Kleiner Kudu (Tragelaphus imberbis) im Zoo Basel
© Klaus Rudloff, Berlin
Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Unterfamilie: Echte Rinder (Bovinae)
Tribus: Afrikanische Waldböcke (Tragelaphini)
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Kleiner Kudu
Tragelaphus imberbis • The Lesser Kudu • Le petit koudou
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der potenziell gefährdete Kleine Kudu ist eine äußerst attraktive, mittelgroße Antilope und daher eine gute Botschafterart für Naturschutz in den semi-ariden Gebieten Ostafrikas. Leider wird er trotz Förderung durch ein regionales Zuchtbuch nicht häufig gezeigt und die Zahl der Haltungen hat in den letzten Jahren sogar abgenommen. Körperbau und KörperfunktionenDer Kleine Kudu ist eine elegante, schlanke Antilope mit 11-15 sehr kräftigen weißen Querstreifen auf dem bei Ricken und Jungtieren rotbraunen, bei älteren Böcken braungrauen und stellenweise schwärzlichen Fell. Die spiralförmig gedrehten Hörner sind nur bei den Böcken vorhanden und werden bis knapp 90 cm lang. Böcke erreichen eine Kopf-Rumpflänge von (150-)163-178 cm, eine Schulterhöhe von 98-118 cm und ein Gewicht von bis zu 108 kg (Mittel 92 kg), Ricken sind etwas kleiner und werden rund 50 kg schwer. Im Gegensatz zum Großen Kudu ist keine Halsmähne vorhanden. Der etwa 38-48 cm lange Schwanz endet in einer schwarzen Quaste und auf der Hinterseite der Vorarme sitzt ein schwarzer Fleck. Im Gesicht hat es ein paar kleine weiße Flecken, Lippen, Kinn, zwei Querbänder am Hals, die Schwanzunterseite, zum Teil die Innenseiten der Beine und die Vorderseite der Zehen sind weiß [2; 6; 8]. VerbreitungOstafrika : Äthiopien, Dschibuti (ausgestorben), Kenia, Somalia, Süd-Sudan, Tansania, Uganda [4]. Lebensraum und LebensweiseDer Kleine Kudu lebt in halbtrockenen Gebieten mit Myrrhen-Akazien-Dornbusch. Er meidet offenes Gelände und hohes Gras. Die Höhenverbreitung reicht vom Tiefland bis auf 1'200, stellenweise bis 2'740 m. Die Tiere sind hauptsächlich frühmorgens und gegen Abend aktiv. Sie sind Selektiväser, die sich vorab von Blättern, Früchten und Blüten von Bäumen und Sträuchern ernähren, darunter z.B. Salzbusch (Salvadora persica) aber auch Sukkulenten wie Euphorbien und Calyptrotheca (Didieraceae) sowie, während der Regenzeit, frisch sprießende Gräser, Kriech- und Schlingpflanzen zu sich nehmen. Die Ricken leben allein mit ihrem Kitz oder in kleinen Gruppen von einigen wenigen Erwachsenen, oft älteren Töchtern. Ein erwachsener Bock und ein oder mehrere subadulte Böcke können sich zeitweilig anschließen. Junge Böcke schließen sich auch zu Junggesellenverbänden zusammen [6; 8]. Es gibt keine definierte Fortpflanzungsperiode. Rund ums Jahr wird nach einer Tragzeit von ca. 245-253 (236-264) Tagen ein einzelnes Kitz geboren, selten Zwillinge. Die Mutter setzt sich in der Zeit vor und nach der Geburt von ihrem Rudel ab. Die Kitze haben ein Geburtsgewicht von 4-7.6 kg. Weibliche Tiere werden mit etwa 15 Monaten geschlechtsreif, Böcke etwas später, gelangen faktisch aber kaum je zur Fortpflanzung bevor sie 4-5 Jahre alt sind [5; 6].
Gefährdung und SchutzMit einem abnehmenden Bestand von etwa 118'000 Individuen, von denen etwa ein Drittel in Schutzgebieten lebt, gilt der Kleine Kudu aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 als potenziell gefährdete Tierart (Rote Liste: NEAR THREATENED) [3]. Der internationale Handel ist nicht unter CITES geregelt. Die Einfuhr lebender Exemplare aus den Ursprungsländern ist wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU so gut wie ausgeschlossen. Bedeutung für den MenschenKleine Kudus werden zur Gewinnung von Fleisch und Häuten sowie wegen ihrer Trophäen bejagt. Von 1952-1963 kamen in Somalia im Jahresmittel 11'000 Häute auf den Markt, fast alle als Ergebnis von Wilderei. In Äthiopien, Tansania und Uganda gibt es eine geregelte Trophäenjagd, bei der in Äthiopien etwa 3'000, in Tansania 3'000-5'000 und in Uganda 1'080 USD als Abschussgebühren zu entrichten sind [4; Online-Inserat 2019]. HaltungKleine Kudus können in geeigneten Gehegen mit einer Vielzahl andere Tierarten vergesellschaftet werden, so z. B. im Serengetipark Hodenhagen. Verschiedentlich gab es Gemeinschaftshaltungen mit einzelnen Antilopenarten, etwa mit Bongos, Rotduckern oder Dikdiks, sowie mit Kranichen. Im Zoo Basel wurden die Kudus früher mit Westlichen Grauen Riesenkänguruhs und mit Sitatungas gehalten, was aber nicht so recht funktioniert hat. Mit den Sitatungas gab es das Problem. dass die Arten zu nahe verwandt sind und die Böcke daher miteinander kämpften. Gegenwärtig laufen in Basel die Kudus zusammen mit den Giraffen, wobei ein Teilbereich des Geheges nur für sie reserviert ist. Kleine Kudus haben ein enormes Sprungvermögen und können 200-250 cm hohe Absperrungen problemlos überwinden [5; 6]. Das von WEIGL angegebenen Höchstalter liegt bei 19 Jahren und 9 Monaten, erreicht von einem in amerikanischen Zoos gehaltenen weiblichen Tier [7]. Haltung in europäischen Zoos: Es gibt in Europa rund ein Dutzend Haltungen, 3 davon im deutschsprachigen Raum, mit gegen 80 Tieren [6]. Für Details siehe Zootierliste. Das Europäische Zuchtbuch (ESB, seit 1997) wird am Zoo Basel geführt und wurde 2022 in ein "New Style"-EEP umgewandelt. Die Welterstzucht gelang dem Tierpark Hellabrunn, gefolgt von Basel, beide im Jahr 1959. Heute sind alle in europäischen Zoos gehaltenen Tiere zoogeboren. [6]. Der Erstimport Kleiner Kudus datiert erst aus dem Jahr 1931, als der Zoo Zürich ein Paar aus Äthiopien erhielt. 1955 und 1958 kamen zwei Weibchen nach Hellabrunn und 1956 erhielten der Zoo Zürich ein Paar aus Somalia und der Zoo Basel ein Paar aus Tansania. Den größten Import tätigte der Zoo von Dvůr Kralové im Jahr 1972 mit 3.14 Tieren aus Kenia. 2015 importierte der Zoo Basel zur Blutauffrischung drei Böcke aus den USA, wo es die Art in etwa 17 Zoos gibt [6]. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 200 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 20 m² zusätzlich. Stallfläche ca. 4 m²/Tier. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 6 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 50 m² zur Basisflächen dazu. In der Stallung ist für jedes Tier 5 m² anzubieten. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) sind für 1-5 Tiere 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr, ferner eine Stallfläche von 4 m²/Tier. Die Stalltemperatur muss mindestens 10ºC betragen. Die Haltung hat in Gruppen mit einem erwachsenen Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs zu erfolgen. Taxonomie und NomenklaturDer Kleine Kudu wurde 1869 von dem englischen Zoologen Edward BLYTH als "Strepsiceros imberbis" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1912 bezeichnete ihn der amerikanische Zoologe Edmund HELLER mit dem Gattungsnamen Ammelaphus. Dieser setzte sich aber nicht durch, sondern die Art wurde in die 1816 von dem französischen Zoologen Henri Marie Ducrotay de BLAINVILLE mit dem Buschbock als Typusart geschaffene Gattung Tragelaphus integriert [2; 3; 4; 9]. Vom Kleinen Kudu werden zwei Unterarten unterschieden, eine nördliche (T. i. imberbis) und eine südliche (T. i. australis), die sich geringfügig in Färbung und Zeichnung unterscheiden sollen. Genaue Abgrenzungskriterien fehlen jedoch. Trotzdem haben Molekular-Systematiker daraus zwei eigenständige Arten gemacht und diese einer eigenen Gattung zugeordnet, wozu sie den von HELLER verliehenen Namen Ammelaphus wieder ausgruben [1]. Auf Anfrage teilte David MALLON, Co-Chair der IUCN/SSC Antelope Specialist Group der Zuchtbuchführerin Folgendes mit [6]: “The revised classification of the Bovidae in Handbook of the Mammals of the World is causing a lot of problems. ASG and our IUCN Red listing retains the conservative taxonomy of Wilson & Reeder 2005 (based on the traditional Biological Species Concept). We have a formal policy on taxonomic issues. For lesser kudu, we are sticking with Tragelaphus imberbis, and are unlikely to change unless the revision you cite is supported by a rigorous DNA analysis. The new arrangement is based only on minor colour and morphological differences. A third possible form is mentioned but not yet described. I am very unconvinced by the theoretical basis for this and find the evidence cited in favour of 2 species extremely weak. It is also difficult to see how these two 'forms' would all be distinguished in the wild. There are no natural barriers separating the populations and I am sure they are inter-fertile." Die in Europa gehaltenen Kleinen Kudus gehören alle der südlichen Unterart an. |
Literatur und Internetquellen
- GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- HONACKI, J.H., KINMAN, K.E. & KOEPPL, J.W. (1982)
- IUCN SSC Antelope Specialist Group. (2016). Tragelaphus imberbis (errata version published in 2017). The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T22053A115165887. http://www.iucnredlist.org/details/22053/0. Downloaded on 12 June 2018.
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- STECK, B. (2018/2020/2022)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)