Westliche Mauereidechse (Podarcis muralis brongniardii), Männchen, wild lebend auf Valéria, Sion/Sitten, Kt. Wallis
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Ordnung: Schuppenkriechtiere (SQUAMATA)
Unterordnung: Echsen (SAURIA)
Zwischenordnung: Skinkartige (Scincomorpha)
Familie: Eidechsen (Lacertidae)
Mauereidechse
Podarcis muralis • The Common Wall Lizard • Le lézard des murailles
Die Mauereidechse war das Reptil des Jahres 2011
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Zoos in günstigen klimatischen Zonen können ein Refugium für Mauereidechsen darstellen, insbesondere wenn sie frei von Hauskatzen gehalten werden. Dies ist insofern bedeutsam, als die Art in großen Teilen des deutschen Sprachraums als gefährdet gilt. Körperbau und KörperfunktionenDie Mauereidechse erreicht eine Gesamtlänge von 17-19 (-25) cm. Sie ist wesentlich schlanker gebaut als die Zauneidechse. Der lange Kopf ist flach und zugespitzt und der abgeplattete Rumpf geht in einen langen, dünn auslaufenden Schwanz über. Die Zehen sind lang und fein. Die Färbung ist variabel. Bei den Männchen ist die Grundfarbe oberseits grau, braun oder grünlich und ist recht kontrastreich mit hellen Flecken durchsetzt. Die Weibchen sind weniger stark gefleckt, ihre Flanken sind dunkel und von einem Paar hellen Längslinien eingefasst [5; 8; 10]. VerbreitungDie Gattung Podarcis umfasst mindestens 20 verschiedene Arten, die alle im Mittelmeer-/ Schwarzmeergebiet vorkommen. Einzig die Mauereidechse ist außerhalb Südeuropas weit verbreitet, nordwärts bis Belgien und Südholland, in Deutschland bis Süd-NRW, in Osteuropa von der Slowakei und Ungarn bis zum Schwarzen Meer, einschließlich der angrenzenden Gebiete Kleinasiens. Nach der Roten Liste Österreichs fehlt sie in Vorarlberg, Salzburg und Oberösterreich, was allerdings punktuelle Vorkommen (etwa bei Feldkirch) nicht ausschließt. Ferner fehlt sie in Irland, Großbritannien (kommt aber auf den Kanalinseln vor), Skandinavien, dem größeren Teil der Iberischen Halbinsel und den meisten Mittelmeerinseln. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind drei Unterarten vertreten:
Lebensraum und LebensweiseDie Mauereidechse liebt warme und trockene Gebiete, wo sie südexponierte Trockenmauern, spärlich bewachsene Straßenböschungen, Flussufer, Randbereiche von Schutthalden und Felsensteppen besiedelt. Sie kommt daher in Deutschland nur in den klimatisch günstigen Regionen, in der Oberrheinischen Tiefeben, an Saar, Mosel, Ahr, Nahe und Lahn in größeren Beständen vor. In der Schweiz konnte sie ab dem 19. Jahrhundert ihre Verbreitung dank der Bahn ausdehnen. So gehen die Vorkommen in Zürich, der Ost- und Zentralschweiz (z.B. Arth-Goldau) auf die Verschleppung von Mauereidechsen in Güterwagen zurück. In den schotterreichen Bahnanlagen fanden sie einen geigneten Lebensraum und konnten lebensfähige Populationen entwickeln. In optimalen Habitaten werden Bestandesdichten von über 500 Tieren pro Hektar erreicht [6; 8]. Mauereidechsen ernähren sich hauptsächlich von Wirbellosen, töten und fressen aber auch kleine Wirbeltiere, einschließlich der eigenen Jungen, und lecken an süßen Früchten oder Beeren. Während der Paarungszeit von März bis Juni kommt es unter den territorialen Männchen zu heftigen Auseinandersetzungen. Auch die Begattung erfolgt recht grob. Etwa vier Wochen später legen die Weibchen bis zu 10 Eier unter einer Steinplatte oder in einer Mauerritze ab. Die Jungen schlüpfen je nach Bebrütungstemperatur nach 5-11 Wochen [8]. Gefährdung und SchutzDie Mauereidechse gilt weltweit nicht als gefährdet. Am Nordwestrand ihres Areals ist sie aber stärker, als jedes andere Reptil, an vom Menschen geschaffene Sekundärlebensräume gebunden. Veränderte Wirtschaftsweisen im Weinbau und die Anpassung von Bahntrassen an Hochgeschwindigkeitszüge haben vielfach zum lokalen Aussterben der Art geführt. Sie gilt daher in Deutschland und Österreich als stark gefährdet (ENDANGERED). In der Schweiz ist sie dagegen nicht als nicht gefährdet eingestuft [2; 6]. Der internationale Handel wird durch CITES nicht geregelt. Die Mauereidechse fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume und ist ist eine streng zu schützende Tierart nach Anhang IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG). In Deutschland ist sie eine besonders geschützte Art nach § 1 der Bundesartenschutzverordnung, in der Schweiz ist sie geschützt nach Art. 20 Abs. 2 der Verordnung über den Natur- und Heimatschutz. Praktische Schutzmaßnahmen: Um die Bestände der Mauereidechse dauerhaft zu sichern, werden folgende Maßnahmen empfohlen:
Bedeutung für den MenschenDie Mauereidechse fühlt sich nicht nur in natürlichem Gefels wohl, sondern ist als Kulturfolger auch in Städten heimisch geworden. BREHM zitiert dazu wie folgt einen Italienreisenden: "Eine andere Ungelegenheit, welche dieses Land Neapolis mit anderen italienischen Gegenden gemein hat, verursacht die Menge der Eydexen, deren eine grüne Art in großer Menge allenthalben anzutreffen ist. Im Frühlinge findet man dieselben hundertweis auf den platten Dächern liegen, um sich daselbst in der Sonne zu wärmen. Sie kriechen die Mauern auf und ab, daher kein Zimmer, dessen Thüren oder Fenster offen stehen, vor ihnen sicher ist. Es ist mir selbst widerfahren, daß, als ich in dem dritten Stockwerke eines steinernen Hauses einstmals meine durch Regen naß gewordenen Handschuhe an das Fenster und in die Sonne gelegt hatte, wenige Minuten hernach ein solcher Gast schon in einen derselben gekrochen war, welchen ich nicht eher bemerkte, als bis ich die Hand in den Handschuh gesteckt hatte." [3] HaltungEs wird empfohlen, Mauereidechsen entweder in einem gut belüfteten, trockenen und zeitweilig beheizten Terrarium zu halten [10] oder aber in einem gegen das Eindringen von Mäusen,Vögeln, Katzen und Mardern gesicherten Freilandterrarium. Der Boden soll aus einem gut wasserdurchlässigen Erde-Sandgemisch bestehen, damit sich bei starken Regenfällen keine Staunässe bildet. Das Terrarium soll als Trockenhabitat eingerichtet werden und soll Sonnen- und Schattenplätze enthalten. Ein kleiner Tümpel kann als Tränke dienen. Zum Überwintern sollen mehrere nach oben und zu den Seiten mit Styropor isolierte Höhlen angeboten werden, die durch flach (50 cm) in den Boden gehende Stollen erreichbar sind. In Extremwintern mindert eine zusätzliche Abdeckung des gesamten Terrariums mit z.B. Doppelsteg-Kunststoffplatten den Kälteeintritt [7]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 20 Institutionen gezeigt, die sich etwa zur Hälfte im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Bei einer Erhebung in der Schweiz meldeten alle fünf befragten Zoos, dass sie auf ihrem Areal wildlebende Mauereidechsen hätten [4]. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 soll ein Terrarium für ein Paar mindestens 6x so lang und 4x so breit sein wie die Kopf-Rumpflänge der Tiere. Die Höhe soll das Vierfache der Kopf-Rumpflänge betragen. Für jedes weitere Tier kommen 15% zur Basisfläche dazu. Die Schweizerischen Tierschutzverordnung (Stand 01.02.2024) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege vor, dessen Grundfläche das 4x2-fache der Kopf-Rumpflänge und dessen Höhe das Doppelte der Kopf-Rumpflänge messen. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist die Art nicht erwähnt. Taxonomie und NomenklaturDie Mauereidechse ist 1768 vom österreichischen Arzt und Naturforscher Josephus Nicolaus LAURENTI als "Seps muralis" beschrieben worden. DUMÉRIL & BIBRON stellten sie 1839 in die Gattung Lacerta. Die Gattungsbezeichnung Podarcis taucht ab Beginn des 20. Jahrhunderts auf und ist seit 1991 allgemein anerkannt [11]. |
Literatur und Internetquellen
- ARNOLD, E.N. & BURTON, J.A. (1978)
- BÖHME, W.ET AL. (2009). Podarcis muralis. The IUCN Red List of Threatened Species 2009: e.T61550A12514105. http://www.iucnredlist.org/details/61550/0 . Downloaded on 23 July 2017.
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- DOLLINGER, P. (ed. 2005)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- HOFER, U., MONNEY, J.-C. & DUSEJ, G, (2001)
- LACERTA
- MEYER, A., ZUMBACH, S., SCHMIDT, B. & MONNEY, J.-C. (2009)
- NABU - Amphibien und Reptilienschutz aktuell
- NIETZKE, G. (1969)
- THE REPTILE DATA BASE