Batagur-Schildkröte (Batagur vermutlich affinis) im Khao Kheow Open Zoo, Thailand
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Ordnung: Schildkröten (TESTUDINATA)
Unterordnung: Halsbergerschildkröten (CRYPTODIRA)
Familie: Altwelt-Sumpfschildkröten (Geoemydidae)
Batagur-Schildkröten
Batagur baska / Batagur affinis • The Four-toed Terrapin • Le batagur malais
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
Weitere Bilder auf BioLib.cz |
Die Nördliche Batagur-Schildkröte gilt als die am zweitstärksten bedrohte Schildkrötenart. Sie ist für Ihr Überleben auf ex-situ-Maßnahmen angewiesen. Die erst seit wenigen Jahren als eigene Art aufgefasste Südliche Batagur-Schildkröte ist ebenfalls vom Aussterben bedroht Körperbau und KörperfunktionenDie Nördliche Batagur-Schildkröte erreicht eine Carapaxlänge von bis zu 60 cm. Der Kopf ist klein, von weicher Haut bedeckt, mit vorstehender Nase und gezähnten Kieferrändern. Die Farbe von Kopf und Weichteilen ist braun und wechselt während der Paarungszeit bei den Männchen stellenweise auf scharlachrot. Die Vorderfüße weisen vier Krallen auf. Die Zehen sind durch Schwimmhäute verbunden. Der einfarbig braune bis grau-olive, ovale Carapax hat einen schwachen Kiel auf dem zweiten Wirbelschild und ein geteiltes Supracaudalschild. Das gelb-orange bis weißliche Plastron ist groß. Inframarginalschilde fehlen. Die Südliche Batagur-Schildkröte hat einen etwas länglicheren Kopf, ist aber sonst der nördlichen Form sehr ähnlich [1]. VerbreitungVerbreitungsangaben in der Literatur sind widersprüchlich, weil sie sich oft sowohl auf Batagur baska als auch auf B. affinis beziehen. Die Verbreitung von B. baska beschränkt sich auf Bangladesch, Indien (Orissa und Westbengalen), Myanmar und Burma, wobei über Burma keine neueren Angaben vorliegen und die Populationen in Thailand wohl ausgestorben sind. B. affinis kommt in Indonesien (Sumatra), Kambodscha, Malaysia (Halbinsel), Thailand, eventuell Vietnam vor und ist in Singapur ausgestorben [1; 2; 3; 4; 5]. Lebensraum und LebensweiseBatagur-Schildkröten besiedeln die Mündungsgebiete von mittelgroßen und großen Flüssen, Mangrovenstrände, Meereslagunen und die Gezeitenzone des Meeres. Die Tiere sind Pflanzenfresser. Die Eiablage erfolgt auf sandigen Inseln und Sandstränden. Die Weibchen graben 45-95 cm tiefe Löcher, in die sie ihre Gelege von 10-30, 70-80 g schweren Eiern deponieren. Es soll pro Saison während eines Zeitraums von sechs Wochen zu drei Eiablagen mit insgesamt 50-60 Eiern kommen. Die Jungen schlüpfen nach etwa 70 Tagen [2; 4]. Gefährdung und SchutzDa Fleisch und Eier der Batagur-Schildkröte seit jeher als Delikatesse gelten, ist sie heute beinahe ausgerottet und wird in der Roten Liste der IUCN als unmittelbar vom Aussterben bedroht geführt. Der Prozess wurde beschleunigt durch den Einsatz neuer Netztypen in der Fischerei und Sandabbau in den Flussdeltas [3]. Weniger als 50 erwachsene Individuen der nördlichen Unterart sind der Wissenschaft bekannt, einschließlich der im Tiergarten Schönbrunn und einer privaten Schildkrötenstation in Österreich gehaltenen Tiere. In Bangladesch schlüpften in den letzten Jahren zahlreiche Jungtiere in Zuchtstationen. die dort im Hinblick auf eine mögliche Wiederansiedlung aufgezogen werden [6]. Der internationale Handel ist für die nördliche und die Südliche Form nach CITES-Anhang I eingeschränkt. Zoogestütztes Artenschutzprojekt:
Bedeutung für den MenschenDie Nördliche Batagur-Schildkröte war ein wichtiger Fleisch- und Eierlieferant für die lokale Bevölkerung, und es wurden auch Tiere als Glücksbringer oder zwecks Vorratshaltung in Fischteiche eingesetzt. Da die Nutzung nicht nachhaltig war und die Art praktisch ausgestorben ist, hat sie ihre frühere Bedeutung verloren [2]. HaltungHaltung in europäischen Zoos: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Art im Londoner Zoo gehalten und in den 1970er-Jahren im Tierpark Berlin. 2010 wurden dem Tiergarten Schönbrunn von den Grazer Forschern und Schildkrötenexperten Reiner und Peter PRASCHAG im Rahmen einer Kooperation vier Batagur baska aus ihrem "Turtle Island" übergeben, darunter zwei trächtige Weibchen. Der Übergabe folgte eine enge Zusammenarbeit der beiden Experten mit dem Team des Tiergartens, um für die einzigen außerhalb der Ursprungsländer lebenden Exemplaren binnen kürzester Zeit optimale Bedingungen zu schaffen, die Weibchen zur Eiablage zu ermutigen und die Eier in den folgenden Wochen nicht aus den Augen zu lassen. Anfang Mai 2010 gelang die weltweit erste Nachzucht in Menschenobhut. Dabei konnten Informationen gesammelt werden, die es weltweit noch nicht gab und die für zukünftige Nachzuchten extrem wertvoll sein werden [6]. Ab 2016 glückte die Nachzucht auch in Graz. 2018 konnten dort aus einem Gelege von 28 Eiern 24 Tiere aufgezogen werden [7]. Der Tiergarten Schönbrunn war lange der einzige europäische Zoo, der die Art hielt. Seit 2020 ist einer der drei Standorte von "Turtle Island" ein Zoo der Kategorie A nach Österreichischem Recht, allerdings mit limitiertem Zugang für Besucher [7]. 2021 bekam auch der Prager Zoo aus Graz neun Jungtiere. Batagur affinis wird in drei europäischen Zoos gehalten. Für Details siehe Zootierliste. Seit 2022 gibt es ein "New Style"-EEP für des Batagur-Schidkrötenkomplex, das vom Zoo Prag koordiniert wird. Mindestanforderungen an Gehege: Batagur ist weder im Reptiliengutachten 1997 des BMELF noch in den einschlägigen Verordnungen der Schweiz und Österreichs erwähnt. Taxonomie und NomenklaturDie Nördliche Batagur-Schildkröte wurde 1831 von dem britischen Zoologen George Robert GRAY als Emys baska bzw. Emys batagur und Tetraonyx cuvieri erstmals wissenschaftlich beschrieben [4]. 2007/2008 wurde sie aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen als eigene Art von der ebenfalls vom Aussterben bedrohten Südlichen Batagur-Schildkröte (Batagur affinis) abgetrennt [2]. |
Literatur und Internetquellen
- CITES IDENTIFICATION MANUAL
- MOLL, E.O., PLATT, K., PLATT, S.G., PRASCHAG, P. & VAN DIJK, P.P. (2009)
- PRASCHAG, P. & SINGH, S. 2019. Batagur baska. The IUCN Red List of Threatened Species 2019: e.T97358453A2788691. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2019-1.RLTS.T97358453A2788691.en . Downloaded on 15 November 2020.
- THE REPTILE DATA BASE
- TURTLE TAXONOMY WORKING GROUP (2014)
- WEISSENBACHER, A., PREININGER, D., GHOSH, R., MORSHED, A.G.J. & PRASCHAG, P. (2015)
- TURTLE ISLAND
- HORNE, B.D., CHAN, E.H., PLATT, S.G. & MOLL, E.O. (2019). Batagur affinis (errata version published in 2019). The IUCN Red List of Threatened Species 2019: e.T170501A152041284.https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2019-1.RLTS.T170501A152041284.en. Accessed on 31 December 2021.