Barasingha-Hirsch (Rucervus duvaucelii) im Parc animalier et botanique de Branféré, Le Guerno
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: LAURASIATHERiA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hirsche (Cervidae)
Unterfamilie: Echte Hirsche (Cervinae)
Tribus: Echthirsche im engeren Sinn (Cervini)
Barasingha oder Zackenhirsch
Rucervus duvaucelii • The Barasingha • Le cerf de Duvaucel
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der Barasingha ist eine in ihrer Heimat gefährdete Art relativ großer Hirsche mit vielendigem Geweih, die leider in letzter Zeit im deutschsprachigen Raum aus der Mode geraten ist: Nachdem seit dem Jahr 2000 sieben Zoos ihre Haltung aufgegeben haben, ist sie nur noch in einer sehr kleinen Gruppe im Zoo Berlin zu sehen Körperbau und KörperfunktionenMit einer Kopf-Rumpflänge von 180-190 cm, einer Schulterhöhe von (115-)120-135 cm und einem Gewicht von 170-200 (-257) kg bei den Hirschstieren, sowie einer Schulterhöhe von 100-115 cm und einem Gewicht von 140-145 kg bei den Kühen gehört der Barasingha zu den größeren Hirschen. Der Schwanz ist mit 14-19 (12-20) cm nicht besonders lang. Der nackte Nasenspiegel ist schwarz, die Ohren sind groß und rundlich. Das bis etwa 1 m lange Geweih gabelt sich mehrfach und kann so 14 Enden erreichen. Vom 2. und 5. Strahl des Fußskeletts ist nur der proximale Teil erhalten, Brasinghas gehören also zu den plesiometacarpalen Hirschen. Die Klauen sind breit und spreizbar, die Afterklauen lang. Das Haar ist hart und wasserabstoßend. Das Sommerfell ist leuchtend bernteingelb bis rotbraun. Flanken und Bauch sind etwas heller, Kehle, Kinn, Innenseiten der Ohren (im Winter) und der Läufe sowie die Unterseite des Wedels sind weiß. Die Tiere mancher Populationen haben weiße Flecken und einen Aalstrich. Das Winterfell ist graubraun. Hirschstiere sind dunkler als Kühe und haben im Winterfell eine schwach entwickelte Halsmähne [3; 4; 6; 9]. VerbreitungSüdasien: Nord- und Zentralindien, Südwestnepal. Ausgestorben in Pakistan und Bangladesch [2]. Lebensraum und LebensweiseDie zentralindischen Barasinghas bewohnen offene Salwälder (Shorea robusta) mit grasbestandenen Böden, die nördlichen Formen sind in zeitweilig überschwemmten Grasländern und in Sümpfen zu finden. Die Tiere äsen im Terai vorzugsweise Gräser der Gattungen Imperata, Narenga, Phragmites und Saccharum, im Salwald des Dekkan Bothriochloa, Themeda, Saccharum und Vetivera, und fressen im Tiefland auch Wasserpflanzen [2; 4; 7; 8]. Beim Barasingha werden in Indien im Winter zumeist kleine, während des Monsums mittelgroße und während des Sommers große Herden angetroffen. Während des Sommers kann man reinen Junggesellenherden begegnen, während des ganzen Jahres gibt es aber gemischte Herden mit in etwas gleich vielen männlichen wie weiblichen Tieren. Geweihentwicklung und Fortpflanzuung sind bei den drei Populationen jahreszeitlich verschieden. Die Brunft kann stattfinden, wenn ein Teil der Stiere noch im Bast ist. In europäischen Zoos wird das Geweih meist von Januar bis März abgeworfen, Fegezeit ist Juli-August, die Brunft fällt auf Juli bis Februar und die etwa 7 kg schweren, gefleckten Kälber werden nach eine Tragzeit von etwa 240-250 Tagen von April bis November gesetzt. Die Kühe werden mit etwa 2 Jahren geschlechtsreif, Stiere gelangen kaum vor dem 4. Lebensjahr zur Fortpflanzung [6; 7; 9]. Gefährdung und SchutzDer Barasingha ist in Teilen seines Verbreitungsgebiets ausgestorben. Die Restbestände werden auf 3'500 - 5'100 Individuen geschätzt ihr Areal ist fragmentiert und die Bestandestendenz ist abnehmend. Die Art wird deshalb aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 als gefährdet eingestuft (Rote Liste: VULNERABLE) [2]. Der Bestand des Barasinghas ist von guten Hochgraszonen und gut durchwässerten Gebieten abhängig. Die in Kanha 1902 durch BRANDER eingeführte Praxis, die Wiesen abzubrennen, dürfte mit ein Grund für den Niedergang der südlichen Unterart gewesen sein. 1938 wurden im Kanha-Nationalpark noch 3'038 Tiere gezählt, 1966 war mit nur noch 66 Tieren der absolute Tiefstand erreicht. 1972 zählte eine Forscherguppe aus Zürich 96 Tiere. Dank verschiedener Schutzmaßnahmen - Bekämpfung der Wilderei, Verminderung des Weidedrucks durch Haustiere im Nationalpark und Verlegen der Luderplätze für die Tiger - stieg bis 2004 der Bestand wieder auf ungefähr 350-400 Tiere an und wurde für 2020 mit 800 angegeben [2; 5; 11]. Eine Umsiedlungen von Barasinghas Anfang 2000 aus Kanha in den Bandhavgarh-Nationalpark erwies sich als Fehlschlag. Auch die Umsiedlung von 7 Tieren aus Shuklaphanta in den Chitwan-Nationalpark war ein Misserfolg.Im Satpura-Tigerreservat gab es zwar Rückschläge, aber die 2016 ausgewilderten 33 Tiere vermehrten sich bis Januar 2020 auf 80, worauf der Bestand im Februar 2020 mit weiteren 13 Individuen gestützt wurde [11]. Der internationale Handel ist durch CITES Anhang I eingeschränkt. Eine Einfuhr aus den Ursprungsländern nach Europa ist auch aus tierseuchenrechtlichen Gründen praktisch ausgeschlossen. Bedeutung für den MenschenDie Barasinghas wurden - und werden illegalerweise immer noch - wegen ihres Fleischs bejagt und weil ihre Geweihe bei der lokalen Bevölkerung wegen ihrer vermeintlichen Heilwirkung begehrt sind (zu einem Pulver zermahlen und mit Euphorbienblättern vermischt werden sie als Rheuma- und Asthmamittel verwendet). Aus den Häuten werden Peitschen gefertigt. Wegen ihres vielendigen Geweihs waren sie auf dem indischen Subkontinent auch Ziel der Trophäenjagd und werden heute zu jagdlichen Zwecken in den Vereinigten Staaten auf Großfarmen gehalten. [2; 3; 5]. Im Zeitraum 1977-2017 meldeten die Ursprungsländer Indien und Nepal keine Exporte von Naturentnahmen. Während derselben Periode wurden weltweit 148 Nachzuchttiere im grenzüberschreitenden Verkehr registriert. Wichtigstes Ausfuhrland war Deutschland mit 41 Tieren [1]. HaltungWEIGL gibt als Höchstalter für eine im Oklahoma City Zoo gehaltene Brasingha-Hirschkuh 24 Jahre und 5 Monate an [9]. Im Europäischen Zuchtbuch ist der älteste Hirsch mit 20, die älteste Hirschkuh mit 24 Jahren angegeben [12]. Haltung in europäischen Zoos: Seit 2020 gibt es ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das vom Zoo Olmütz als "New Style"-EEP koordiniert wird. Am 1.1.2021 umfasste das Programm 190 Tiere in 13 Institutionen [12]. Mehrere Zoos haben die Haltung in jüngerer Zeit aufgegeben. Gegenwärtig (2024) wird die Art noch in rund 20 Institutionen (von denen nicht alle am EEP teilnehmen) mit Schwerpunkt in Großbritannien gezeigt. Im deutschsprachigen Raum gab es um 2000 noch 6 Haltungen in Deutschland, 2 in Österreich und eine in der Schweiz. Heute lebt das einzige verbleibende Rudel im deutschsprachigten Raum im Tierpark Friedrichsfelde. Für Details siehe Zootierliste. Die in Europa vorhandenen Barasinghas werden den Unterarten duvauceli und branderi zugeschrieben, dürften aber alle miteinander verwandt sein. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 400 m² zur Verfügung stehen. Für jedes weitere Tier kommen 20 m² zur Basisfläche dazu. Zudem wird ein Stall von 6 m²/Tier vorgegeben. Laut Säugetiergutachten können lediglich bei Milus, Dam- und Weißwedelhirschen in großen Gehegen auch mehrere Männchen gemeinsam gehalten werden. Diese bei PUSCHMANN et. al. (2009) abgeschriebene Behauptung ist falsch. Bei den meisten Hirscharten ändert sich die soziale Organisation im Jahresverlauf. Beim Barasingha ist ein Haltung in gemischten Herden ganzjährig möglich [7]. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 6 Tieren ein Gehege mit einer Suhle und einer Badegelegenheit vor, dessen Grundfläche 800 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisfläche dazu. Ferner ist ein Stall mit einer Fläche von 6 m²/Tier erforderlich. Bei Haltung auf Naturboden wie gewachsen sind die Flächen zu verdreifachen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind für 1-5 Tiere 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Für tropische Arten ist zudem ein beheizter Stall mit einem Mindestausmaß von 4 m² pro weibliches Tier mit einer Mindesttemperatur von 10°C vorgeschrieben, der wahlweise aufgesucht werden kann. Taxonomie und NomenklaturDer Barasingha wurde 1823 vom französischen Naturforscher und Direktor der Ménagerie von Paris, Georges CUVIER, als "Cervus duvauceli" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Der Gattungs- bzw. bis vor wenigen Jahren Untergattungsname Rucervus geht auf das Jahr 1838 und Brian Houghton HODGSON, einen in Nepal und Indien niedergelassenen englischen Naturforscher und Ethnologen zurück. Vom Barasingha wurden traditionell zwei und werden seit 1982 drei Unterarten unterschieden [3; 9; 10]:
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Literatur und Internetquellen
- CITES TRADE DATA BASE
- DUCKWORTH, J.W. et al. (2015). Rucervus duvaucelii. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T4257A22167675. http://www.iucnredlist.org/details/4257/0. Downloaded on 26 May 2018.
- GRZIMEK, B. (ed., 1970)
- JOHNSINGH, A. & MANJREKAR, N. (eds., 2015
- MARTIN, C. (1973)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- TEWARI, R. & RAWAT, G. S. (2013)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- KANHA NATIONAL PARK
- PLUHÁČEK; J. & GARGULÁKOVÁ, A. (2021). European Studbook for Barasingha Rucervus duvaucelii (G. Cuvier, 1823) 3rd edition 2020. Zoo Ostrava.