Indischer Muntjak (Muntiacus muntjak), Bock im Taman Safari Indonesia II, Prigen, Java
© Roland Wirth, Gauting
Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hirsche (Cervidae)
Unterfamilie: Echte Hirsche (Cervinae)
Tribus: Muntjaks (Muntiacini)
Indischer Muntjak
Muntiacus muntjak s. l. • The Red Barking Deer • Le muntjac de l'Inde ou le cerf aboyeur
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der Indische Muntjak ist zoopädagogisch interessant, weil er ein urtümlicher Hirsch mit nur gering entwickeltem Geweih und hauerartig verlängerten Eckzähnen ist. Er wurde in europäischen Zoos fast vollständig durch den Chinesischen Muntjak verdrängt. Dies könnte aber als Folge der Europäischen Verordnung betreffend invasive Arten ändern, weil diese die Haltung jener Art verbietet. Körperbau und KörperfunktionenDer Indische Muntjak erreicht eine Kopf-Rumpf-Länge von 90-120 cm, eine Schulterhöhe von 50-70 cm, eine Schwanzlänge von 17-19 cm und ein Gewicht von 20-28(-35) kg. Damit ist er deutlich größer als der in Zoos weitverbreitete Chinesische. Auf der Stirn haben die Tiere Knochenleisten, die sich beim Bock in die langen, behaarten Rosenstöcke fortsetzen, auf denen das 8-20, gelegentlich bis 27 cm lange Spieß- oder Gabelgeweih sitzt, das jährlich abgeworfen wird. Das kurze Fell ist ganzjährig rotbraun, Kinn, Kehle, Bauch, Beininnenseiten und die Unterseite des Schwanzes sind weiß. Es ist eine schwarze Gesichtszeichnung vorhanden und je nach Unterart können die Läufe mehr oder weniger ausgedehnt schwarze Bereiche haben [3; 5; 10]. VerbreitungSüd- und Südostasien: Bangladesch, Bhutan, Brunei, Süd-China, Hongkong, Indien, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Nepal, Pakistan, Sri Lanka, Thailand, Vietnam. Ausgestorben in Singapur [7; 8]. 1901 wurden 31 Indische Muntjaks (Muntiacus muntjak) im englischen Woburn Abbey ausgewildert. Diese starben aber im Gegensatz zum ebenfalls angesiedelten Chinesischen Muntjak (M. reevesi) wieder aus [1]. Lebensraum und LebensweiseDer Indische Muntjak besiedelt unterschiedliche Waldtypen vom Tiefland bis auf eine Höhe von 1'500 m. Er kommt aber auch in Buschland und Savannen vor und kommt mit vom Menschen modifizierten Lebensräumen gut zurecht. Die Tiere leben meist einzeln, sind aber nicht asozial, gelegentlich werden bis zu 4 Individuen zusammen beobachtet. Böcke haben Streifgebiete, die in Nepal im Mittel 700 ha umfassen. Diese werden intensiv markiert, und gegen Geschlechtsgenossen verteidigt. Die Streifgebiete der Ricken sind etwa kleiner. Die Tiere sind Selektiväser, die sich vor allem von Blättern, Knospen, Schösslingen und Früchten ernähren, daneben aber auch tierisches Material zu sich nehmen [3; 7; 8; 10]. Indische Muntjaks haben keine feste Fortpflanzungszeit. Weibliche Tiere werden mit etwa 8-10 Monaten geschlechtsreif. Die Tragzeit beträgt im Mittel 210 Tage. Es wird meist ein einzelnes Kitz geboren. Die gefleckten Jungen wiegen etwa 1.2-1.5 kg. Sie werden mit etwa 70 Tagen entwöhnt [10]. Gefährdung und SchutzDie Art hat eine weite Verbreitung und ist gegenüber der Umwandlung ihres natürlichen Lebensraums in Baumpflanzungen oder Agrarland recht resistent. Ihr Bestand ist trotz intensiver Bejagung groß, allerdings mit regional unterschiedlichen Trends. Sie wird seit 1996, letztmals überprüft 2015, als nicht-gefährdet eingestuft (Rote Liste: LEAST CONCERN) [7; 8]. Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt. Bedeutung für den MenschenIndische Muntjaks werden zur Gewinnung von Fleisch, Häuten sowie Körperteilen und Embryonen für die Zwecke der traditionellen Medizin bejagt. Zum Einsatz kommen Drahtschlingen, Speere und Schusswaffen [7; 8]. HaltungWEIGL gibt als Höchstalter 18 Jahre und 9 Monate für einen im Zoo Berlin geborenen und später in Antwerpen gehaltenen Bock an [9]. In einer neueren Arbeit werden 23.2 Jahre angegeben [4]. Haltung in europäischen Zoos: Wegen der Konzentration auf den Chinesischen Muntjak ist der Indische nur in sehr wenigen Zoos zu sehen, hauptsächlich in Frankreich. Ob es in jedem Fall effektiv Indische Muntjaks sind ist zumindest fraglich. Für Details siehe Zootierliste. Forschung im Zoo: Entsprechend der geringen Zahl der Haltungen gibt es nur wenige Arbeiten über Indische Muntjaks. So wurde z.B. im Zoo Berlin das Verhalten im Vergleich zu anderen Kleinhirschen beobachtet [6]. Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL stuft den Indischen Muntjak als "kleine Hirschart" ein. Es gibt vor, dass für ein Paar ein Außengehege von 80 m² und für jedes weitere Adulttier 10 m² zusätzlich vorhanden sein muss. Ferner besagt es pauschal, dass Hirsche in Sozialverbänden leben. Dies trifft aber für den Muntjak nicht zu. Dieser lebt solitär oder paarweise und ist auch so zu halten [5], es sei denn, es stünden sehr weiträumige Gehege zur Verfügung. Bei der nach Gutachten zulässigen Haltung von 24 Muntjaks auf 300 m² käme es vermutlich zu Mord und Totschlag, sicher aber zu stressbedingten Todesfällen Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 4 Tiere ein Gehege von 150 m² und einen Unterstand vor. Wird ein Stall angeboten, sollte er eine Fläche von 3 m² pro Tier haben. Größere Gruppen dürften gemäß Vorbemerkung H zur Säugetier-Tabelle nicht zulässig sein. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in Gruppen erfolgen. Für 5 Adulttiere ist ein Außengehege von 120 m² erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 12 m² zu erweitern. Kommentar überflüssig. Taxonomie und NomenklaturDer Indische Muntjak wurde 1780 von Eberhard August Wilhelm von ZIMMERMANN, der am Collegium Carolinum in Braunschweig Mathematik, Physik und Naturgeschichte lehrte, als "Cervus muntjak" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Muntiacus wurde 1815 von dem in Marseille aufgewachsenen, hauptsächlich in den USA tätigen Universalgelehrten Constantine Samuel RAFINESQUE eingeführt. 2003 trennte der notorische Splitter Colin GROVES die Art auf, einerseits in die Festlandform Muntiacus vaginalis, andererseits die Inselform Muntiacus muntjak, die auch auf der malaiischen Halbinsel vorkommt. Die IUCN folgte 2008 in ihrer Roten Liste dieser Aufteilung, allerdings unter Vorbehalten und dem Vermerk, dass die wissenschaftliche Begründung für die Aufteilung schwach sei. Im Gegensatz zur IUCN beharren 2011 und 2015 erschienene Standardwerke weiterhin auf einer einzigen Art [2; 3; 7; 8; 10; 11]. Wir orientieren uns hier am HANDBOOK [10] und gehen von einer Art mit 10 Unterarten aus:
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Literatur und Internetquellen
- CHAPMAN N.G. (1996)
- GROVES, C.P. (2003)
- JOHNSINGH, A. & MANJREKAR, N. (eds., 2015)
- MÜLLER, D. (2010)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- SCHERPE, W-P. (1971)
- TIMMINS, R.J., DUCKWORTH, J.W. & HEDGES, S. (2016). Muntiacus muntjak. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T42190A56005589. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-1.RLTS.T42190A56005589.en. Downloaded on 17 February 2021.
- TIMMINS, R.J., STEINMETZ, R., SAMBA KUMAR, N. et al. (2016). Muntiacus vaginalis. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T136551A22165292. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2016-1.RLTS.T136551A22165292.en. Downloaded on 17 March 2021.
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)