Ohrengeier (Torgos tracheliotus) im Zoo Antwerpen
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Ordnung: Greifvögel (ACCIPITRIFORMES)
Unterordnung: Habichtartige und Fischadler (ACCIPITRES)
Familie: Habichtartige (Accipitridae)
Unterfamilie: Altweltgeier (Aegypiinae)
Ohrengeier
Torgos tracheliotos • The Lappet-faced Vulture • Le vautour oricou
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
Weitere Bilder auf BioLib.czStimme auf XENO-CANTO |
Der stark gefährdete Ohrengeier ist als größter Altweltgeier ein eindrückliche Gestalt. Er eignet sich daher gut als Botschafter für den Geierschutz, der auch mittelbare Maßnahmen wie ein Verbot des Verbringens toxischer Substanzen in die Umwelt beinhalten muss. Bei Gemeinschaftshaltung mit anderen Geiern kann auf die Aufgabenteilung zwischen den einzelnen Arten bei der Kadaverbeseitigung eingegangen werden. Körperbau und KörperfunktionenDer Ohrengeier ist mit einem mittleren Gewicht von 6'780 (5'400-9'400) g, einer Gesamtlänge von etwa 115 (102-120) cm und einer Flügelspannweite von ca. 280 cm der größte Altweltgeier. Seim Gefieder ist bis auf die weißen Hosen dunkelbraun. Die bei den erwachsenen Vögeln nackte, stark faltige Haut an Kopf und Hals ist rot. Der sehr große, kräftige Schnabel ist an den Seiten gelblich, die Iris ist dunkelbraun, Wachshaut, Läufe und Zehen sind blaugrau [2; 3; 6; 7; 8; 9]. VerbreitungAfrika und Arabische Halbinsel: Der Ohrengeier brütet in Ägypten, Botswana, Burkina Faso, Jemen, Kenia, Kongo Dem., Malawi, Mali, Mauretanien, Mosambik, Namibia, Niger, Oman, Ruanda, Sambia, Saudi-Arabien, Senegal, Simbabwe, Somalia, Sudan, Südafrika, Südsudan, Swasiland, Tansania, Tschad, Uganda, den Vereinigten Arabischen Emiraten und möglicherweise Libyen. Nicht-brütend kommt er in einigen weiteren afrikanischen Ländern vor. In Algerien, Marokko, Tunesien und vermutlich der West-Sahara ist er ausgestorben, ebenso in Israel, Palästina und Jordanien [1]. Lebensraum und LebensweiseOhrengeier kommen in Ebenen und im Gebirge vor. Sie besiedeln aride Lebensräume von Trockensavannen bis Wüsten, Waldränder und die afro-alpine Vegetationszone bis auf eine Höhe von 3'500-4'000 m. Sie haben große Streifgebiete, in denen sie auf Nahrungssuche gehen, die Flächenangaben liegen zwischen 8 und 150 km². Die Nahrung besteht hauptsächlich aus Aas, es werden aber auch Fische, kleinere Reptilien, Vögel und Säugetiere gefangen. Die Nester werden einzeln in einer Baumkrone gebaut, vorzugsweise auf Akazien. Sie haben einen Durchmesser bis zu 2 m. Das Gelege besteht aus nur einem 93x71 mm großen Ei, selten 2. Die Nestlingszeit dauert 125-135 Tage. Mit 0.4 Küken pro Paar ist die Aufzuchtrate gering [1; 6; 7; 8; 9]. Gefährdung und SchutzDer Ohrengeier hat einen kleinen Bestand von vermutlich weniger als 8'000 Individuen, der wegen des Auslegens von Giftködern oder direkter Verfolgung sowie Veränderungen seines Lebensraums schnell abnimmt. Er wurde daher im Jahr 2000 als gefährdet und ab 2015 als stark gefährdet eingestuft [1]. Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt. Die Art fällt unter Anhang 2 des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten (CMS). Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):
Bedeutung für den MenschenWie andere Geier auch spielt der Ohrengeier durch die Beseitigung von Kadavern eine nützliche Rolle als Gesundheitspolizist. Gebietsweise wird er für kulturelle oder volksmedizinische Zwecke oder für den Kochtopf getötet [1]. Der internationale Handel ist unbedeutend. Von 2001-2016 wurde weltweit die Ausfuhr von nur 48 Wildfängen und 2 Nachzuchten registriert [4]. Haltung im ZooIn ausreichend großen Volieren mit genügend Rückzugsmöglichkeiten ist eine Vergesellschaftung mit Neuwelt- und anderen Altweltgeiern, mit Steppenadlern und Milanen möglich, so z.B. im Zoo Schmiding, dem 2015 erstmals die Zucht gelang. Die Welterstzucht war dem Universitätszoo Tel Aviv im Jahr 1985 geglückt. Als Höchstalter werden 29 Jahre und 10 Monate angegeben, erreicht von einem Vogel im Zoo Basel [8]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in nur sehr wenigen europäischen Zoos gehalten. Im Nahen Osten halten einige der EAZA angeschlossene Einrichtungen die Unterart T. t. negevensis. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: 1995 veröffentlichte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMELF) Mindestanforderungen an die Haltung von Greifvögeln und Eulen. Diese werden gegenwärtig (November 2024) überarbeitet und sollen als Leitlinien zur Haltung von Greifvögeln (Accipitriformes, Falconiformes) und Eulen (Strigiformes) neu herausgegeben werden. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 1-2 große Geier eine Voliere mit einer Grundfläche von 60 m² und einem Volumen von 240 m³ vor. Für jeden weiteren adulten Vogel ist die Grundfläche um 15 m² zu vergrößern. Die Vorgängerverordnung sah halb so große Dimensionen vor. Die Erhöhung erfolgte ohne Angabe von Gründen. Für Schauflüge eingesetzte Vögel dürfen nur im nicht öffentlich zugänglichen Bereich der Tierhaltung an der Fessel gehalten werden. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für die Haltung von 1-2 Ohrengeiern eine Voliere mit einer Grundfläche von 60 m² bei 3 m Höhe sowie ein ungeheizter Schutzraum erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 15 m² zu erweitern. Für die falknerische Haltung gelten besondere Anforderungen. Taxonomie und NomenklaturDer Ohrengeier wurde 1791 von dem an der Universität Halle tätigen Zoologen Johann Reinhold FORSTER als "Vultur Tracheliotos" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Bei BREHM wird er Vultur auricularis genannt. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Torgos wurde 1828 vom Darmstädter Naturforscher Johann Jakob von KAUP eingeführt. Die Schreibweise "tracheliotus" beruht auf einem Irrtum. Es werden drei Unterarten anerkannt [2; 5; 6]. |
Literatur und Internetquellen
- BIRDLIFE INTERNATIONAL (2021). Torgos tracheliotos. The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T22695238A205352949. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-3.RLTS.T22695238A205352949.en. Accessed on 16 June 2023.
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- CITES IDENTIFICATION MANUAL
- CITES TRADE DATA BASE
- DEL HOYO, J., COLLAR, N., CHRISTIE, D.A., ELLIOTT, A. & FISHPOOL L.D.C. (2014)
- DEL HOYO, J., ELLIOTT, A. & SARGATAL, J., eds. (1999)
- GINN, P.J., McILLERON, W.G. & MILSTEIN, P. le S. (1999)
- GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)