Weißborstengürteltier (Euphractus sexcinctus)im Tierpark Zittau
© Klaus Rudloff, Berlin
Überordnung: Zahnarme, Nebengelenktiere (XENARTHRA)
Ordnung: Gepanzerte Nebengelenktier (CINGULATA)
Familie: Gürteltiere (Dasypodidae)
Unterfamilie: Borstengürteltiere (Euphractinae)
Weißborsten- oder Sechsbindengürteltier
Euphractus sexcinctus • The Six-banded Armadillo • Le tatou à six bandes
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Das im Freiland nicht gefährdete Weißborstengürteltier stellt, sofern adäquat präsentiert, ein attraktives Zootier dar, das die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zieht und gut als Botschafter für Natur- und Artenschutz in Südamerika eingesetzt werden kann. Da es auch tagaktiv und in der Haltung wenig anspruchsvoll ist, wird es häufig in europäischen Zoos gehalten und auch gezüchtet. Körperbau und KörperfunktionenDas Weißborstengürteltier erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 40-50 cm, eine Schwanzlänge von 20-25 cm und ein Gewicht von 3.5-4.5(-5) kg. Der blassgelbe oder hellbraune Panzer ist am Rand gezackt, weist 6 beweglichen Gürtel auf und ist spärlich mit langen, weißen Borsten behaart, was der Art in Uruguay den Namen "peludo" eingetragen hat (in Argentinien werden die Braunborstengürteltiere so bezeichnet). Die Ohren sind lang. Als Anpassung an die omnivore Ernährung ist der Schädel massiv und bietet der kräftigen Kaumuskulatur große Ansatzflächen, und sind die Zähne meißelförmig. Es sind Pheromone bildende Beckendrüsen vorhanden, die an mehreren Öffnungen in der Mittellinie des Beckenschilds münden. Die Weibchen haben zwei Zitzen [2; 4]. VerbreitungSüdamerika: Weit verbreitet in Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay; Surinam, Uruguay [1]. Lebensraum und LebensweiseDas Weißborsten-Gürteltier besiedelt vorzugsweise offene Landschaften wie Savannen, Busch und teilweise laubabwerfende Trockenwälder, kann aber auch in dichteren Sekundärwäldern und im Amazonas-Regenwald vorkommen und modifizierte Habitate, wie Baum- und Zuckerrohrplantagen, Viehweiden und kleinräumiges Ackerland nutzen. Die Tiere leben solitär und sind hauptsächlich tagaktiv. Gefressen wird tierisches und pflanzliches Material wie Aas, Insekten, Schnecken, kleine Vertebraten, Früchte, Blätter Wurzeln und Palmensamen. Mit den kräftigen Krallen werden Ameisenhaufen aufgerissen, um die Larven und Eier verzehren zu können. Mit den kräftigen Zähnen können sogar kleine Palmnüsse geknackt werden. Das Gebiss wird auch bei innerartlichen Auseinandersetzungen eingesetzt oder wenn versucht wird, ein Tier hochzuheben. Nach einer Tragzeit von 60-65 Tagen werden jeweils 2 (1-3) Junge geboren. Diese können zu jeder Jahreszeit anfallen. Sie sind bei der Geburt nackt, blind und völlig hilflos, mit einem Gewicht von 95-115 Gramm. Bereits mit 2 Wochen haben sie ihr Gewicht verdoppelt. Sie werden 55 Tage gesäugt und sind mit 9 Monaten geschlechtsreif [3; 4]. Gefährdung und SchutzDie Art ist weit verbreitet, häufig und kommt in zahlreichen Schutzgebieten vor. Sie wurde daher aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2013 als nicht-gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) eingestuft. Ein Monitoring ist jedoch wegen des raschen Anwachsens der menschlichen Bevölkerung und der damit einhergehenden Beeinträchtigung der limitierten Savannenhabitate für die Populationen nördlich des Amazonas angezeigt [1]. Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Bedeutung für den MenschenWeißborsten-Gürteltiere werden von der lokalen Bevölkerung zur Gewinnung von Fleisch und zur Verwendung von Körperteilen in der Volksmedizin gejagt. Häufig finden ihre Panzer als Körbe oder Resonanzkörper für kleine Saiteninstrumente Verwendung [1]. HaltungAls überwiegend tagaktive Tierart gehört das Weißborsten-Gürteltierzu den häufig in Zoos gehaltenen Gürteltier-Arten. Es wird auch regelmäßig nachgezüchtet. Der publizierte Altersrekord wird von einem Männchen gehalten, das im Zoo von Oppeln im Alter von 22 Jahren und 1 Monat starb [5]. Bei der Vergesellschaftung mit anderen Arten ist Vorsicht geboten, weil Weißborsten-Gürteltiere gelegentlich kleinere bodenlebende Säugetiere, z.B. Acouchys, töten und fressen. Haltung in europäischen Zoos: In europäischen Zoos gibt es Weißborsten-Gürteltiere schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Dem Kölner Zoo gelang bereits im Jahr 1861 die Zucht. Die Art wird gegenwärtig in über 70 Zoos gehalten, von denen sich etwa zehn im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Wie Weißborsten-Gürteltiere gehalten werden (Beispiel): Der Breslauer Zoo besaß von 1960 bis mindestens 1973 eine Kolonie von ca. 5.15 Weißborsten-Gürteltieren. Im Winter wurden sie bei einer mittleren Temperatur von 19.4ºC einzeln in Behältern von ca. 1.5 m° in einem Treibhaus gehalten, im Sommer teilten sie sich ein Freigehege von 126 m². Es wurden regelmäßig Junge geboren und aufgezogen [3]. Forschung im Zoo: In einer umfangreichen Dissertation wurden nicht nur zahlreiche biologische Informationen zusammengetragen, sondern auch die damalige Praxis der Haltung von Gürteltieren in Menschenobhut untersucht und beurteilt. Dabei wurde festgestellt, dass große Haltungsdefizite bestehen, welche grösstenteils auf mangelndem Wissen über diese wenig untersuchten Tiere beruhen. Es wurden Vorschläge zur Verbesserung der Situation gemacht [4]. Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt für die Haltung eines Paars ein Innengehege von 10 m² und für jedes weitere Adulttier 2 m² zusätzlich vor. Ein Außengehege ist fakultativ. Im Gutachten’96 waren 4 m² pro Paar und 1 m² zusätzlich für jedes weitere Tier vorgegeben worden. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 1-2 Tiere ein Innengehege von 6 m² und für jedes weitere Tier 1.5 m² zusätzlich vor. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (2024) fordert für ein Paar eine Grundfläche von 10 m² und für jedes weitere Tier 1 m² mehr. Taxonomie und NomenklaturDie Art wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Dasypus sexcinctus" beschrieben. 1830 stellte sie der an der Ludwig-Maximilians-Universität in München tätige Zoologe Johann Georg WAGLER in die neue, monotypische Gattung Euphractus. Innerhalb der Art werden 5 Unterarten anerkannt: E. s. boliviae (Paraguay, Bolivien), E. s. flavimanus (Argentinien, Süd-Brasilien, Paraguay, Uruguay), E. s. setosus (Südost-Brasilien), E. s. sexcinctus (Nord-Brasilien, Surinam) und E. s. tucumanus (Argentinien) [6]. |
Literatur und Internetquellen
- ABBA, A.M. et al. (2014). Euphractus sexcinctus. The IUCN Red List of Threatened Species 2014: e.T8306A47441708. http://www.iucnredlist.org/details/8306/0. Downloaded on 20 May 2018.
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- GUCWINSKA, H. (1971)
- SUPERINA, M. (2010)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)