Tordalk (Alca torda) in Hagenbecks Tierpark
© Klaus Rudloff, Berlin
Ordnung: Wat- und Strandvögel (CHARADRIIFORMES)
Unterordnung: Alkenverwandte (ALCAE)
Familie: Alken (Alcidae)
Tordalk
Alca torda • The Razorbill • Le petit pingouin
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Der Riesenalk (Pinguinus impennis) †
- Literatur und Internetquellen
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Der Tordalk ist der nächste Verwandte des 1852 ausgestorbenen Riesenalks, des flugunfähigen "Pinguins" des Nordens, und daher von einem gewissen zoopädagogischen Interesse. Die Art ist für das Publikum zweifellos von Interesse, wenn auch nicht so ansprechend wie der Papageitaucher. Als charakteristischer Bewohner des offenen Meeres und von Steilküsten ist eine naturalistische Präsentation zudem ziemlich aufwändig, was zu Folge hat, dass die Art nicht häufig in Zoos gezeigt wird. Körperbau und KörperfunktionenTordalken erreichen eine Gesamtlänge von 27-29(-48) cm, eine Flügelspannweite von 63-66 cm und ein Gewicht von etwa 700 (520-890) g. Im Prachtkleid ist das Gefieder oben und am Vorderhals schwarz; eine schmale Binde reicht vom Schnabel bis zum Auge, ein Spitzensaum an den Schwungfedern zweiter Ordnung, die Brust und der Bauch sind weiß. Im Winterkleid zeigt sich die weiße Färbung auch am Vorderhalse und den Kopfseiten; im Jugendkleid sind die Farben unreiner. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel, mit Ausnahme eines weißen Querbandes, schwarz, der Fuß ebenfalls schwarz [2; 4; 6]. VerbreitungNordatlantik mit Rand- und z.T. Nebenmeeren, Nordpolarmeer: An Küsten und auf dem offenen Meer bis Marokko bzw. New York. Brutvogel in Dänemark, Deutschland (Helgoland), Estland, Färöer, Finnland, Frankreich, Grönland, Irland, Island, Kanada, Norwegen, Russland, Saint Pierre und Miquelon, Schweden, Svalbard und Jan Mayen, USA, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten. Als Irrgast in weiteren Ländern [1]. Lebensraum und LebensweiseTordalke leben an felsigen Meeresküsten, brüten auf Klippenvorsprüngen und unter Felsbrocken an niedrigen Küstengewässern mit einer Oberflächentemperatur von unter 15°C. Sie sind Verfolgungstaucher, die sich mittels ihrer Flügel durch das Wasser fortbewegen. Sie können bis zu 120 m tief tauchen, suchen aber meist näher an der Oberfläche nach Nahrung. Zu ihrer Beute gehören Krill, Sprotten (Sprattus sprattus), Heringe (Clupea harengus), Sandaale (Ammodytes spp.), Lodden (Mallotus villosus) und junge Dorsche oder Seeskorpione (Myxocephalus scorpius). Die Vögel verbringen den größten Teil ihres Lebens auf See, oft gemeinsam mit Trottellummen und kommen nur zur Fortpflanzung an Land. Sie überwintern hauptsächlich in der borealen Wasserzone beiderseits des Atlantiks. Die größten Konzentrationen finden sich innerhalb von 10 km von der Küste, aber es sind auch Sichtungen bekannt, die 700 km vom Land entfernt sind [1; 4]. Tordalken sind ihrem Partner und ihrem Brutplatz über Jahre treu. Die Brutzeit beginnt regional unterschiedlich von Anfang Mai bis Ende Juni. Es wird nur ein einziges, etwa 60 g schweres, geflecktes Ei gelegt, das abwechselnd von beiden Partnern während 35-37 Tage bebrütet wird. Das Junge bleibt 17-19 Tage im Nest, wo es von beiden Eltern gefüttert wird. Danach wird es drei weitere Wochen von den Eltern auf See betreut. Tordalke brüten mit 4-5 Jahren zum ersten Mal [4]. Gefährdung und SchutzAb 2004 galt der Tordalk als nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN), ab 2015 als potenziell gefährdet (NEAR THREATENED) und seit 2021 wieder als nicht gefährdet. Die Bestände schwanken stark. Der mittlere europäische Brutvogelbestand wird auf etwa 750'000 Individuen geschätzt. Nebst der Entnahme von Vögeln und Eiern zu Speisezwecken drohen Gefahren durch Meeresverschmutzungen und Verfangen in Fischereinetzen. Die größten Brutvorkommen befinden sich in Island, dem Vereinigten Königreich und Schweden [1]. Vorkommen in Mitteleuropa: Die einzige Brutkolonie Deutschlands befindet sich auf Helgoland, Es handelt sich um etwa 60-70 Brutpaare. Selten verirren sich Vögel ins Inland, so gibt es einen Nachweis aus dem Vorarlberger Rheindelta [1; 7]. Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Die Art fällt unter Anhang III des Berner Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume. Bedeutung für den MenschenDer Tordalk wird zur Fleisch- und Eiergewinnung genutzt. Pro Jahr werden bis zu 200'000 Vögel getötet [1]. HaltungEine Vergesellschaftung mit anderen Seevögeln ist möglich und wird normalerweise praktiziert, z. B. mit Trottellummen und Papageientauchern. Großmöwen und Basstölpel sind weniger geeignet. Es wird empfohlen, die Vögel in Gruppen von mindestens 20 Individuen pro Art in Volieren von 300-400 m² Grundfläche zu halten, die etwa doppelt so lang wie breit sind. Die Wasserfläche soll zwischen 50 und 90% der Grundfläche ausmachen, Die Rückseite soll als Felswand aus Natursteinen oder Kunstfelsen gestaltet werden und geeignete, vor Regen geschützte Nistmöglichkeiten aufweisen [5]. Das Höchstalter im Zoo wird mit 20 Jahren und 6 Monaten angegeben [5]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird nur in zwei Zoos gezeigt. Für Details siehe Zootierliste. Nach Regional Collection Plan der EAZA soll die Art nicht angeschafft bzw. aufgegeben und ersetzt werden. Wodurch wird allerdings nicht mitgeteilt. Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es keine konkreten Mindestanforderungen an Gehege für Alkenvögel. Taxonomie und NomenklaturDer Tordalk wurde 1758 von Carl von LINNÉ unter seinem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben. Es werden zwei Unterarten anerkannt [3; 4]:
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Der mit dem Tordalk nahe verwandte Riesenalk (Pinguinus impennis) ist eine von insgesamt 159 Vogelarten, die in der Roten Liste der IUCN als seit dem Jahr 1600 ausgestorben aufgeführt werden. Andere bekannte Beispiele sind die Dronte (Raphus cucullatus), die Wandertaube (Ectopistes migratorius) oder der Karolinasittich (Conuropsis carolinensis). Der etwa 75 cm lange und mit Stummelflügeln von 16-18 cm Länge ausgestattete Riesenalk war der einzige flugunfähige Vogel Europas und ist die einzige Art der Familie, die in historischer Zeit ausstarb bzw. ausgerottet wurde. Im Gegensatz zu den Pinguinen und zum Tordalk benutzte er zum Schwimmen nur seine dreizehigen Füße, mit typischen entenähnlichen Bewegungen An Land konnte er nur mühsam und in kleinen Schritten gehen. Dabei hielt er den Körper fast senkrecht und balancierte mit den Flügeln. Allerdings gingen die Vögel praktisch nur während der Brutzeit im Mai und Juni an Land, wenn das einzige Ei an einer offenen Felskante über dem Meer, vermutlich abwechselnd von beiden Partnern, bebrütet wurde. Der Ausrottungsprozess begann bereits im Mittelalter an der europäischen Küste und endete im 19. Jahrhundert vor Island. Die Vögel wurden zur Gewinnung von Fleisch, Daunen, Tran und der als Brennstoff verwendeten, fetthaltigen Knochen, gegen Ende auch als Sammlungsexemplare, in Steineinhegungen oder über Planken in Boote getrieben und dort in großer Zahl erschlagen oder erwürgt. Am 3. Juni 1844 wurden auf der Insel Eldey vor Island die letzten beiden brütenden Exemplare von zwei isländischen Fischern getötet [6; 12]. BREHM zitiert dazu einen Bericht des englischen Ornithologen Alfred NEWTON: "Drei Mann stiegen aus, ein vierter lehnte ab, so gefährlich schien die Landung zu sein. Jene sahen zwei Riesenalken unter den zahllosen anderen Bergvögeln sitzen und begannen sofort die Jagd auf dieselben. Die Riesenalken zeigten nicht die geringste Neigung, den Angreifern Widerstand zu leisten, sondern liefen sofort unter der steilen Klippe entlang, ohne laut zu werden, ihre Köpfe vorstreckend und ihre Flügel etwas ausbreitend. Trotz ihrer kurzen Schritte bewegten sie sich ungefähr so schnell vorwärts, als ein Mann hier gehen konnte. Jon trieb mit ausgestreckten Armen einen in eine Ecke und ergriff ihn hier; Sigurdr und Ketil, die anderen Fänger, verfolgten den zweiten, und der erstere packte ihn dicht am Rande des Felsens. Ketil kehrte darauf zu der Abdachung zurück, von welcher die Vögel aufgestört worden waren, und sah ein Ei auf einem Lavablock liegen, welches er als das des Riesenalkes erkannte. Er nahm es auf, warf es aber, da er es zerbrochen fand, wieder weg. Ob noch ein zweites Ei vorhanden war oder nicht, bleibt fraglich. Alles dies ereignete sich in weit weniger Zeit, als zur Erzählung nöthig ist; die Männer hatten auch keine Zeit zu verlieren, denn der Wind erhob sich, und die Brandung nahm zu. Beide Vögel wurden erwürgt und für ungefähr einhundertundachtzig Mark unseres Geldes verkauft [2]." Die Bälge wurden an einen dänischen Sammler verkauft, laut BREHM befanden sie sich zu seiner Zeit im Naturhistorischen Museum Kopenhagen, der des Männchens befindet sich heute als Dermoplastik im belgischen Museum für Naturwissenschaften in Brüssel, der des Weibchens ist verschollen. Die letzte verlässliche Sichtung eines Riesenalks datiert aus dem Jahr 1852 [2; 6; 8]. Heute finden sich nur noch rund 80 Stopfpräparate des Riesenalkes, verteilt über die Naturmuseen der ganzen Welt. Drei davon befinden sich in der Schweiz, nämlich in Lausanne, Neuenburg und Aarau. Das Aarauer Exemplar wurde um 1840 vom nachmaligen Bundesrat FREY-HEROSÉ um 1840 von einem Herrn Michahelles zum Preis von 80 Gulden. Dieser Vogel stammte ziemlich sicher von Island, vielleicht sogar von der Felsinsel Eldey. Etwa im Jahr 1865 soll FREY-HEROSÉ dann das Riesenalk-Präparat dem Museum Aarau vermacht haben [11]. In Deutschland sind Dermoplastiken in den Naturkundemuseen von Berlin, Bonn, Braunschweig, Bremen, Darmstadt, Dresden, Frankfurt am Main, Gießen, Gotha, Göttingen, Hannover, Kiel, Köthen, Leipzig, München, Oldenburg, Stuttgart und Wittenberg anzutreffen. |
Literatur und Internetquellen
- BIRDLIFE INTERNATIONAL (2021). Alca torda. The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T22694852A206142333. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-3.RLTS.T22694852A206142333.en. Accessed on 16 February 2022.
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- DEL HOYO, J., COLLAR, N., CHRISTIE, D.A., ELLIOTT, A. & FISHPOOL L.D.C. (2014)
- DEL HOYO, J., ELLIOTT, A. et al. (eds., 1992-2013)
- GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- MAUMARY, L. , VALLOTTON, L. & KNAUS P. (2007)
- CINCINNATI CITY MUSEUM
- NATIONAL AUDUBON SOCIETY
- NETZWERK KRYPTOZOOLOGIE
- FOELIX, R. F. (1996) Seltsamem Vögel im Aargauischen Naturmuseum. Aarauer Neujahrsblätter 70: 52-59.
- FULLER, E. (1987)