Weißes Kurzhaarmeerschweinchen, Cavia porcellus (kein Albino) im Tierpark Dählhölzli, Bern
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Taxon ohne Rang: Nagetiere und Hasen (GLIRES)
Ordnung: Nagetiere (RODENTIA)
Unterordnung: Stachelschweinverwandte (Hystricomorpha)
Familie: Meerschweinchen (Caviidae)
Unterfamilie: Eigentliche Meerschweinchen (Caviinae)
Hausmeerschweinchen
Cavia porcellus • The Guinea Pig • Le cochon d'Inde
- Körperbau und Körperfunktionen
- Domestikation und Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Das Hausmeerschweinchen ist nicht nur ein beliebtes Heim- und vielfach verwendetes Labortier, sondern wird auch in den allermeisten Zoos und Tierparks gehalten, vielfach als Schau- und mit Einschränkungen Streicheltier in Kinderzoos, aber auch zu Futterzwecken hinter den Kulissen. Körperbau und KörperfunktionenHausmeerschweinchen unterscheiden sich von der Wildform hauptsächlich dadurch, dass sie größer werden - Männchen erreichen ein Gewicht von 600-1'300(-1'400) g, Weibchen von 1'200 g - und dass es verschiedene Felltypen und die unterschiedlichsten Farbschläge gibt. Darüber hinaus ist ihr ist Körper gedrungener und rundlicher und ihre Schnauze stumpfer, die Ohren sind größer, oft als Hängeohren ausgebildet, und die Hinterbeine sind kürzer. Die Augenfarbe ist variabel. Oft tritt Polydaktylie auf. Hinsichtlich Fellstruktur kann man vier Haupttypen unterscheiden: Nebst den häufigen, kurzhaarigen Glatthaarmeerschweinchen gibt es Rosettenmeerschweinchen, bei denen die ebenfalls kurzen Haare in Wirbeln vom Körper abstehen und Angorameerschweinchen, im Prinzip langhaarige Rosettenmeerschweinchen, sowie Nacktmeerschweinchen. Sowohl von den Kurzhaar- wie den Langhaarmeerscheinchen gibt es zahlreiche Varianten, die zum Teil als Rassen rein gezüchtet werden, so z.B. Teddy-Meerschweinchen, im Prinzip ein Rosettenmeerschweinchen mit etwas verlängertem Haar, oder Satin-Meerschweinchen mit feinem, gänzendem Kurzhaar. Ferner wurden bis 4 kg schwere Riesenmeerschweinchen gezüchtet [4; 5]. Domestikation und Bedeutung für den MenschenDiese Haustierform ist vermutlich ein Abkömmling des Tschudi-Meerschweinchens (Cavia tschudii), das vor ungefähr 4'000 bis 7'000 Jahren im Andenraum (Bolivien, Ekuador, Peru) domestiziert wurde. Ursprünglich - und in den Andenstaaten heute noch - ein Fleischlieferant, hat das Meerschweinchen als Heim- und Versuchstier weltweite Verbreitung gefunden. In Peru werden sogenannte Crillo-Meerschweinchen (cuy criollo mejorado) zur Fleischproduktion gezüchtet. Diese sind extragroß, kurzhaarig, kommen in den Farben Rot, Rot-Weiss und Weiss vor, weisen besonders häufig Polydaktylie auf und sollen ein Gewicht von bis zu 3.6 kg erreichn. Ab 2010 wurden Criollos unter der Bezeichnung "Riesenmeerschweinchen" als Heimtiere in die USA eingeführt. Sie erwiesen sich aber als stressanfällig und werden kaum zahm [9]. Nach Europa gelangten Riesenmeerschweinchen ab 1995. Sie werden bei uns "Cuy" genannt. HaltungViele Zoos halten Hausmeerschweinchen im Kinderzoo oder nehmen welche auf, die von Privatpersonen nicht mehr gehalten werden können. Sie werden aber auch hinter den Kulissen gezüchtet, um als Futter für Kleinraubtiere, Greifvögel und Reptilien zu dienen. Tiergesundheit: In den Anden sind Meerschweinchen ein Reservoir für die Pest (Yersinia pestis), die überwiegend durch Flöhe auf den Menschen übertragen werden kann. In Europa kommen Infektionen mit Yersinia psuedotuberculosis vor. Hauptsächlich spielen aber nicht-infektiöse Erkrankungen, wie Zahnprobleme, Harnsteine, Erkrankungen der Gebärmutter und der Eierstöcke, eine Rolle. Pilzerkrankungen der Haut sind häufig, ferner können öfter verschiedene Haarlinge (Gliricola procelli, Trimenopus hispidum, Gyropus ovalis) beobachtet werden [10]. Haltung in europäischen Zoos: Hausmeerschweinchen werden in weit über 600 zoologischen Einrichtungen gehalten. Meistens wird nicht auf die Rasse geachtet, neben diesen Feld- Wald und Wiesenmeerschweinchen werden aber auch rund 16 Rassen rein gezüchtet. Für Details siehe Zootierliste. Über den Einzug des Meerschweinchens nach Europa weiß Altvater BREHM [1]: "So viel wir wissen, ist das Thierchen bald nach der Entdeckung Amerikas, im sechszehnten Jahrhundert also, und zwar durch die Holländer zu uns gebracht worden. Geßner kennt es bereits. »Das Indianisch Känele (Kaninchen) oder Seuwle«, sagt sein Uebersetzer in dem im Jahre 1583 erschienenen Thierbuche, »ist bey kurzen jaren auß dem neüwerfundnen land in vnsern teil deß erdtreichs gebracht worden, jetz gantz gemein: dann es ist ein überaus fruchtbar thier, dieweyl es acht oder neun Junge in einer burt harfür gebiert ..." Der Zürcher Stadtarzt Conrad GESSNER (1516-1565) hatte tatsächlich von seinem Augsburger Berufskollegen Johannes Henricus MUNZINGER zwei lebende Meerschweinchen bekommen und wurde so zum ersten eidgenössischen Meerschweinchenhalter. Er hat die Tiere beobachtet und als Cuniculus indus beschrieben, in der deutschen Übersetzung allerdings nicht als "Känele", wie BREHM meint, sondern als "Künele" (das Kaninchen heißt auf Alemannisch "Küngel"). Dabei hat er offensichtlich polydaktyle Tiere erhalten, denn er schreibt, sie hätten "vornen sechs finger / hinden fünff", währenddem die Mereschweinchenartigen in der Regel vorne nur vier Finger und hinten nur drei Zehen haben [1; 2; 6]. Vom Basler Maler Hans Hug KLUBER (1535/36-1578) gibt es eine zeitgenössische Abbildung von drei Meerschweinchen, die sehr realistisch ist, wenn man davon absieht, dass auch hier die Tiere zu viele Zehen haben, was darauf hindeutet, dass Polydaktylie bei Meerschweinchen kein neues Phänomen ist. Das Säugetiergutachten 2014 findet keine Anwendung aus Hausmeerschweinchen. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) verbietet die Haltung von Einzeltieren und schreibt für 2 Tiere eine Mindestfläche von 5'000 cm², für jedes weitere Adulttier von 2'000 cm² vor, für Jungtiere unter 700 g ab dem 3. Tier von 1'000 cm² zusätzlich vor. Anhang 3 enthält abweichende Angaben für als Versuchstiere gehaltene bzw. gezüchtete Meerschweinchen, die im Zoo allenfalls für die Haltung von Futtertieren herangezogen werden können. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 20243) sind Hausmeerschweinchen paarweise oder in Gruppen, jedoch nicht zusammen mit Kaninchen, zu halten. Die Käfiggröße für 1 bis 2 Tiere muss mindestens 100 x 60 x 50 cm (Länge x Breite x Höhe), die Grundfläche für jedes weitere erwachsene Tier mindestens 2'000 cm² betragen. Den Tieren sind eine Schlafhöhle und erhöhte Liegeflächen anzubieten. Taxonomie und NomenklaturDas Hausmeerschweinchen wurde im Rahmen der binären Nomenklatur erstmals 1758 von Carl von LINNÉ als "Mus porcellus" beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Cavia wurde 1766 vom Berliner Naturforscher Peter Simon PALLAS, den Katharina die Große als Professor nach Petersburg berufen hatte, eingeführt [8]. Im Sinne der BOHLKEN-Nomenklatur wurde das Hausmeerschweinchen als Cavia aperea f. porcellus bezeichnet. Mittlerweile wird allerdings davon ausgegangen, dass Cavia aperea nicht die wilde Ahnform ist, sondern mutmaßlich Cavea tschudii [7]. In Anbetracht der Unsicherheiten wird hier die Bezeichnung "Cavia porcellus" verwendet. "Guinea Pig", die englische Bezeichnung für das Meerschweinchen bezog sich ursprünglich wohl auf Pinselohrschweine, die von westafrikanischen Sklaven nach Brasilien mitgebracht wurden, sich dort aber nicht halten konnten[3]. In vielen Gegenden Süd- und Mittelamerikas werden die Meerschweinchen mit Namen wie "cuy", "cuye", "cuyi", "cuyo", "cuilo" oder "cuis" bezeichnet. Diese leiten sich von dem aus der Quechua-Sprache stammenden, Namen "quwi" ab, der onomatopoetisch auf das Pfeifen der Meerschweinchen Bezug nimmt. |
Literatur und Internetquellen
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- LEU, U.B. & RUOSS, M. (Hrsg. 2016)
- MOHR, E. (1960)
- OSTRZECHA, P. & HIRT, J. (2003)
- SCHWEINCHENWELT
- GESSNER, C., FORRER, K. & HEROLD, J. (1563)
- SPOTORNO, A. E., VALLADARES, J. P., MARÍN, J. C. & ZEBALLOS, H. (2004)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- CHICAGO EXOTIC PETS HOSPITAL
- GÖLTENBOTH, R. & KLÖS, H.-G. (1995)