Die Tuberkulose der Südamerikanischen Seelöwen (Otaria flavescens) – diagnostische Möglichkeiten und die epidemiologische Bedeutung für andere Säugetiere im zoologischen Garten.
Tuberculosis in South American sea lions (Otaria flavescens) – diagnostic options and its epidemiologic importance for other mammals within the zoological garden.
Vet. med. Dissertation
57 Seiten, 10 Abbildungen, 1 Tabelle, 3 Publikationen, 110 Literaturangaben
Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig
Betreuer: Prof. Dr. Klaus Eulenberger
Zoologischer Garten Heidelberg
Zusammenfassung:
Tuberkulose ist eine weit verbreitete Zoonose, die von säurefesten Bakterien aus dem Mycobacterium tuberculosis-komplex bei verschiedenen Säugetierspezies verursacht wird.Bei Robben wurde die Tuberkulose bei unterschiedlichen Seelöwen und Seebären imFreiland sowie in Menschenhand beschrieben.
Der verantwortliche Erreger, Mycobacterium pinnipedii, ist ein Teil desM. tuberculosis-komplex und Pathogenität wurde auch bei anderen Säugetieren, einschließlich des Menschen, nachgewiesen.
Seit dem Jahr 2000 ist die Tuberkulose im Bestand der Südamerikanischen Mähnenrobben(Otaria flavescens) des Heidelberger Zoos präsent. Der Transfer eines Schabrackentapirs(Tapirus indicus)in einen französischen zoologischen Garten führte zur Infektion andererTapire, welche letztendlich der Tuberkulose erlagen. Kulturelle Anzucht und Spoligotypisierung bestätigten den Ursprung der Krankheit, die Seelöwen des HeidelbergerZoos.
Eine Untersuchung des Heidelberger Seelöwenbestandes und darüber hinaus weitererSäugetierarten aus den umliegenden Gehegen zusätzlich zu einem in Heidelberg geborenen und zum Untersuchungszeitpunkt in Hamburg lebenden Seelöwen offenbarte zahlreiche Fälle von Robbentuberkulose.
In dieser Studie wurden verschiedene Diagnostikmethoden angewandt. Um diese durchzuführen, wurden alle Seelöwenmit Medetomidin (0.01 mg/kg), Midazolam (0.23mg/kg) und Butorphanol (0.08 mg/kg) via Blasrohr prämediziert. Die Narkose wurde mit Isofluran eingeleitet und aufrecht erhalten. Die Blutentnahmen wurden an der kaudalen Glutealvene oder den Venen der Hinterflossen durchgeführt. Außer den Tieren, die vor der Studie verstorben waren und zusätzlich zwei sehr große (> 500 kg) männliche Tiere, wurden alle Tiere durch computertomographische Diagnostik unter Narkose untersucht.
Die serologischen Verfahren, ElephantTB STAT-PAK assay, MAPIA und DPP,erwiesen sichals nützliche point-of-care Diagnostikmethoden, um Serokonversionen nachzuweisen und seroreaktive Antigene zu erkennen.
Der DPP bewies, im Vergleich zu dem ElephantTB STAT-PAK assay und dem MAPIA, beiden Seelöwen die größte Sensitivität. Dies konnte aus der besseren Übereinstimmung mitden pathologischen Befunden geschlossen werden.
Die Spoligotypisierung wurde zur Bestimmung der beteiligten M. pinnipedii Stämme genutzt.Die Typisierungsmuster aus Mulhouse und Hamburg waren mit den im Heidelberger Zooidentifizierten Stämmen identisch. Dies kann als überzeugender Anhaltspunkt dafür betrachtet werden, dass der Seelöwe in Hamburg ebenso wie der Tapir in Mulhouseden Erreger bereits seit ihrer Ankunft aus Heidelberg in sich getragen haben.
Der Tapir entwickelte eine fulminante Pathologie und infizierte die anderen Tapire innerhalb weniger Monate. Der Seelöwe in Hamburg hingegen wies lediglich Kalzifizierungen in den Mediastinallymphknoten auf.
Zusätzlich zu den serologischen Tests erwies sich die Computertomographie als gutes diagnostisches bildgebendes Verfahren, um kalzifizierte Lymphknoten bei Robben mit einer Körpermasse bis zu 150 kg darzustellen. Sie liefert allerdings keine definitive Diagnose der Tuberkulose, da andere Erreger eine ähnliche Pathologie verursachen können. In Verbindung mit anderen Untersuchungsmethoden, wie zum Beispiel der Serologie, ermöglicht die Computertomographie einen schnellen Nachweis von im Einklang mit Tuberkulose stehenden Läsionen. Dies wiederum erlaubt auf Fakten basierende Entscheidungen, ob eine Behandlung oder die Euthanasie des Tieres innerhalb eines Bestandes erfolgen soll. Diese Entscheidungen sollten aufgrund von serologischenResultaten allein nicht erfolgen.
Eine Behandlung wurde nach Resistenztest durchgeführt. Es wird vermutet, dass die Behandlung infizierter Tiere, wenn sie frühzeitig genug durchgeführt wird, eine Manifestation der Infektion verhindert. Bei zuvor behandelten Tieren mit kalzifierten Läsionen konnten bei pathologischen Untersuchungen keine lebenden Mykobakterien nachgewiesen werden. Dennoch wird bislang angenommen, dass eine Behandlung die ruhenden Bakterien nicht inaktivieren kann. Dies gilt zumindest solange, bis pharmakokinetische Studien die Effektivität der Antibiotika bestätigen.
Die vorliegende Studie zeigt das bedeutende Potenzial verschiedener Diagnostikverfahren zum Nachweis von Robbentuberkulose bei verschiedenen Tierarten und unterstreicht die Bedeutung der Anwendung mehrerer Test an Stelle eines Einzelnen.
Abstract:
Tuberculosis is a widely spread zoonotic disease caused by acid-fast bacteria of the Mycobacterium tuberculosis complex in a variety of mammalian species. In pinnipeds, tuberculosis has been reported in differentcaptive and wild sea lions and fur seals.
The causative agent, Mycobacterium pinnipedii, is part of the M. tuberculosiscomplex and has shown pathogenicity in other mammalian species including human beings.
Since 2000 the Heidelberg zoo has been dealing with tuberculosis in its collection of South American sea lions (Otaria flavescens). After a Malayan tapir (Tapirus indicus) was transferred to a zoological institution in France it transmitted the disease to the other tapirs that succumbed to tuberculosis. Culturing and spoligotyping confirmed the origin, the sea lions at the Heidelberg zoo.
An investigation of the sea lion group housed at Heidelberg in addition to different species of mammals living in adjacent exhibits as well as a sea lion, born in Heidelberg but then living in Hamburg, revealed multiple cases of pinniped tuberculosis.
In the study several diagnostic methods were applied. All of the sea lions were premedicated using medetomidine (0.01 mg/kg), midazolam (0.23 mg/kg) and butorphanol (0.08 mg/kg) administered via blowpipe and anesthesia was induced and maintained with isoflurane. Venepuncture was performed on the caudal gluteal vein or the veins of the hind flippers. Except for the animals, which have died prior to the study and additionally two very large (> 500 kg) males, the animals were examined through the help of computed tomography under anaesthesia.
The serological assays, ElephantTB STAT-PAK assay, MAPIA and DPP, were useful point-of-care tools to detect seroconversions and identify seroreactive antigens. In sea lions,the DPP assay showed the highest sensitivity compared to that of ElephantTB STAT-PAK assay and MAPIA, suggesting its greater agreement with the necropsy findings.
Spoligotyping was used to determine the M. pinnipedii strains involved. The spoligotyping patterns of Mulhouse and Hamburg were identicalto that of the strain identified at the Heidelberg Zoo. This was considered to be a strong indication that the sea lionin Hamburg as well as the tapir in Mulhouse has harboured the infectious agent since their arrival from Heidelberg.
The tapir developed fulminant pathology and managed to transmit the disease within a few months whereas the sea lion in Hamburg showed calcified lesions in the mediastinallymph nodes only.
In addition to the serological tests, CT has proven to be a good diagnostic imaging method for the detection of calcified lymph nodes in animals up to 150 kg. This does not provide a definitive diagnosis of tuberculosis due to other infectious agents causing similar pathology. However, when used in conjunction with other modalities, such as serology, CT allows rapid detection of lesions consistent with tuberculosis which, in turn, allows informed, evidence-based decisions on whether to treat or to euthanize an animal within a collection that would not be possible when relying on serology alone.
Treatment has been carried out after antibiotic sensitivity testing. There is a strong indication thattreatment of exposed animals, if initiated early enough, may prevent manifestation of infection. In animals with calcified lesions post-treatment necropsies did not reveal live mycobacteria, but until now it is hypothesized that treatment does not inactivate dormant mycobacteria, especially as long as no pharmacokinetic study has confirmed the efficacy of treatment.
The study revealed a great potential of various diagnostic methods in the diagnosis of pinniped tuberculosis in different animal species and emphasizes the importance of a testing regime that consists of multiple tests rather than a single one.
jurczynski-biblio