Grossfelchen (Coregonus sp.) im Tiergarten Schönbrunn
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überklasse: Knochenfische (Osteichthyes)
Klasse: Strahlenflosser (Actinopterygii)
Unterklasse: Neuflosser (Neopterygii)
Teilklasse: Echte Knochenfische (Teleostei)
Ordnung: Lachsartige (Salmoniformes)
Familie: Lachsähnliche, Forellenfische (Salmonidae)
Unterfamilie: Felchen (Coregoninae)
Felchen, Maränen, Renken, Reinanken
Coregonus spp. • The Whitefish • La palée, le féra, le lavoret, la bondelle
Der Felchen war 2022 in der Schweiz Fisch des Jahres
- Einheimische Arten
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
Felchenarten in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Der bayrische Ichthyologe Erich WAGLER versuchte in den 1940er-Jahren Ordnung in die konfuse Systematik der Felchen zu bringen. Im Alpen-/Voralpenraum unterschied er vier Formen:
- Schwebefelchen
a) große (Blaufelchen)
b) kleine (Gangfisch) - Sand- oder Bodenfelchen
a) große (Sandfelchen)
b) kleine (Kilch)
Seitdem sind aber weitere Arten entdeckt bzw. Arten aufgesplittet worden [3; 10; 11; 13].
Wiss. Name | Vulgärnamen | Verbreitung | Status |
Coregonus albellus |
Brienzlig | CH: Brienzersee, Thunersee | VU |
Coregonus albula | Kleine Maräne | DE: nördlich von Elbe/Mittellandkanal | LC |
Coregonus alpinus | Kropfer | CH: Thunersee | CR |
Coregonus arenicolus | Sandfelchen | AT/CH/DE: Bodensee | EN |
Coregonus attererensis | Attersee-Reinanke | AT: Attersee, Mondsee | CR |
Coregonus bavaricus | Ammersee-Kilch | DE: Ammersee | PE |
Coregonus candidus | Bondelle | CH: Neuenburgersee, eingeb. Lago Maggiore | EN |
Coregonus confusus | Pfärrig | CH: Bieler-, ev. Neuenburgersee | VU |
Coregonus danneri | Riedling | AT: Traunsee | CR |
Coregonus fatioi | Albock | CH: Brienzersee, thunersee | VU |
Coregonus fera | Féra | CH: Genfersee | EX |
Coregonus fontanae | Stechlin-Maräne | DE: Stechlin | CR |
C. gutturosus | Bodensee-Kilch | AT/CH/DE: Bodensee | EX |
C. heglingus | Hägling | CH: Walensee, Zürichsee | VU |
Coregonus hiemalis |
Gravenche | CH: Genfersee | EX |
Coregonus hoferi |
Chiemsee-Renke</td> | DE: Chiemsee | EX |
C. lavaretus |
Lavaret | CH: Genfersee | VU |
C. lucinensis | Kleine Luzin-Maräne | DE: Breiter Luzin | CR |
C.macrophthalmus | Gangfisch | AT/CH/DE: Bodensee | EN |
C. maraena | Maräne | DE: Elbe, Weser, Ems, Einzugsgebiet Ostsee | LC |
Coregonus nilssoni | Edelmaräne | DE: Einzugsgebiet Ostsee | LC |
Coregonus nobilis | Edelfisch | CH: Vierwaldstättersee | VU |
C. oxyrinchus | Rheinschnäpel | DE: Rhein von NL-Grenze bis Köln | EX |
Coregonus palaea | Palée | CH: Bieler-, Murten-, Neuenburgersee, in anderen Seen eingebürgert | EN |
Coregonus renke | (Starnberger-)Renke | AT: Traunsee, Hallstädtersee, DE: Ammer-, Starnberger-, Tegern-, Schlier-, Kochel-, Walchensee | EX |
C. restrictus | Férit | CH: Murtensee | EX |
Coregonus suidteri | Balchen | CH: Vierwaldstätter-, Zuger-, Alpnachersee,ev. Sempacher-, Baldegger, Hallwilersee; eingeführt im Aegerisee und ev. weiteren Seen | VU |
C. wartmanni | Bodenseefelchen | AT/CH/DE: Bodensee | EN |
C. widegreni | Buckelmaräne | DE: Einzugsgebiet Ostsee | VU |
C. zuerichensis | Blaalig | CH: Greifen-, Pfäffiker, Walen-, Zürichsee | VU |
C. zugensis | Albeli | CH: Zugersee | EX |
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Felchen wären ideal, um die Entstehung neuer Arten durch Isolation, die negativen Auswirkungen von Hybridisierung durch Besatz mit standortfremden Arten, Gewässerverschmutzung und Klimawandel zu zeigen. Leider werden sie nur sehr selten in europäischen Zoos und Schauaquarien gehalten. Körperbau und KörperfunktionenCoregonen sind mittelgroße oder kleine Lachsfische mit seitlich etwas zusammengedrücktem Körper, einer am vorderen Rand etwas eingedellten Pupille, kleinem, engem, zahnlosem oder mit sehr feinen Zähnen bewehrtem Maul, mittelgroßen, leicht abfallenden Schuppen, kleiner Fettflosse und einer dicht vor den Bauchflossen beginnenden hohen Rückenflosse. Die einzelnen Arten ähneln sich in den Grundzügen von Gestalt und Lebensweise so außerordentlich, bilden aber gleichzeitig Standortvarianten aus, die sich z.B. hinsichtlich Körpermaßen unterscheiden, dass eine genaue Bestimmung selbst für Fachleute schwierig ist. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Anzahl der Kiemenreusendornen, die natürlich am lebenden, im Wasser schwimmenden Fisch nicht bestimmt werden kann. Der meist bis 70 cm lang werdende Ostseeschnäpel (C. maraena, oft als C. lavaretus bezeichnet) hat z.B. 25-34 Dornen am 1. Reusenbogen, der ausgestorbene Kilch (C. gutturosus) des Bodensees, der etwa 30 cm lang wurde, hatte nur 20 Reusendornen [1; 4; 5; 10]. VerbreitungFelchen bewohnen kühle, sauerstoffreiche Gewässer der Nordhalbkugel. In Europa findet man sie im nördlichen Mittel- und Osteuropa, in Skandinavien sowie im Alpen-/Voralpenraum. Manche Arten sind weit verbreitet, andere kommen endemisch nur in einem oder einigen wenigen Seen vor [5; 6; 12; 13]. Lebensraum und LebensweiseFelchen waren ursprünglich anadrome Wanderfische, die zum Laichen vom Meer ins Süßwasser aufstiegen. In Kanada und Skandinavien gibt es heute noch Populationen, die dieses Verhalten zeigen. Die mitteleuropäischen Arten sind jedoch sesshaft geworden oder steigen allenfalls noch aus einem See in einen größeren Zufluss auf. Die meisten Formen laichen im Winter, manche im Frühling oder Herbst. Felchen sind Schwarmfische, die sich im offenen Wasser aufhalten und hauptsächlich Zooplankton, gelegentlich auch Bodenorganismen oder aufsteigende Zuckmückenpuppen fressen [13]. Gefährdung und SchutzIm Rahmen der Roten Liste wurden 86 Arten beurteilt. Davon sind 27 gefährdet, 8 stark gefährdet, 9 vom Aussterben bedroht und 13 bereits ausgestorben [9]. Im deutschsprachigen Raum kommen (oder kamen) 31 Arten vor. Davon sind 8 ausgestorben, 6 hochgradig bedroht, 5 stark gefährdet und 9 gefährdet [3; 7]. Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt. Alle Arten fallen unter Anhang 3 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume Bedeutung für den MenschenWirtschaftliche Bedeutung: Felchen sind wichtige Speisefische, die kommerziell befischt und teilweise im Rahmen von Aquakulturen produziert werden. Sie spielen auch eine Rolle in der Sportfischerei [2]. Die Zu- und Abnahme der Nährstoffe in einem Gewässer wirken sich auf die Bestände der einzelnen Arten unterschiedlich aus. Im Bodensee (Obersee) stiegen vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die 1950er Jahre die Fischereierträge langsam an, den Hauptanteil des Fangs (ca. 70 %) machten die Felchen aus. Von 1955 bis 1977 stiegen die Fangerträge auf fast die dreifache Menge, gleichzeitig sank der Anteil gefangener Felchen bis unter 30 %, während die Anteile der Barsche und Weißfische zunahmen. Seit Ende der 1970er Jahre haben sich die Felchenfänge wieder verbessert und stabilisiert, währenddem als Folge der Re-Oligotrophierung andere Arten abgenommen haben. Der Anteil der Felchen am Gesamtfang liegt heute bei 85 % [8]. Kulturelle Bedeutung: Felchen zieren die Wappen von Lammershagen, Seedorf (Schleswig-Holstein), Zarrentin am Schaalsee (Mecklenburg-Vorpommern) sowie - kaum als solche zu erkennen - der Gemeinden Allensbach und Moos bei Konstanz und des Landkreises Konstanz. HaltungHaltung in europäischen Zoos: Die Gattung wird in rund 25 europäischen Einrichtungen gezeigt, von denen sich mehr als die Hälfte im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste Mindestanforderungen: In Deutschland und Österreich gibt es keine konkreten Mindestnormen. In der Schweiz gibt Anhang 2, Tabelle 8 der Tierschutzverordnung an, wie viele Liter Wasser pro cm Gesamtkörperlänge (ohne Schwanzflosse) der für aquaristische Zwecke gehaltenen Fische angeboten werden müssen. Für Speise- und Besatzfische gilt Anhang 2, Tabelle 7. Taxonomie und NomenklaturCarl von LINNÉ nennt in der 10. Ausgabe seines Systema Naturae (1758) unter der Gattung Salmo drei Felchenarten: Die Große Maräne (Salmo lavaretus) als Typusart, die Kleine Maräne (Salmo albula) und den Rheinschnäpel (Salmo oxyrinchus). Mit der Äsche und der Zährte fasst er sie zur Untergruppe "Coregoni", charakterisiert durch "dentibus vix conspicuis" (mit kaum erkennbaren Zähnen) zusammen. In der Folge setzte sich Coregonus als Gattungsname durch. Der französische Naturforscher Bernard Germain de LACÉPÈDE braucht ihn erstmals 1803 für den schottischen Powan (Coregonus clupeoides). Heute führt FishBase unter der Gattung Coregonus 229 Artnamen und 78 valide Arten auf. Die Rote Liste der IUCN kommt allerdings auf 86 Arten [2]. |
Literatur und Internetquellen
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- FISH BASE
- FREYHOF, J. & BROOKS, E. (2011)
- GEBHARDT, H. & NESS, A. (2009)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- INFO FAUNA Verbreitungskarten Schweiz
- KIRCHHOFER, A., BREITENSTEIN, M. & ZAUGG, B. (2007)
- MINISTERIUM FÜR UMWELT, KLIMA UND ENERGIEWIRTSCHAFT BADEN-WÜRTTEMBERG
- ROTE LISTE DER IUCN (Stand 2024-2)
- SCHINDLER, O. (1959)
- SCHULZ, M., FREYHOF, J. & OLDORFF, S. (2004) - PDF
- WINKLER, H. M. (Red. 2007)
- ZAUGG, B., STUCKI, P., PEDROLI, J.C. & KIRCHHOFER A. (2003)
- LINNAEUS, C. (1758). Systema Naturae - Regnum Animale. Vol I. S. 310 f.