al. (2020). Cebuella niveiventris. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T136865A17981126. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-3.RLTS.T136865A17981126.en. Downloaded on 17 December 2020.
- ECKERN, S. (2011)
- SCHRÖPEL, M. (2010)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- ZIEGLER, T. (2002)
- EAZA REGIONAL COLLECTION PLAN FOR CALLITRICHIDAE - APRIL 2019
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