Tropenwald in Burgers Bush, Arnheim
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
"Urwald" unter Glas
Viele Zoos verfügen über "Tropen-" oder "Urwaldhallen", in denen Tiere und Pflanzen aus den Feuchtwäldern der Äquatorregion gezeigt werden. Einige Zoos haben Landschaften aus Kunstfels eingebaut, was aber bei dichtem Pflanzenwuchs kaum nötig ist, sodass andere darauf verzichten. In jedem Fall unverzichtbar sind aber Wasserfälle und offene Wasserflächen die nicht nur das Bild eines von hohen Niederschlägen geprägten Lebensraums vervollständigen, sondern auch für die nötige Luftfeuchte von mindestens 70% sorgen. Die Besucherwege sind in aller Regel schmal und nach dem Immersionsprinzip [2] nicht oder nur stellenweise durch Zäune oder Geländer von der Umgebung abgetrennt. Die meisten Tiere laufen oder fliegen frei in der ganzen Halle. Wo Gehege erforderlich sind, sind die Absperrungen so diskret wie möglich gestaltet, sodass die Besucher den Eindruck gewinnen, sie befänden sich wirklich im Urwald. Manche dieser Ausstellungen wollen einen Eindruck von einem bestimmten Reservat vermitteln, so z.B. der seit 2003 für Besucher zugängliche, eng mit einem langfristigen Naturschutzprojekt des Zoos in Madagaskar verknüpfte, 11'000 m² große und 35 m hohe Masoala-Regenwald des Zoo Zürich [1; 7]. Dem gleichen Zweck dient der 2008 eröffnete "Jungle Trek" im Papiliorama Kerzers, der dem vom Park betriebenen, inzwischen 400 km² großen Reservat Shipstern in Belize gewidmet ist. Diese beide Tropenhallen verfügen auch über einen Baumkronenweg. Andere Tropenwaldhäuser fokussieren auf eine bestimmte Region, wie z.B. das "Borneohaus" des Tiergartens Schönbrunn (Eröffnungsjahr 2002) mit über 1'000 m² Grundfläche [5] oder das Urwaldhaus des Kölner Zoos (Eröffnungsjahr 2000) mit einer 17 m hohen und 1'250 m² großen Freiflughalle [4]. Beide präsentieren Ausschnitte aus dem Regenwald Südostasiens und ermöglichen Einblicke von verschiedenen Niveaus. Beliebt sind Häuser, die sich der neotropischen Fauna und Flora widmen. Beispiele dafür sind der 1998 eröffnete Kuppelbau des Regenwaldhauses des Krefelder Zoos, das im Jahr 2000 mit 2'000 Pflanzen und verschiedenen Tieren dem Publikum übergebene, 1'200 m² Grundfläche aufweisende Amazonienhaus der Stuttgarter Wilhelma oder die seit 2007 bestehende, 2'600 m² große und 14,5 m hohe, auf zwei Geschoßen erlebbare "Serre amazonienne" des Städtischen Zoos von Montpellier, in der nebst relativ wenigen Tieren gegen 3'500 neotropische Pflanzen zu bewundern sind. Auch eine Spezialisierung auf eine bestimmte, überwiegend in den Tropen vorkommende Tiergruppe gibt es, so z.B. der riesige, 8'000 m² unfassende Hallenkomplex der Ferme aux Crocodiles in Pierrelatte, in dem auch über 600 verschiedene Arten und Varietäten von Tropenpflanzen gezeigt werden. Auch Menschenaffenhäuser sind bisweilen reichlich mit Tropenwaldpflanzen bestückt, wobei in Anbetracht der großen Anziehungskraft der Tiere die Flora hier nur eine Nebenrolle spielt. Einen Sonderfall stellen seit den 1970er-Jahren die ab 2001 in einem eigenen Verband (IABES) organisierten Schmetterlingshäuser dar, von denen es in Deutschland mittlerweile etwa 25 gibt, in Österreich 2, und in der Schweiz, dem Elsass und in Luxemburg je eines. Die meisten davon sind selbständige Einrichtungen oder werden im Rahmen eines Botanischen Garten betrieben. Das Besondere an ihnen ist, dass mit Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer Bewohner Schatten verbreitende Tropenbäume nur sehr begrenzt vorhanden sein dürfen, womit sich der Pflanzenbesatz weitgehend auf reichlich blühende Sträucher und Stauden beschränkt. Wieder andere Tropenhallen zeigen Tiere und Pflanzen aus verschiedenen Kontinenten, wie etwa das Leipziger Gondwanaland, das seit 2001 dazu einlädt, auf 16'500 m² drei Kontinente unter einem Dach zu entdecken, das mit einem finanziellen Aufwand von 21 Millionen Euro aus einem Schwimmbad umgebaute und 2015 eröffnete Exotenhaus des Karlsruher Zoos [6], oder der bereits seit 1988 bestehende Burgers Bush in Arnheim [3], in Europa die bahnbrechende Einrichtung mit einer Grundfläche von 14'250 m² und einer Höhe von 20 m. Im Idealfall sind innerhalb eines solchen Hauses die Pflanzen nach phytogeographischen Gesichtspunkten gruppiert, was natürlich die gehaltenen Vögel nicht daran hindert, die ganze Halle zu befliegen. Der normale Besucher merkt das nicht, peinlich wird es nur, wenn Naturfilmer anstatt in die Tropen zu reisen, nach Arnheim zu Burgers Bush gehen und dort ihre Vögel aus Neuguinea dabei filmen, wie sie auf Pflanzen aus Südamerika sitzen ... |
Literatur und Internetquellen:
- GRAF, R. (2005)
- SALZERT, W. (2010)
- ZOOLEX GALLERY: BURGERS BUSH
- ZOOLEX GALLERY: KÖLNER ZOO - DER REGENWALD
- ZOOLEX GALLERY: TIERGARTEN SCHÖNBRUNN - REGENWALDHAUS
- ZOOLEX GALLERY: ZOO KARLSRUHE EXOTENHAUS - FREIFLUGHALLE
- ZOOLEX GALLERY: ZOO ZÜRICH - MASOALA RAINFOREST
- INTERNET-AUFTRITTE DER GENANNTEN ZOOS