Breitschnauzenkaiman (Caiman latirostris) in der Wilhelma Stuttgart
© Isabel Koch, Wilhelma
Ordnung: Krokodile (CROCODYLIA)
Familie: Alligatoren und Kaimane (Alligatoridae)
Breitschnauzenkaiman
Caiman latirostris • The Broad-snouted Caiman • Le caïman à museau élargi
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der Breitschnauzenkaiman wird etwas größer als der häufiger in Zoos gehaltene Krokodilkaiman. Arttypisch ist, wie sein Name besagt, seine im Vergleich zur Länge sehr breite Schnauze. Körperbau und KörperfunktionenDer Breitschnauzenkaiman kann eine Länge von rund 3 m erreichen, bleibt aber meist nur etwa 2 bis 2.5 m lang. Die Schnauze ist extrem kurz und breit, d.h. die Länge entspricht in etwa der Breite auf Höhe der Augen. Oben sind 5 (im Zwischenkiefer) und 12-14 (im Oberkiefer), unten 17-20 Zähne in jeder Kieferhälfte vorhanden. Am stärksten und längsten ist der 4. Oberkieferzahn entwickelt. Der 4. Unterkieferzahn passt in eine seitlich geschlossene Grube des Oberkiefers. Zwischen den vorderen Augenwinkeln befindet sich eine Querleiste. Auf dem Hinterkopf 2 unregelmäßige Reihen von 6-8 vergrößerten Schuppen, 4 Reihen Nackenhöcker, die vorderste bestehend aus vier, die übrigen in der Regel aus zwei Schildern. Die Rückenschilder sind in 18-19 Quer- und 6-8 Längsreihen angeordnet. Die beiden mittleren Reihen der Schwanzschuppen sind gekielt, nach hinten vereinigen sich die Kiele zu einem einzigen. Die beiden Hälften der seitlichen Schuppenkämme kommen auf der Höhe der 14.-15. Schuppe zu einem einzigen Schuppenkamm zusammen. Oberseits sind Jungtiere braun-olive gefärbt mit dunkeln Querstreifen. Je älter die Tiere werden, umso mehr dunkelt die Farbe. Unterseits hell ohne dunkle Flecken [2]. VerbreitungSüdamerika: Nord-Argentinien, Ost-Bolivien, Ost- und Südost-Brasilien, Ost-Paraguay, Uruguay [8]. Lebensraum und LebensweiseDer Breitschnauzenkaiman besiedelt hauptsächlich große, flache Süßwassersümpfe, kann jedoch auch in Mangroven, Seen oder Flüssen vorkommen. Er kolonisiert auch als Viehtränken angelegte künstliche Teiche und temporäre Gewässer. Breitschnauzenkaimane fressen Fische, Krebse, Insekten und Wasserschnecken. Zur Eiablage, die im Freiland zwischen August und Januar, also im südlichen Frühjahr / Frühsommer, stattfindet, baut das Paar, hauptsächlich das Weibchen, einen Nesthügel aus Erde, Blättern, Zweigen, Steinen und Zivilisationsabfall, die es im Wasser findet. Die Paarung findet etwa eine Woche nach Beginn des Nestbaus statt. Einige Wochen nach der Paarung beginnt das Weibchen mit der Ablage von 18-60 Eiern. Das Nest wird nur vom Weibchen bewacht. Die Jungen sollen je nach Temperatur nach 63-86 Tagen schlüpfen. Am ersten Lebenstag haben sie ein Gewicht von rund 40 Gramm und eine Gesamtlänge von etwa 24 cm [8; 9]. Gefährdung und SchutzSeit 1996 wird die Art als nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) eingestuft. Dies wurde 2019 überprüft und bestätigt. Dabei wurde der Bestand an erwachsenen Exemplaren auf 500'000 geschätzt [4]. Der internationale Handel mit Tieren aus Argentinien ist nach CITES Anhang II geregelt, ebenso der mit Tieren aus Brasilien, allerdings mit einer Nullquote für Wildfänge, die für kommerzielle Zwecke bestimmt sind. Alle anderen Populationen fallen unter Anhang I. Bedeutung für den MenschenZum Verhältnis von Breitschnauzen-Kaiman und Mensch zitiert BREHM den Prinzen Maximilian Alexander Philipp zu WIED-NEUWIED, der die Art als "Schakare" bezeichnete und feststellte, man könne "im allgemeinen doch nicht sagen, daß diese Krokodile dem Menschen gefährlich sind. Alle, welche ich beobachtete, waren höchst schüchtern und verschwanden sogleich, sobald man sich ihnen auf mehr als dreißig bis vierzig Schritte näherte. Hunde, welche durch die Flüsse schwimmen, und andere kleinere Thiere hingegen sollen sie öfters verschlingen. ... Nutzen gewährt der Schakare wenig; deshalb stellt man ihm auch nicht nach. Einige Neger und die Wilden essen das weiße, fischartige Fleisch, besonders das der Schwanzwurzel; allein sie erhalten nicht oft einen solchen Braten. Es hält schwer, diese Thiere zu tödten, weil sie, wie alle Verwandten, ein zähes Leben haben und beim Schusse sofort untertauchen... Die Bewohner von Paraguay jagen den Schakare eifriger als die Brasilianer, die Indianer mit Hülfe eines besonderen Pfeiles, die Europäer mit Feuergewehren..." [1]. Ab den 1940/50er-Jahren wurde die Art, außer in Uruguay, im größeren Teil ihres Areals kommerziell genutzt [8]. Heute ist der internationale Handel relativ unbedeutend. Im Verlauf von vier Jahrzehnten exportierten die Ursprungsländer Häute und Flanken von rund 60'000 Tieren. Wegen eines erfolgreichen Ranching-Programms in Argentinien sind die Exporte aber in den letzten Jahren deutlich gestigen. Während der ganzen Periode wurde die Ausfuhr von nur 137 lebenden Tieren gemeldet [3]. In Brasilien wird die Art gebietsweise zur Belieferung der lokalen Fleischmärkte illegal bejagt. Das Fleisch wird gesalzen und unter dem Namen "São Francisco-Dorsch" vermarktet. Dank dem Ranching-Programm konnte in Argentinien die Wilderei deutlich eingedämmt werden [8]. HaltungEs wird empfohlen, einem verträglichen Paar durchschnittlich großer Adulttiere mindestens einen Landteil von 5 m² und einen Wasserteil von 15 m² anzubieten (N.B. Diese Werte können unter den gesetzlichen bzw. behördlichen Mindestanforderungen liegen!). Die Wassertiefe soll von 0.5-2 m variieren. Für jedes zusätzliche Tier sollen 1 m² Land- und 3 m² Wasserfläche mehr zur Verfügung stehen. Die Temperatur soll zwischen 25-30°C liegen (für Jungtiere etwas höher) und es sind punktuell wärmere Bereiche zu schaffen, zu denen die Tiere ungehindert Zugang haben. Bei Gruppenhaltung ist ein Geschlechtsverhältnis von 1:3 anzustreben [5; 6]. Kaimane gehören zu den "Gefahrtieren", deren Haltung in manchen deutschen Bundesländern unter sicherheitspolizeilichen Aspekten eingeschränkt oder geregelt ist. Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) und der Verband Deutscher Verein für Aquarien- und Terrarienkunde (DVA) haben zu dieser Thematik einen Leitfaden herausgegeben [11]. Höchstalter im Zoo: Den ältesten bekannten Breitschnauzenkaiman in Menschenobhut erhielt der Zoo Danzig anno 1956 von Seeleuten. Im 2017 war das Tier nach einer Haltungsdauer von über 61 Jahren immer noch am Leben [10; ZTL] (vermutlich auch noch 2023, s. Internetauftritt des Zoos). Haltung in europäischen Zoos: Breitschnauzenkaimane werden in nur rund zwei Dutzend europäischen Zoos gehalten, von denen sich einige wenige im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Die europäische Erstzucht ist vermutlich jene, die dem ZooPark Erfurt im Jahr 1964 gelang. In jüngerer Zeit wurde die Art auch in der Wilhelma Stuttgart und im Zoo Zürich nachgezogen [9]. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll eine Anlage für ein Paar einen Landteil beinhalten, dessen Fläche mindestens 4x so lang und 3x so breit sein soll wie die Kopf-Rumpflänge der Tiere. Der Wasserteil soll das 5x4-fache und der Wasserstand 30% der Kopf-Rumpflänge betragen. Für jedes weitere Tier kommen beim Wasserteil 20% und beim Landteil 10% zur Basisfläche dazu. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.02.2024) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege mit einem Land- und einem Wasserteil vor, die je das 4x2-fache der Kopf-Rumpflänge messen. Für jedes weitere Tier kommen je 50% der Basisflächen dazu. Die Wassertiefe muss 50% der Kopf-Rumpflänge betragen. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist die Art nicht erwähnt. Taxonomie und NomenklaturDer Breitschnauzenkaiman wurde 1802 vom französischen Zoologen François Marie DAUDIN im Rahmen seines Werks "Histoire Naturelle, Générale et Particulière des Reptiles" als "Crocodilus latirostris" beschrieben [7]. |
Literatur und Internetquellen
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- CITES IDENTIFICATION MANUAL
- CITES TRADE DATA BASE
- SIROSKI, P. et al. (2020). Caiman latirostris. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T46585A3009813. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-3.RLTS.T46585A3009813.en. Downloaded on 19 December 2020.
- JENSCH, B., BAUR, M., BRANDSTÄTTER, F., FRIZ, T., KÖLPIN, T., SCHMIDT, F., SOMMERLAD, R. & VOIGT, K.-H. (2009)
- JENSCH, B., BAUR, M., BRANDSTÄTTER, F., FRIZ, T., KÖLPIN, T., SCHMIDT, F., SOMMERLAD, R. & VOIGT, K.-H. (2009A)
- THE REPTILE DATA BASE
- VERDADE, L.M., LARRIERA, A. and PIÑA, C.I. (2010)
- WIDHOLZER, F.L., BORNE, B. & TESCHE, T. (1986)
- WEIGL, R. (2014)
- DGHT/DVA (Hrsg. 2014)