Alpenmurmeltier (Marmota marmota) mit Jungtier im Alpenzoo Innsbruck
Alpenzoo (Pressefoto)
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Taxon ohne Rang: Nagetiere und Hasen (GLIRES)
Ordnung: Nagetiere (RODENTIA)
Unterordnung: Hörnchenverwandte (Sciuromorpha)
Familie: Hörnchen (Sciuridae)
Unterfamilie: Erdhörnchen (Xerinae)
Tribus: Echte Erdhörnchen (Marmotini)
Alpenmurmeltier
Marmota marmota • The Alpine Marmot • La marmotte des Alpes
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Als heimische Tierart und Winterschläfer ist das im deutschsprachigen Alpenraum "Murmeli", "Murmele", "Mungg" oder "Manggei" und auf Rätoromanisch "muntanella" genannte Alpenmurmeltier von besonderem zoopädagogischem Interesse und wird daher recht oft in europäischen zoologischen Einrichtungen gezeigt, schwergewichtig in der Alpenregion. Körperbau und KörperfunktionenDas Alpenmurmeltier, ist im Mittel etwas kleiner als das Steppenmurmeltier. Es erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 42-58 cm und ein Gewicht von 3.5-8 kg. Er hat einen längeren, 13-20 cm messenden Schwanz und eine etwas längere Schnauze. Die Ohren sind klein und verschwinden beinahe im Fell. Die Vorderseite der Schneidezähne ist gelb-orange oder braungelb. Das Fell besteht aus dichter Unterwolle und bis 5 cm langen Grannenhaaren. An Unterkiefer, Schnauze, Ellbogen und um die Augen befinden sich lange Tasthaare, welche die Orientierung im Bau erleichtern. Das Fell ist etwas dunkler als beim Bobak, von grau über dunkel graubraun bis gelblich grau variierend. Flanken, Bauch und Schnauzenpartie sind weiß- oder gelblich grau. Der hintere Teil des Schwanzes ist schwarz. Finger und Zehen sind mit kräftigen Krallen bewehrt. Der Daumen ist äußerlich nicht sichtbar. Die Fußsohlen sind nackt. Die Männchen verfügen über einen Penisknochen (Baculum). Weibchen haben vier Paar Zitzen [3; 4; 9; 13]. VerbreitungEuropäische Gebirge: Alpen (Frankreich, Italien, Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Deutschland und Slowenien), Karpaten, und Tatra-Gebirge. Angesiedelt in den Pyrenäen, im Neuenburger Jura (Creux-du-Van) und auf der Schwäbischen Alb, wo die Art im Pleistozän verschwunden ist. Ferner wurden In den Jahren 1954 und 1957 im Schwarzwald 11 Alpenmurmeltiere aus Graubünden und Kärnten angesiedelt, die sich bis 2005 auf etwa 30 vermehrten [1; 4; 5 u.a.]. Lebensraum und LebensweiseDas Alpenmurmeltier kommt als Eiszeitrelikt in baumlosen oder baumarmen Gebiete der alpinen und subalpinen Stufe der Gebirge vor. Geschlossener Wald und stark durchnässte, flachgründige Standorte werden gemieden. Nebst Weiden und Wildheuwiesen werden lockere Arven-Lärchenwälder und zur Ruhe gekommene Schutt- und Geröllhalden besiedelt. Die Hauptstandorte liegen in den Zentralalpen 400-600 m oberhalb der Waldgrenze. Oberhalb von 3'000 m gibt es keine regelmäßig besetzten Baue mehr [1; 5]. Die Tiere ernähren sich ausschließlich von pflanzlicher Nahrung wie Gräsern, Seggen und Kräutern, wobei sie junge, frische Pflanzenteile bevorzugen. Pro Tag nehmen sie etwa 1-1.5 kg Pflanzenmasse auf. Von August an beißen sie Grashalme an, lassen sie trocknen und tragen das Heu dann mit dem Maul als Polstermaterial und Winterfutter in den Bau. Die schon bei Conrad GESNER (1563) zu findende und 1769 vom französischen Naturforscher Comte de BUFFON in seiner "Histoire naturelle" übernommene Behauptung, ein Murmeltier lege sich auf den Rücken, belade seinen Bauch mit Heu und werde dann von Artgenossen am Schwanz in den Bau gezogen, gehört in das Reich der Fabel, zumindest konnte sie in jüngerer Zeit nie belegt werden. Die Murmeltiere leben in Kolonien, innerhalb derer Familiengruppen mit bis zu 15 Mitgliedern ihr eigenes Territorium mit eigenem Bau haben. Das Territorium wird mit Sekreten aus den Wangen- und Afterdrüsen markiert und gegen fremde gleichgeschlechtliche Tiere verteidigt. Halten sich die Tiere außerhalb des Baus auf, steht immer ein Familienmitglied Wache, um die Familie notfalls mittels schrillen Pfiffen vor einem Angriff durch einen Greifvogel oder Fuchs zu warnen [3; 4; 5; 9; 10; 12]. Die Baue sind sehr weitläufig, haben mehrere Eingänge, um die sich als Ausguck genutzte Auswurfhügel befinden, und Kammern, die etwa 3 m unter dem Boden liegen und bis 2 m Durchmesser haben können. Selbst im Sommer überschreitet die Bautemperatir 13ºC nicht. In einer mit Heu ausgepolsterten Kammer verbringt die Familie von Ende September bis Mitte April den Winterschlaf. Die Körpertemperatur der Tiere fällt während des Winters bis auf ca. 5° Celsius und das Herz schlägt nur noch 13 Mal pro Minute (normal 100 Herzschläge pro Minute). Sie erwachen in dieser Zeit im Rhythmus von drei bis vier Wochen, jedoch nur um Kot und Harn abzusetzen. Dann fallen sie erneut in den Tiefschlaf. Der Winterschlaf dauert ungefähr sechs Monate, so dass sie während der Schneeschmelze im Frühling aufwachen. Nach dieser Zeit haben sie 30-50% ihres Körpergewichts verloren [3; 4; 5; 13]. Die Paarungen finden nach dem Winterschlaf im Bau statt. Nach einer Tragzeit von 31-34 Tagen werden 2-4(-7) Junge geboren. Die Jungen sind bei der Geburt nackt und blind und wiegen etwa 30 g. Sie verlassen den Bau erstmals mit 3 Wochen, wenn sie ein Gewicht von etwa 500 g erreicht haben. Sie bleiben bis zum 3. Lebensjahr in der Familie und wandern dann ab [4; 7; 12]. Hauptfeind des Alpenmurmeltiers ist, nebst dem Menschen, der Steinadler. Im Kanton Graubünden machen zur Brutzeit Murmeltiere 60% der in den Hosrt eingetragenen Beutetiere und 73% der Biomasse der Beute aus [11]. Gefährdung und SchutzDas Alpenmurmeltier hat eine weite Verbreitung. Es unterliegt einer geregelten Bejagung und kommt in zahlreichen Schutzgebieten vor. Es gilt daher nach einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1]. Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Die Art ist nach Anhang III des Berner Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume geschützt, d.h. jegliche Nutzung ist so zu regeln, dass die Populationen in ihrem Bestand nicht gefährdet werden. Wiederansiedlung: Durch die nacheiszeitliche Wiederausbreitung der Wälder wurden die Murmeltiervorkommen in höher gelegene Regionen abgedrängt. Im Ostalpenraum wurde die Verbreitung fragmentiert. Einzelne Gebirgsstöcke wurden gar nicht besiedelt, auf anderen kam es zum Erlöschen der isolierten Vorkommen, die teilweise auf Überjagung zurückzuführen sind. In Ober- und Niederösterreich, Kärnten und der Steiermark verschwand die Art vollständig. Mitte des 19. Jahrhunderts begannen in Österreich intensive Aussetzungsbemühungen. Von 1860-1980 sind 92 Auswilderungen dokumentiert, durch welche die meisten für Murmeltiere bewohnbaren Gebirgsstöcke erfolgreich wiederbesiedelt werden konnten [14]. In der Schweiz war das Murmeltier durch starke Bejagung in Teilen der Freiburger Alpen sowie im Appenzellerland und im Toggenburg ausgerottet worden. Sowohl im freiburger Morteys-Tal als auch im Säntisgebiet konnte es mit Erfolg wiederangesiedelt werden [15]. Ab 2006 wurde die Art auch im im italienischer Nationalpark der Belluneser Dolomiten wiederangesiedelt [16]. Zoogestütztes Artenschutzprojekt:
Bedeutung für den MenschenSeit jeher wurden Alpenmurmeltiere wegen ihres Fleischs, Fetts und wegen ihrer Pelze gejagt bzw. früher auch mit Schlagfallen gefangen oder während des Winterschlafs ausgegraben. Das Fleisch soll frisch zubereitet nicht sonderlich gut schmecken. Es wird deshalb eingesalzen und geräuchert [15]. Das Fett wurde als Nahrungs- und Heilmittel sowie für technische Zwecke verwendet. Murmeltiersalbe oder "Munggenöl" ist in Österreich und der Schweiz heute noch als Naturheilmittel verbreitet und wird hauptsächlich bei rheumatoiden Erkrankungen und Muskel- oder Sehnentraumata eingesetzt. Murmeltierfleisch wird vor allem in Graubünden, Vorarlberg und Tirol konsumiert. Es soll vor der Zubereitung vollständig vom tranig schmeckenden Fett befreit werdenm. In der Schweiz wird es heute vor allem von der jenischen Bevölkerungsgruppe gegessen. In den wenigen Gaststätten, die es anbieten wird es in der Regel als Ragout zubereitet In Deutschland unterliegt das Murmeltier dem Jagdrecht, ist aber ganzjährig geschont. In der Schweiz hat der Jagddruck in den letzten Jahren nachgelassen. Wurden in den 1960er-Jahren jährlich um die 10'000 Stück erlegt waren es von 2010-20 noch 7'884 bis 4'971, wovon drei Viertel auf den Kanton Graubünden entfallen. In Österreich fluktuieren die Jahresstrecken um 7'000, im Jagdjahr 2020/21 waren es 6'948 Stück, die hauptsächlich in den Bundesländern Tirol und Salzburg zur Strecke kamen [2; 6; 7]. Wo Murmeltiere nicht bejagt werden, werden sie sehr vertraut, lassen sich gerne aus der Hand füttern und werden so zur Touristenattraktion. HaltungAlpenmurmeltiere können mit Schalenwild, wie Steinböcken oder Alpengemsen, vergesellschaftet und in für die Besucher begehbaren Gehegen gehalten werden. WEIGL gibt als Altersrekord 17 Jahre und 5 Monate an, erreicht von einem im Tierpark Bern gehaltenen weiblichen Wildfang [8]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 60 Zoos gehalten, von denen sich gegen zwei Drittel im deutschsprachigen Raum, namentlich in der Schweiz, befinden. Für Details siehe Zootierliste. Wie Alpenmurmeltiere gehalten werden (Beispiel): Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll ein Gehege für 3 Tiere 40 m² nicht unterschreiten. Für jedes weitere Tier kommen 5 m² zur Basisfläche dazu. Die Tiere müssen sich eingraben können oder es sind künstliche Baue anzubieten. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 6 Tiere ein Gehege vor, dessen Grundfläche 150 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 10 m² zur Basisflächen dazu. Die Tiere müssen graben können. Die frühere Fassung der Verordnung forderte für Murmeltiere 100 m² gestützt auf tiergärtnerische Erfahrung. Für die Erhöhung um 50% gibt es weder praktische noch wissenschaftliche Gründe. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für bis zu 5 Tieren eine Fläche von 80 m² erforderlich, für jedes weitere Tier ist die Fläche um 8 m² zu vergrößern. Die Tiere sind in Kolonien zu halten. Die Möglichkeit zur Überwinterung in einem frostfreien Überwinterungsquartier in Form eines Natur- oder Kunstbaues, muss gegeben sein. Taxonomie und NomenklaturDas Alpenmurmeltier wurde 1758 von Carl von LINNÉ unter der Bezeichnung "Mus marmota" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Marmota wurde 1779 von dem Göttinger Zoologen Johann Friedrich BLUMENBACH eingeführt. Es gibt zwei Unterarten: M.m. marmota lebt in den Alpen und M. m. latirostris in den Karpaten, in der Tatra und anderen hohen osteuropäischen Gebirgen [9]. |
Literatur und Internetquellen
- CASSOLA, F. (2016). Marmota marmota. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T12835A510082. http://www.iucnredlist.org/details/12835/0. Downloaded on 20 May 2018.
- EIDG. JAGDSTATISTIK
- FREYE, H.-A. in GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
- HAUSSER, J. et al. (Hrsg., 1995)
- REIMOSER, S. & REIMOSER, F. (2006)
- STATISTIK AUSTRIA
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D.E. & REEDER, D. M. (2005)
- GESSNER, C., FORRER, K. & HEROLD, J. (1563)
- HALLER, H. (1996)
- HEDIGER, H. (1951)
- GRAF, R. & FISCHER, C. (2021)
- PRELEUTHNER, M. (1999)
- HUBER, W. (1960)
- NATIONALPARK BELLUNESER DOLOMITEN