Rotschenkel-Kleideraffe (Pygathrix nemaeus) im Kölner Zoo
© Wolfgang Dreier, Berlin
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Altwelt- oder Schmalnasenaffen (Catarrhini)
Familie: Meerkatzenverwandte (Cercopithecidae)
Unterfamilie: Schlank- und Stummelaffen (Colobinae)
Tribus: Schlankaffen (Presbytini)
Rotschenkel-Kleideraffe
Pygathrix nemaeus • The Red-shanked Douc's Langur • Le langur de Douc à jambes rouges
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Mit ihrem gelben Gesicht und ihrer kontrastreichen Fellzeichnung gehören die Kleideraffen zu den auffälligsten und attraktivsten Primaten. Dabei sticht der Rotschenkel-Kleideraffe mit seinen weißen Unterarmen und roten "Strümpfen" besonders hervor. Er ist stark gefährdet, weil er stark bejagt wird und kontinuierlich Lebensraum verliert. In einigen asiatischen Zoos gibt es Zuchtgruppen, in Europa wird er nur selten gehalten. Körperbau und KörperfunktionenDer Rote Kleideraffe hat einen kräftigen Körperbau, aber nicht ganz so lange Extremitäten wie die Languren. Es besteht ein deutlicher Größenunterschied zwischen den Geschlechtern: Die Männchen haben eine Kopf-Rumpflänge von 55.63 cm, eine Schwanzlänge von 52-60 cm und ein Gewicht von etwa 8-12 kg, für die Weibchen lauten die entsprechenden Zahlen 49-57 cm, 42-59 cm und 6-8 kg. Beide Geschlechter sind gleich gefärbt, abgesehen davon, dass die Männchen einen roten Penis und ein weißes oder hellblaues Skrotum haben. Das Gesicht ist gelborange, die Schnauzenpartie gelblichweiß. An den Backen und am Kinn ist es von einem weißen Bart umgeben. Das Fell von Oberkopf, Körper, Oberarmen und Oberschenkeln ist grau, die Unterarme sind weiß, die Unterschenkel rotbraun, Hände und Füße sind schwarz [1; 7; 9]. VerbreitungSüdostasien: Kambodscha, Laos, Vietnam [4]. Lebensraum und LebensweiseKleideraffen besiedeln immergrüne oder teilweise laubabwerfende Wälder, auch gemischte Laub-Koniferen- oder Laub-Bambuswälder, vom Tiefland bis auf eine Höhe von 1'800 m. Die Tiere halten sich meistens in den Bäumen auf, kommen aber gelegentlich auch auf den Boden. Sie sind tagaktiv und leben in Gruppen von 3-20 Tieren, die sich aus einem oder mehreren Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachkommen zusammensetzen. Bisweilen schließen sich mehrere Gruppen zusammen und können dann eine Kopfstärke von über 50 erreichen. Die Größe der Streifgebiete ist sehr variabel. Die Nahrung besteht hauptsächlich aus Blättern, daneben werden auch andere Pflanzenteile wie Früchte, Schoße, Knospen, Blüten, Baumrinde und Wurzeln gefressen [4; 9]. Nach einer mittleren Tragzeit von 190-210 Tagen wird in der Regel ein einzelnes Jungtier geboren. Dieses hat ein Geburtsgewicht von etwa 400 g, sein Gesicht ist dunkel und der Rücken braun. Die Jungen werden 10-13 (9-16) Monate gesäugt und auch von anderen Weibchen als der Mutter betreut. Die Geburtsintervalle betragen meisten etwa 2 Jahre, können aber auch kürzer sein Männchen werden mit 5, Weibchen mit 4 Jahren geschlechtsreif [7; 9]. Gefährdung und SchutzAls Folge starker Bejagung sowie Lebensraumverlust und -fragmentierung durch Waldrodungen für Kaffee-, Kautschuk- und Cashewbaum-Pflanzungen gilt der Rotschenkel-Kleideraffe seit 2000, letztmals überprüft 2015 als stark gefährdet (Rote Liste: ENDANGERED). Dasselbe trifft zu für den Grauschenkel-Kleideraffen zu, und der Schwarzschenkel-Kleideraffe ist unmittelbar vom Aussterben bedroht [4]. Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt. Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):
Bedeutung für den MenschenKleideraffen werden zur Fleischgewinnung für den Eigenbedarf oder lokale Märkte sowie zur Gewinnung von Körperteilen für die Zwecke der traditionellen orientalischen Medizin bejagt. Jungtiere werden als Heimtiere gefangen [4]. Von 2001-2019 genehmigte Laos lebende 6 Wildfänge zur Ausfuhr nach China. Im selben Zeitraum wurden weltweit Exporte von 11 Nachzuchttieren aus Thailand und von 4 aus anderen Ländern erfasst. Daneben gab es Verkehr mit Wissenschaftsmaterial [3]. HaltungKleideraffen können im Zoo ein Alter von 25 Jahren erreichen [7]. Von 1967-71 gelangten 96 Wildfänge in 20 Zoos in Europa, Japan und Nordamerika, von 1972-78 nochmals 35. Viele dieser Tiere starben kurz nach der Einfuhr. Bis 1985 überlebten nur 7 Stück. Die Welterstzucht gelang dem Zoo Memphis (TN) am 23. Juni 1969. Die ursprünglichen Zuchtgruppen bestanden meistens aus einem Wildfang-Männchen und 2-3 Weibchen. Ab 1979 besserte sich die Überlebensrate der Zoonachzuchten deutlich. Bis 1985 kam es in 5 Zoos zu Zuchten in zweiter, in einem in dritter Generation. Ein Problem bei der Haltung von Kleideraffen liegt darin, dass es schwierig ist, neue Tiere in eine bestehende Gruppe einzuführen. Nachzuchten sollten deshalb im Alter von 3.5 bis 4 Jahren aus der Stammgruppe entfernt und zu neuen Zuchtgruppen zusammengestellt werden [6]. Das seit 1976 bestehende, von der Douc Langur Foundation in San Diego geführte Internationale Zuchtbuch registrierte für das Jahr 2013 total 72 lebende Tiere in 8 Institutionen [IZY 49]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art war auch in der Vergangenheit stets selten in europäischen Zoos anzutreffen, obwohl verschiedene Zoos Zuchterfolge zu verzeichnen hatten. Die europäische Erstzucht glückte 1969 im Frankfurter Zoo, zwei Jahre nachdem dieser ein Paar importiert hatte. Der Kölner Zoo, der die Art von 1968-2019 hielt, konnte ab 1970 regelmäßig Nachwuchs melden. 1972 registrierte der Zoo Basel, wo die Art von 1969-2000 zu sehen war, die schweizerische Erstzucht. Ein Jahr später gab es auch in der Wilhelma erstmals Nachwuchs. Gegenwärtig (2024) werden Rotschenklige Kleideraffen in nur zwei europäischen Zoos gehalten. Die Ausgangstiere sind Nachzuchten aus Thailand und haben in beiden Zoos bereits gezüchtet [6; 8; 11]. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung einer "sozial intakten Gruppe" von bis zu 5 erwachsenen Hulmans ein Außengehege von 40 m² und ein Innengehege von 30 m² bei jeweils 3.50 m Höhe gefordert und für jedes zusätzliche Adulttier außen und innen je 2m² Fläche mehr. Dies ist eine Erhöhung des Raumangebots auf beinahe das Doppelte gegenüber dem Gutachten’96, für die es keine Begründung gibt. Die Tierschutzsachverständigen der Zoos schlugen im Differenzprotokoll vor, dass für 5 Tiere ein Außengehege von 30 m² und ein Innengehege von 20 m² bei jeweils 3 m Höhe und für jedes weitere Tier außen 2 m², innen 1.5 m² mehr Fläche angeboten werden sollte. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 5 Kleideraffen ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von je 25 m² bei 3 m Höhe und für jedes weitere Tier 4 m² Fläche zusätzlich vor. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in Familiengruppen erfolgen und es ist für 5 Adulttiere ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von 100 m² bei 5 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche der Geheges um jeweils 10 m² zu erweitern. Taxonomie und NomenklaturDer Rotschenkel-Kleideraffe wurde 1771 von Carl von LINNÉ als "Simia nemaeus" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1812 führte Étienne GEOFFROY SAINT-HILAIRE, der Gründer des ersten bürgerlichen Zoos, der Ménagerie im Jardin des Plantes von Paris, für ihn den Gattungsnamen Pygathrix ein. Zeitweilig wurde der 1971 beschriebene Schwarzschenkel-Kleideraffe (Pygathrix nigripes) als Unterart von nemaeus geführt, und der Grauschenkel-Kleideraffe wurde 1997 als Unterart (P. nemaeus cinereus) erstmals beschrieben. Nach aktueller Taxonomie werden die drei Formen als monotypische Arten behandelt, obwohl sie in den Grenzgebieten ihrer Verbreitung hybridisieren, also im biologischen Sinn keine Arten sind. In der ursprünglichen Standardreferenz von CITES wurden die Arten der Gattung Rhinopithecus ebenfalls zu Pygathrix gezählt [5; 9; 10]. |
Literatur und Internetquellen
- BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
- CITES IDENTIFICATION MANUAL
- CITES TRADE DATA BASE
- COUDRAT, C.N.Z. et al. (2020). Pygathrix nemaeus. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T39826A17941247. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T39826A17941247.en . Downloaded on 21 February 2021.
- HONACKI, J.H., KINMAN, K.E. & KOEPPL, J.W. (1982)
- LIPPOLD, L. (1989)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- RÜMPLER, U. (1998)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- ZOOPARC DE BEAUVAL - Pressemiiteilungen vom 7. und 21. Januar 2021