Nördliches Spitzhörnchen (Tupaia belangeri) in der Wilhelma Stuttgart
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Klasse: Säugetiere (MAMMALIA)
Unterklasse: Höhere Säugetiere (EUTHERIA)
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Klade: EUARCHONTES
Ordnung:
Spitzhörnchen
Scandentia • The Treeshrews • Les toupayes
- Artenspektrum und innere Systematik
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Haltung im Zoo
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Spitzhörnchen sind mit den Primaten verwandte, zumeist baumbewohnende Kleinsäugetiere, die Eichhörnchen oder Ratten ähneln, aber eine länger ausgezogene, spitze Schnauze mit nacktem Nasenspiegel haben. Artenspektrum und innere SystematikDie Spitzhörnchenverwandtschaft wird je nach Autor in zwei Familien, die Buschschwanztupaias (Tupaiidae) und die Federschwanztupaias (Ptilocercidae) unterteilt oder als eine Familie (Tupaiidae) mit zwei Unterfamiien (Tupaiinae und Ptilocercinae) angesehen. Die Buschschwanztupaias zählen 4 Gattungen mit heute 22 (2005 noch 19) Arten, die Federschwanztupaias nur eine Gattung mit einer Art. Von den insgesamt 23 Arten gelten eine als stark gefährdet (ENDANGERED) und eine als gefährdet (VULNERABLE), 16 als nicht gefährdet (LEAST CONCERN) und 5 konnten aufgrund ungenügender Daten nicht eingestuft werden [3; 5; 9; 10]. Körperbau und KörperfunktionenDie Gestalt der Spitzhörnchen erinnert an jene von Baumhörnchen. Ihre Augen sind groß, die Ohrmuscheln häutig und groß, der Nasenspiegel nackt, das Riechhirn ist verhältnismäßig klein. Auf die Verwandtschaft mit den Primaten weist der geschlossene Knochenring um das Auge hin. Ebenso wie bei den Halbaffen ist die Unterzunge elastisch und zum Teil knorpelig. Das Gebiss besteht aus 38 Zähnen. Es ist ein Blinddarm vorhanden. Die Hinterbeine sind etwas länger als die vorderen. An allen Füßen befinden sich je 5 mit Krallen bewehrte Zehen. Die Weibchen haben 1-3 Paar Zitzen, die Männchen einen Penisknochen [5; 11]. Ein Weibchen kann jährlich bis zu siebenmal Junge zur Welt bringen. Ein Wurf besteht aus 1-4, meist 2 Jungen. Diese sind Nesthocker. Wirbellose und kleine Wirbeltiere machen etwa zwei Drittel der aufgenommenen Nahrung aus, Samen und Früchte etwa ein Drittel [7]. Bei den Buschschwanztupaias variiert die Kopf-Rumpflänge je nach Art von 100-240 mm, der Schwanz ist 90-215 mm lang, bei den Arten der Gattungen Anathana und Tupaia ist er buschig behaart, bei Dendrogale glatter und bei Urogale eher spärlich. Das Körpergewicht liegt zwischen 30 g beim Günther-Spitzhörnchen (Tupaia minor) und 350 g beim Philippinen-Spitzhörnchen (Urogale everetti). Buschschwanztupaias sind tagaktiv. Es gibt Boden bewohnende, semiterrestrische und auf Bäumen lebende Arten [1]. Die einzige Art der Federschwanz-Tupaias (Ptilocercus lowii) wurde 1848 von John Edward GRAY, einem Mitglied der Londoner zoologischen Gesellschaft anhand eines Exemplars beschrieben, das vom britischen Kolonialbeamten Hugh LOW im Palast des Radschas von Sarawak gefangen worden war [2]. Die Tiere haben eine Kopf-Rumpflänge von 124-150 mm und eine Schwanzlänge von 160-202 mm [6]. Charakteristisch ist der beschuppte Schwanz der im letzten Drittel zwei gegenständige Reihen langer, steifer Haare trägt [2; 5; 6]. Die Weibchen haben zwei Paar Zitzen, die Männchen ein auffälliges, kugeliges Scrotum [1]. VerbreitungDie Verbreitung der Spitzhörnchen ist auf die Orientalische Region, also Süd- und Südostasien beschränkt. Haltung im ZooAls lebhafte, tagaktive Tiere sind Tupaias für die Präsentation in Zoos gut geeignet. Thematisch passen sie in Ausstellungen über den südostasiatischen Regenwald, wo sie sich z. B. mit Kantschilen, Waldschildkröten und verschiedenen Vogelarten vergesellschften lassen [5]. In Verbindung mit Orang Utans oder Gibbons können sie auch genutzt werden, um über die Evolution der Primaten zu informieren. Das Nördliche Spitzhörnchen (Tupaia belangeri) wird als Labortier gezüchtet und ist regelmäßig in einer eher geringen Zahl europäischer Zoos (weniger als 50) zu sehen. Auch das Gewöhnliche Spitzhörnchen (Tupaia glis) wurde in der Vergangenheit öfter gehalten, ist heute aber aus den Zoos verschwunden. Alle anderen Arten sind oder waren, wenn überhaupt, nur sporadisch anzutreffen [7; 12]. Taxonomie und NomenklaturIm 19. Jahrhundert wurden die Spitzhörnchen den Insectivora zugeordnet, danach stritten sich die Experten, ob sie nun zu den Insektenfressern gehörten, eine eigene, den Insektenfressern nahestehende Ordnung bildeten oder als eine Halbaffen-Überfamilie den Primaten zuzuordnen seien. Die letztgenannte Meinung wurde von dem amerikanischen Palaeontologen und Zoologen George Gaylord SIMPSON in seinem grundlegenden Werk über die Taxonomie der Säugetiere vertreten [8] und z.B. in GRZIMEKs TIERLEBEN [5] oder im CITES-Erkennungshandbuch [1] übernommen. Aufgrund molekularbiologischer Untersuchungen wurde in jüngerer Zeit angenommen, dass die Spitzhörnchen bereits vor etwa 63 Millionen Jahren entstanden seien [4] und daher als eigene Ordnung Scandentia zu betrachten seien, die mit ihren nächsten Verwandten, den Pelzflatterern (Dermoptera) und den Primaten in die Überordnung bzw. das „Taxon ohne Rang“ Euarchontes gehörten. |
Literatur und Internetquellen
- CITES IDENTIFICATION MANUAL
- GRAY, J. E. (1848)
- IUCN Red List of Threatened Species. Version 2024-1. Downloaded on 1 October 20243.
- JANEČKA, J. E., MILLER, W., PRINGLE, T. H. et al. (2007)
- KOLAR, K. (1970). In GRZIMEKs TIERLEBEN
- PAYNE, J., FRANCIS, C. M. & PHILLIPS, K. (1985)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- SIMPSON, G. G. (1945)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- ZISWILER, V. (1976)
- ZOOTIERLISTE