Venezuela-Amazonen (Amazona amazonica) im Umgeni River Birdpark
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Klasse: Vögel (AVES)
Unterklasse: Neukiefervögel (NEOGNSTHAE)
Klade: Landvögel (TELLURAVES)
Klade: AUSTRALAVES
Ordnung: Papageienvögel (PSITTACIFORMES)
Papageienvögel
Psittaciformes • The Parrots • Les perroquets
- Artenspektrum und innere Systematik
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Gefährdung und Schutz
- Haltung im Zoo
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die Papageienvögel (PSITTACIFORMES) sind eine umfangreiche Ordnung von gegenwärtig rund 400 noch lebenden Arten. Wie nicht anders zu erwarten, gab und gibt es auch hier unterschiedliche Vorstellungen über die innere Gliederung der Ordnung. Wir orientieren uns diesbezüglich am "HANDBOOK", wobei aus Gründen der Übersichtlichkeit sich jeweils mehrere artenärmere Taxa eine Unterkategorie teilen, wärenddem die zahlenstarken südamerikanischen Papageien und Sittiche auf zwei Unterkategorien verteilt wurden. Artenspektrum und innere SystematikDie Ordnung wird schon seit längerer Zeit in 2 Familien unterteilt, die Kakadus (Cacatuidae) und die Echten Papageien (Psittacidae). Aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen aus dem Jahr 2008 wurden auch die Neuseeland-Papageien (Strigopidae) als eigene Familie abgetrennt. 2012 wurde eine neue Taxonomie vorgeschlagen, nach welcher die Ordnung in 3 Überfamilien, 6 Familien und 4 von diesen in 12 Unterfamilien aufgeteilt wird. Diese wurde aber weder in der Checkliste von DEL HOYO (2014) noch bislang im Rahmen der Roten Liste der IUCN oder der CITES-Anhänge übernommen. Die CITES-Checkliste von 1985 weist für die Ordnung 329 verschiedene Arten aus. Die Checkliste von 2014 kommt durch Aufsplitten auf 415 und die aktuelle Rote Liste der IUCN auf 421 Arten. Im HANDBOOK OF THE BIRDS OF THE WORLD (1997), an dem wir uns hier im Wesentlichen orientieren, sind es 359 Arten in 84 Gattungen. Die Kakadus werden in 3 Unterfamilien aufgeteilt, die Echten Papageien in 2, die Loris (Loriinae) und die Eigentlichen Papageien (Psittacinae). Die Unterfamilie der Psittacinae bildet den Hauptharst der Ordnung. Ihre 279 Arten werden auf 9 Tribus verteilt [3; 4; 5; 8; 9; 11; 12]. Körperbau und KörperfunktionenDie Gesamtlänge der Papageien bewegt sich zwischen 10 und 100 cm. Die Vögel besitzen einen im Verhältnis zum Körper sehr großen Kopf mit einem stark gekrümmten, scharfkantigen Schnabel, dessen oberer Teil mit der Schädelkapsel beweglich verbunden und an der Wurzel von einer Wachshaut umgeben ist. An der Unterseite der Schnabelspitze weist er hornige Querrinnen, sogenannte "Feilkerben" auf, die dem Schärfen der Spitze des Unterschnabels und dem Zerkleinern von Nahrung dienen. Der Unterschnabel ist schlittenartig über die Unterkieferäste beweglich. Die Zunge ist variabel, bei den Körner- und Nussfressern als Klöppelzunge, bei den Saftleckern als Pinselzunge ausgebildet. Der Kropf ist groß, der Muskelmagen meist gut ausgebildet, Blinddärme sind nicht vorhanden [1; 7; 10; 14]. Papageienvögel haben 14 Halswirbel. Der Laufknochen ist kurz, der Fuß ist auch Greiforgan dadurch, dass die 1. und 4. Zehe nach hinten, die beiden mittleren nach vorne gerichtet sind [1; 14]. Das Gefieder ist bei den meisten Arten bunt, im Grundton häufig grün. Bis auf den Eulenpapagei (Strigops habroptilus) haben alle Arten 10 Handschwingen. Die Länge der - außer beim Bergzierlori (Oreopsittacus arfaki) - stets 12 Steuerfedern des Schwanzes ist sehr variabel. Die Bürzeldrüse fehlt oder ist nur schwach entwickelt. Stattdessen haben die Papageien Puderdunen, spezielle Federn deren Spitze ständig zu feinem Staub zerfällt. Dieser Staub bedeckt die Konturfedern und macht so das Gefieder wasserabweisend. Er ist besonders augenfällig beim Graupapagei (Psittacus erithacus) und der Mülleramazone (Amazona farinosa) [7; 14]. Mit wenigen Ausnahmen sind Psittaziden tagaktiv. Während der Brutzeit leben sie entweder in territorialen Paaren oder in Kolonien, selten in Paaren mit Helfervögeln. Während des übrigen Jahres bilden manche Arten große Schwärme, die gemeinsam auf Nahrungssuche gehen. Die Nahrung besteht vor allem aus pflanzlicher Kost wie Samen, Nüssen, Früchten, Blüten, Nektar, Pollen, Blättern, Rinde, Wurzeln. Viele Arten nehmen auch tierisches Protein zu sich, hauptsächlich in Form von Insekten und deren Larven. Männliche und weibliche Tiere lassen sich oft visuell kaum unterscheiden, bei vielen Art sind die Unterschiede minim und manifestieren sich z.B. nur in einer unterschiedlichen Farbe der Iris. Bei manchen Arten gibt es aber auch einen sehr ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus. In der Regel sind die Vögel einehig. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind sie Höhlenbrüter, die überwiegend Baumhöhlen, seltener Erd- oder Felshöhlen nutzen. Die 1-10 Eier pro Gelege sind weiß. Es brütet meistens nur das Weibchen, die Jungen werden aber von beiden Eltern aus dem Kropf gefüttert [5; 7; 10]. Papageienvögel gehören nebst den Raben zu den Vögeln mit der höchsten Intelligenz. Sie haben ein gutes Gedächtnis und die Fähigkeit, Melodien, Tierstimmen, Wörter und kurze Sätze der menschlichen Sprache zu imitieren und sind zum Teil in der Lage ihre "Sprache" situationsbezogen einzusetzen. Allerdings sind nicht alle Arten gleich sprachbegabt. Zu den Meistern in dieser Beziehung gehören die Amazonen und Graupapageien [1; 10]. VerbreitungPsittaziden besiedeln unterschiedliche Ökoregionen der gemäßigten bis tropischen Kilmazonen der Erde. Mit Ausnahme Europas und der Antarktis kommen sie natürlicherweise auf allen Kontinenten vor und sind auf vielen größeren Inseln anzutreffen. Die Familie der Kakadus und die Unterfamilie der Loris sind auf Australasien beschränkt, die (Unter-)Familie der Nestorpapageien auf Neuseeland. In Europa gibt es namentlich in urbanen Gebieten Populationen verschiedener Papageienarten, die auf freigelassene oder entwichene Vögel unterschiedlicher Arten zurückgehen. Besonders weit verbreitet sind Halsband- (Psittacula krameri) und Mönchssittiche (Myiopsitta monachus) [5; 6; 10]. Gefährdung und SchutzVon den 421 Arten der Roten Liste der IUCN sind 16 seit dem Jahr 1600 ausgestorben, darunter der australische Paradiessittich (Psephotellus pulcherrimus), der am 14. September 1927 letztmals gesehen wurde, der nordamerikanische Karolinasittich (Conuropsis carolinensis), der in der Wildbahn 1910 letztmals beobachtet werden konnte und dessen letztes Exemplar 1918 im Cincinnati-Zoo starb, der Kuba-Ara (Ara tricolor), der 1885 ausgerottet wurde, oder der Norfolk-Kaka (Nestor productus), der im späten 19. Jahrhundert verschwand. Der Spix-Ara (Cyanopsitta spixii) wird als "Extinct in the Wild", also in der Natur ausgestorben geführt, wobei allerdings 2023 erstmals 52 Nachzuchtvögel wieder ausgewildert wurden. 24 Arten gelten als unmittelbar vom Aussterben bedroht, 29 Arten sind stark gefährdet, 55 Arten gefährdet und 53 Arten potenziell gefährdet [8; 15]. Mit Ausnahme des Rosenköpfchens (Agapornis roseicollis), des Wellensittichs (Melopsittacus undulatus), des Nymphensittichs (Nymphicus hollandicus) und des Halsbandsittichs (Psittacula krameri) fallen alle Arten unter das Washingtoner Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES). 55 Arten sind in Anhang I aufgeführt, alle übrigen in Anhang II. Der Feuerflügelsittich (Brotogeris pyrrhopterus) ist geschützt nach Anhang I, die Tucuman-Amazone (Amazona tucumana) nach Anhang II des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten (CMS). Haltung im ZooIn europäischen zoologischen Einrichtungen werden rund drei Viertel aller Psittazidenarten gehalten, etliche davon in mehreren Unterarten. Für Details siehe Zootierliste. Die relativ wenigen Arten aus gemäßigten Klimaten werden meist ganzjährig in Außenvolieren mit frostfreiem oder leicht temperiertem Schutzraum gehalten, tropische und subtropische Arten werden entweder ganzjährig in Innenanlagen gehalten, oder es werden ihnen Innen- und Außenvolieren zur Verfügung gestellt. Nach wie vor gibt es Großpapageien, die mit beschnittenen Schwungfedern auf Inseln oder sonstigen Freianlagen gehalten werden. Anbindehaltung auf Bügeln oder Haltung in konventionellen Pageienkäfig sind heute kaum noch anzutreffen [7]. Die Volieren sollten so groß sein, dass die Vögel fliegen können. Sie sollten mit Stämmen, Ästen, Wurzelstöcken, Felsbrocken, Nistkästen, Felsnischen entsprechend der jeweiligen Art zweckmäßig eingerichtet sein, bei manchen Arten ist auch eine Bepflanzung möglich. Stets sollte frisches Trinkwasser zur Verfügung stehen. Viele Arten haben ein starkes Bedürfnis zu Baden. Einzelhaltung sollte nur in begründeten Fällen praktiziert werden. Je nach Art ist eine Vergesellschaftung mit anderen Psittaziden möglich, wobei darauf geachtet werden sollte, dass es nicht zu Hybridzuchten kommt. Eine Haltung in begehbaren Volieren ist in vielen Fällen möglich und wird im Fall kleinerer Arten wie Sittichen oder Loris bisweilen mit der Gelegenheit praktiziert, die Vögel zu füttern. Oft werden sie mit anderen Vögeln oder Säugetieren vergesellschaftet [7]. Psittaziden sind sehr langlebig. Es gibt historische Angaben über Kakadus, die in Menschenobhut 120, ja sogar 136 Jahre, oder über eine Amazone, die 117 Jahre alt geworden sein sollen. Im Londoner Zoo starb 1958 ein Nasenkakadu (Cacatua tenuirostris) im Alter von 106 Jahren, ansonsten sind aus Zoos für Kakadus Alter zwischen 60 und 70 Jahren verbürgt, für eine Gelbscheitelamazone (Amazona ochrocephala) 56 Jahre, für einen Grünflügelara (Ara chloropterus) 50 Jahre. Kleinere Psittaziden sterben früher, Wellensittiche werden etwa 12 Jahre alt, Agaporniden können es auf gegen 20 Jahre bringen, und von einem Nymphensittich wird berichtet, dass er 35 Jahre alt geworden sein soll [2; 10; 12]. Mindestanforderungen an Gehege: 1995 veröffentlichte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMELF) Mindestanforderungen an die Haltung von Papageien. Die Schweizerische Tierschutzverordnung und die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs enthalten für alle Psittazidenarten geltende Detailvorschriften, die allerdings nicht durchwegs über alle Zweifel erhaben sind. Im Falle der Schweiz liegen die Mindestanforderungen für große Arten deutlich über jenen der Nachbarländer und sind für staatliche Minimalvorgaben eigentlich zu hoch. Andererseits erlaubt die Verordnung, in einem Käfig von 1 m² Grundfläche und 120 cm Höhe z. B. fünf Inkakakadus zu halten, was sicher nicht angängig ist. Taxonomie und NomenklaturDer älteste bekannte Papagei wurde in England entdeckt und Palaeopsittacus georgei benannt. Er stammt aus dem Unteren bis Mittleren Eozän, ist also etwa 40 Millionen Jahre alt. Der bisher älteste bekannte Kakadu (Cacatua sp.) lebte in Australien im frühen Miozän, d.h. vor etwa 20 Millionen Jahren [5]. Die Papageienvögel sind deutlich und ohne Übergänge von anderen Vogelordnungen abgegrenzt. In der traditionellen Taxonomie werden sie zwischen den Taubenvögeln (COLUMBIFORMES) und den Kuckucksvögeln (CUCULIFORMES) eingeordnet, in der neuen Checkliste stehen sie zwischen den Falken (FALCONIFORMES) und den Sperlingsvögeln (PASSERIFORMES) [4; 5; 10; 11; 13].
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Literatur und Internetquellen
- BOETTICHER, H. von (1957)
- BROUWER, K., JONES, M. L., KING, C. E. und SCHIFTER, H. (2000)
- CITES IDENTIFICATION MANUAL
- DEL HOYO, J., COLLAR, N., CHRISTIE, D.A., ELLIOTT, A. & FISHPOOL L.D.C. (2014)
- DEL HOYO, J., ELLIOTT, A. et al. (eds., 1992-2013)
- FORSHAW, J. M. & COOPER, W. T. (1981)
- GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
- IUCN REDLIST (2023)
- JOSEPH, L., TOON, A., SCHIRTZINGER, E. E. & WRIGHT, T. F. (2012)
- KOLAR, K. (1970). In GRZIMEKs TIERLEBEN
- MORONY, J.J., BOCK, W.J. & FARRAND, J. 1975
- STRUNDEN, H. (1984)
- WRIGHT, T. F., SCHIRTZINGER, E. E. et al. (2008)
- ZISWILER, V. (1976)
- FULLER, E. (1987)
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