Europäisches Gleithörnchen (Pteromys volans) im Heimattiergarten Bierer Berg, Schönebeck
© Klaus Rudloff, Berlin
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Taxon ohne Rang: Nagetiere und Hasen (GLIRES)
Ordnung: Nagetiere (RODENTIA)
Unterordnung: Hörnchenverwandte (Sciuromorpha)
Familie: Hörnchen (Sciuridae)
Unterfamilie: Baum- und Gleithörnchen (Sciurinae)
Tribus: Gleithörnchen (Pteromyini)
Europäisches Gleit- oder Flughörnchen
Pteromys volans • The Siberian Flying Squirrel • Le polatouche de Sibérie
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Das nicht gefährdete Gleithörnchen ist als europäische Art, vor allem aber wegen der Spannhaut, die Extremitäten und Schwanz verbindet und den Tieren den Gleitflug ermöglicht, zoopädagogisch zwar interessant, hat aber den Nachteil dämmerungs- und nachtaktiv zu sein, was eine besuchergerechte Präsentation erschwert bzw. kostspielig macht. Die Zahl der Zoos, welche die Art zeigen, ist deshalb sehr überschaubar. Körperbau und KörperfunktionenDas Europäische bzw. Eurasische Gleithörnchen ist mit einer Kopf-Rumpflänge von 13.5-20.5 cm, einer Schwanzlänge von 9-14 cm und einem Gewicht von 72-170 g deutlich kleiner als unser Eichhörnchen. Es unterscheidet sich von diesem und den anderen Altwelthörnchen dadurch, dass seine Extremitäten durch eine breite Flatterhaut verbunden sind. Diese dient als Fallschirm, der das Hörnchen befähigt, bis 40 m weite Gleitflüge auszuführen. Sie ist auf der Oberseite dicht, auf der Bauchseite nur spärlich behaart. Ein knöcherner Sporn an der Handwurzel stützt das vordere Ende der Flatterhaut noch besonders. Der Schwanz dient als kräftiges Steuerruder und ist stark zweizeilig behaart. Das dicht und seidenweich anzufühlende Fell ist im Sommer auf der Oberseite fahlbraun, auf der Flughaut und der Außenseite der Beine dunkler graubraun, unten weiß und am Schwanz oben fahlgrau, unten lichtrostfarbig. Alle Haare der Oberseite sind am Grunde schwarzgrau und an der Spitze merklich lichter, die der Unterseite dagegen einfarbig weiß. Im Winter verlängert sich der Pelz, und Oberseite und Schwanz erscheinen silbergrau. Die Augen sind enorm groß [1; 2; 4]. VerbreitungEurasien: China, Estland, Finnland, Lettland, Japan, Korea Dem., Korea Rep., Mongolei, Russland. Möglicherweise ausgestorben in Weißrussland, ausgestorben in Litauen [3]. Lebensraum und LebensweiseDas Gleithörnchen besiedelt Wälder vom Meeresspiegel bis auf eine Höhe von ca. 2'500 m. Bevorzugt werden Fichtenmischwälder mit einem relativ hohen Anteil an Birken, Erlen (Alnus sp.) und Espen (Populus tremula) oder Laubwälder mit Unterholz aus Beerensträuchern. Die Laubbäume sind speziell wichtig als Nahrungsquelle, Erlen- und Birkenkätzchen sind eine Hauptnahrung im Winter und Erlenblätter im Sommer. Daneben werden Koniferennadeln, Knospen, Flechten, Beeren, Pilze sowie gelegentlich Vogeleier, Nestlinge und Kleinsäugerjunge verzehrt. Die Tiere sind hauptsächlich nachtaktiv und verschlafen den Tag in natürlichen Baumhöhlen, alten Nisthöhlen von Spechten, Eichhörnchenkobeln, Elstern- oder selbstgebauten Nestern. Der Eingang sollte möglichst einen Durchmesser von nur 2-5 cm haben, damit keine Marder eindringen können. Gleithörnchen leben solitär und verhalten sich territorial, wobei sich die größeren Männchenterritorien mit den etwa 8 ha großen der Weibchen überlappen. Sie machen keinen Winterschlaf und legen wie das Eichhörnchen Vorräte an [2; 3; 4; 6]. Ab Ende-Februar-März paaren sich die Weibchen mit meist mehreren Männchen. Nach einer Tragzeit von 42-48 Tagen werden 2-3 (1-6) Junge geboren. Diese öffnen ihre Augen mit 28-31 Tagen und beginnen das Nest mit 40-45 Tagen zu verlassen. Später im Jahr kann es einen zweiten Wurf geben [2; 6]. Gefährdung und SchutzObwohl die das Eurasische Gleithörnchen als ausgesprochener Kulturflüchter in Teilen seines Areals ausgestorben ist und in manchen Gebieten im Bestand abnimmt, wird es seit 1996, letztmals überprüft 2016, als nicht-gefährdet eingestuft (Rote Liste: LEAST CONCERN), weil es eine sehr weite Verbreitung hat und die Bestandsverluste gesamthaft sicher weniger als 30% im Verlauf der letzten drei Generationen ausmachten [3]. Der internationale Handel wird durch CITES nicht geregelt. Bedeutung für den MenschenDas Gleithörnchen wurde gebietsweise zur Gewinnung von Fellen bejagt, die unter dem Namen "Molenda" oder "Fliegender Hund" als Besatz Verwendung fanden [3; 4]. HaltungHaltung in der Regel in Nachttierhäusern. Durch entsprechendes Management (Fütterungszeiten) ist eine teilweise Umstellung auf Tagaktivität zu erreichen. In Außenanlagen Gemeinschaftshaltung mit tagaktiven Zwergstreifenhörnchen (Tamiops) oder Hühnervögeln möglich. Als Altersrekord gibt WEIGL 11 Jahre und 5 Monate an, erreicht von einem als Jungtier der Natur entnommenen und im Zoo von Helsinki gehaltenen Männchen [5; 7]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund einem Dutzend Zoos gehalten, von denen sich gegenwärtig (2024) die Hälfte im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll ein Gehege für 1-2 Tiere mindestens 10 m² Grundfläche und eine Höhe von 2.5 m aufweisen. Für jedes weitere Adulttier sind 2 m² zusätzliche Fläche erforderlich, was wohl nicht gut funktionieren dürfte. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege vor, dessen Grundfläche bei einer Höhe von 2.5 m 16 m² misst. Die Haltung von mehr als 2 erwachsenen Tiere im selben Gehege ist nicht vorgesehen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind für 1-2 Tiere eine Fläche von 8 m² und eine Höhe von 2 m erforderlich. Die Tiere sind solitär oder paarweise zu halten. Taxonomie und NomenklaturDas Eurasische Gleithörnchen wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Sciurus volans" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Pteromys wurde 1880 von dem französischen Naturforscher und Direktor der Ménagerie von Paris, Georges-Frédéric CUVIER, eingeführt. Es werden gegenwärtig 4 Unterarten anerkannt, in Europa kommt die Nominatform vor [6]. |
Literatur und Internetquellen
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
- SHAR, S., LKHAGVASURENk, D., HENTTONEN, H., MARAN, T. & HANSKI, I. (2016). Pteromys volans (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T18702A115144995. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-3.RLTS.T18702A22270935.en . Downloaded on 17 February 2021.
- FREYE, H.-A. in GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)