Tansania-Stummelaffe (Colobus angolensis palliatus) im Zoo Dvůr Králové
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Altwelt- oder Schmalnasenaffen (Catarrhini)
Familie: Meerkatzenverwandte (Cercopithecidae)
Unterfamilie: Schlank- und Stummelaffen (Colobinae)
Tribus: Stummelaffen (Colobini)
Angola-Stummelaffe
Colobus angolensis • The Angolan Colobus • Le colobe d'Angola
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der plakativ schwarz-weiß gefärbte Angola-Stummelaffe ist eine sehr attraktive Affenart, die aber in Europa nie häufig gehalten wurde und heute nur noch in wenigen Zoos zu sehen ist. Körperbau und KörperfunktionenDer Name "Stummelaffe" bezieht sich auf den verkürzten, stummelartigen Daumen, eine Anpassung an die Fortbewegungsweise in den Bäumen. Beim Springen von Baum zu Baum setzen die Tiere ihre Hände wie Haken ein. Ein Daumen wäre dabei nur hinderlich. Die Weibchen sind etwas leichter, ansonsten ist der Dimorphismus zwischen männlichen und weiblichen Tieren nicht sehr stark ausgeprägt. Die Männchen erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 55-66 cm, eine Schwanzlänge von 76-92 cm und ein Gewicht von 7.6-12.6 kg. Die Weibchen weisen eine Kopf-Rumpflänge von 48-59 cm, einer Schwanzlänge von 36-76 cm und ein Gewicht von 6.4-9.2 kg auf. Das fein behaarte Gesicht ist dunkelgrau bis schwarz. Das feine Fell ist auffallend schwarz-weiß gezeichnet: Stirnband, Backen- und Kinnbart sowie die Schultermähne /Epauletten) und das hintere Ende des Schwanzes, der nur eine angedeutete Quaste hat, sind weiß, das übrige Fell ist tiefschwarz. Die Gesichtszeichnung, die Länge des Schultermantels und die Ausdehnung der weißen Schwanzfärbung sind je nach Unterart verschieden [2; 3; 8]. VerbreitungDisjunkte Verbreitung in Zentral- und Ostafrika: Angola, Burundi, Kenia, Kongo Dem., Malawi, Mosambik, Ruanda, Sambia, Tansania, Uganda [5]. Lebensraum und LebensweiseAngola-Stummelaffen besiedeln primäre Feuchtwälder und Sekundärwälder des Tieflands, Galeriewälder und Wälder der Hügelzone und der Gebirge bis auf eine Höhe von etwa 3'000 m, im Ruwenzorigebirge bis 4'000 m. Die Colobusse sind tagaktive Pflanzenfresser, die sich überwiegend in den oberen Schichten des Kronendachs aufhalten. Sie sind die am stärksten ans Baumleben angepassten Affen Afrikas. Sie leben meist in kleinen Haremsgruppen, bestehend aus einem Männchen und 3-4 Weibchen mit Nachwuchs. Mehrere Harems können sich zu einer größeren, auch mehrere Männchen umfassenden Gruppe zusammenfinden. Ausnahmsweise werden große Herden gebildet. Sie nutzen Streifgebiete von mehreren 100 ha [2; 5; 8]. Stummelaffen ernähren sich weitgehend von jungen und alten Blättern, von denen sie täglich 2-3 kg aufnehmen und deren Zellulosestärke nur schwer verdaulich ist. Sie besitzen daher, ähnlich wie Wiederkäuer, einen gekammerten Magen, in dessen ersten beiden Kammern sich Zellulose spaltende Bakterien befinden. Ferner fressen sie Schoße, Samen, unreife Früchte, Flechten und nehmen Erde von Termitenbauten auf [8]. Nach einer Tragzeit von 147-178 Tagen wird ein einzelnes Jungtier geboren, selten Zwillinge. Die Jungen kommen schneeweiß zur Welt und beginnen mit 3 Monaten umzufärben. Sie werden erst mit 15 Monaten entwöhnt. Nebst der Mutter kümmern sich auch andere Gruppenmitglieder um den Nachwuchs. Die Geburtsintervalle liegen bei etwa 2 Jahren. Weibchen sollen mit 2, Männchen mit 4 Jahren Geschlechtsreife erreichen [1]. Gefährdung und SchutzWegen seiner weiten Verbreitung galt der Angola-Colobus aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2008 nicht als gefährdet. Eine Neubeurteilung im Jahr 2016 führte 2020 zur Einstufung als gefährdet (Rote Liste: VULNERABLE). Dies war bedingt durch die zunehmenden Einschränkung und Verinselung des Lebensraums und die starke Bejagung für den Wildfleischhandel [5]. Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt. Bedeutung für den MenschenWirtschaftliche Bedeutung: Gebietsweise, hauptsächlich im Kongo-Becken, werden Angola-Stummelaffen zur Fleischgewinnung gejagt [5]. Von 1977-2017 bewilligten die Ursprungsländer nebst Teilen und Erzeugnissen 285 lebende Wildfänge zur Ausfuhr. Die effektiven Ausfiuhrzahlen dürften geringer gewesen sein. der größere Teil der Tiere ging in die USA und nach Japan. Im selben Zeitraum wurden weltweit Exporte von 30 Nachzuchttieren erfasst [4]. HaltungAngola-Stummelaffen wurden erfolgreich mit Mandrills vergesellschaftet [9]. WEIGL gibt als Höchstalter 35 Jahre und 3 Monate an, erreicht von einem männlichen Wildfang im Zoo Basel [6], was seitdem allerdings übertroffen wurde. Haltung in europäischen Zoos: Das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für C. angolensis palliatus wird vom Zoo Belfast koordiniert. Die Unterart wird in weniger als 10 Zoos gehalten, hauptsächlich in Tschechien. Für Details siehe Zootierliste. Der weltweit letzte Adolf-Friedrich-Stummelaffe (C.a. ruwenzorii) in einem Zoo starb 2008 im Alter von 39 Jahren im ZooPark Erfurt [ZTL, JB ZOO BASEL]. Das Tier war 1969 in der Gegend des Kahuzi-Biéga Nationalparks im Osten des Kongos geboren und mit 1.1. weiteren Individuen dem Zoo Basel geschenkt worden, der es 1979 an den Zoo Hannover weitergab. Von dort gelangte "Mtoto" 1980 nach Erfurt. In Basel wurde die Unterart von 1972 bis 1981 wiederholt nachgezüchtet, unter den sieben Jungen befand sich aber nur ein Weibchen, was letztlich zum Erlöschen des Bestandes führte. Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung einer "sozial intakten Gruppe" von bis zu 5 erwachsenen Stummelaffen ein Außengehege von 40 m² und ein Innengehege von 30 m² bei jeweils 3.50 m Höhe gefordert und für jedes zusätzliche Adulttier außen und innen je 2m² Fläche mehr. Dies ist eine Erhöhung des Raumangebots auf beinahe das Doppelte gegenüber dem Gutachten’96, für die es keine Begründung gibt. Die Tierschutzsachverständigen der Zoos schlugen im Differenzprotokoll vor, dass für 5 Tiere ein Außengehege von 30 m² und ein Innengehege von 20 m² bei jeweils 3 m Höhe und für jedes weitere Tier außen 2 m², innen 1.5 m² mehr Fläche angeboten werden sollte. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 5 Stummelaffen ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von je 25 m² bei 3 m Höhe und für jedes weitere Tier 4 m² Fläche zusätzlich vor. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in Familiengruppen erfolgen und es ist für 5 Adulttiere ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von 100 m² bei 5 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche der Geheges um jeweils 10 m² zu erweitern. Taxonomie und NomenklaturDer Angola-Stummelaffe wurde 1860 vom englischen Juristen und Naturforscher Philip SCLATER unter seinem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die Schwarz-weißen Stummelaffen (Colobus) werden heute in fünf verschiedene Arten aufgeteilt. Die Formen angolensis, satanas und vellerosus, früher als Unterarten von polykomos betrachtet, gelten jetzt als eigenständige Arten. Die Bezeichnung "Angola-Stummelaffe" ist eine unglückliche, denn die Art kommt zwar in Nordangola vor, ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt aber außerhalb Angolas. Gegenwärtig werden von angolensis sechs Unterarten anerkannt, wobei adolfi-friderici heute unter ruwenzorii und sharpei unter palliatus subsumiert wird:
In Europa gehalten wird derzeit nur die Unterart palliatus (die bei WILSON & REEDER, 2005, palliates genannt wurde, bei Mittermeier et al, 2013, aber wieder palliatus heißt). Diese Unterarten unterscheiden sich namentlich durch die Länge der weißen Epauletten und die Ausdehnung der weißen Schwanzbehaarung [7; 8]. |
Literatur und Internetquellen
- ANIMAL DIVERSITY WEB
- BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
- CITES IDENTIFICATION MANUAL
- CITES TRADE DATA BASE
- DE JONG, Y.A. et al. (2020). Colobus angolensis. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T5142A17945007. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T5142A17945007.en . Downloaded on 15 July 2020.
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. & REEDER, 2005
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- KRAAIJ, E. & TER MAAT, P. (2011)