Bartschwein-Keiler (Sus barbatus) im Tierpark Hellabrunn
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Überordnung: LAURASIATHERiA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Nichtwiederkäuer (Nonruminantia) bzw. Schweineartige (Suina)
Familie: Schweine (Suidae)
Tribus: Schweine i.e.S (Suini)
Bartschwein
Sus barbatus • The Bearded Pig • Le sanglier à barbe
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Diese Seite ist schon beinahe ein Nachruf auf die europäische Zoopopulation des Bartschweins: Die Art war hierzulande nie häufig. Währenddem sich die Zoos zunehmen in der Haltung und Erhaltung des von der Ausrottung bedrohten Visayas-Pustelschweins engagierten, sank das Interesse am "nur" gefährdeten Bartschwein und mittlerweile ist nur noch ein sehr kleiner, nicht-züchtender Restbestand vorhanden. Körperbau und KörperfunktionenDas Bartschwein ist schlank, hochbeinig, hell gefärbt und hat zwei Paar Gesichtswarzen. Die Körperbehaarung ist im natürlichen Lebensraum spärlich, dafür hat es einen weißen Bart, der je nach Unterart unterschiedlich ausgeprägt ist. Die Schwanzquaste ist zweizeilig, wie bei einem Elefanten. Mit einer Kopf-Rumpflängevon 137-152 cm bei den Keilern und 122-148 cm bei den Bachen, einer Schwanzlänge von 17-26 cm, einer Schulterhöhe bis 90 cm und einem Gewicht von 58-83(-120) kg sind die Tiere nur wenig kleiner als mitteleuropäische Wildschweine [2; 3; 6]. VerbreitungSüdostasien: Brunei, Indonesien (Kalimantan, Sumatra), Malaysia (malaiische Halbinsel, Sabah, Sarawak), Philippinen (Palawan, Balabac, Calamian-Inseln) [1]. Lebensraum und LebensweiseDas Bartschwein besiedelt alle Lebensraumtypen innerhalb seines Artareals, einschließlich Torfsümpfe, Mangrovenwälder und insbsondere von Flügelfruchtbäumen (Dipterocarpaceae) dominierte Wälder. Sein Bestand fluktuiert enorm als Funktion des Eintretens oder Ausbleibensn von Mastjahren. Die Schweine fressen Eicheln, Kastanien und andere Früchte, Ölsaaten, Wurzeln, Pilze, Wirbellose kleine Wirbeltiere und Schildkröteneier. Sie unternehmen periodische Wanderungen auf stets denselben Routen, um an neue Nahrungsgründe zu gelangen. Dabei können sie sich zu Verbänden von mehreren 100 Tieren zusammenschließen [1; 2; 6]. Die Fortpflanzung scheint mit der Blüte bzw. der Mast der wichtigsten Futterpflanzen korreliert zu sein. Nach einer Tragzeit von (90-) 120 Tagen werden in einem mit Pflanzenmaterial gepolsterten Nest im Mittel 8 (3-12) Frischlinge mit einem Gewicht von 630-750 g geboren, die ein für Echte Schweine typisches, gelb-braun längsgestreiftes Erstlingskleid tragen. In guten Mastjahren kann es zu zwei Würfen kommen. Im Freiland werden diese mit etwa 10-20 Monaten geschlechtsreif [4; 6]. Gefährdung und SchutzDas Bartschwein wird durch die IUCN seit 2008, überprüft 2016, als gefährdete Tierart eingestuft (Rote Liste: VULNERABLE). Dies daher, weil diese Art stark bejagt wird und auch der Lebensraum immer mehr zerstört wird. Die Bestände gehen in den meisten Gegenden zurück; teilweise sind sie bereits verschwunden [1]. Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt. In Sabah, wo die Art geschützt ist bzw. nur mit Genehmigung bejagt werden darf, wurden 2018 zwei Filipinos erwischt, die 74 kg Bartschweinfleisch mitführten. Sie wurden zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt und dürften anschließend des Landes verwiesen werden [The STAR vom 24. Juli 2018]. Bedeutung für den MenschenDas Bartschwein hat eine große kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung für die ländliche Bevölkerung Borneos. Sein Fleisch wird sehr geschätzt und es ist deshalb die am stärksten bejagte Wildtierart. Auf Sumatra ist die Jagd unbedeutend, weil die dort lebende muslimische Bevölkerung kein Schweinefleisch isst. Auf der malaiischen Halbinsel wird Schweinefleisch nur von den chinesisch-stämmigen Einwohnern gegessen, die etwa 40% der Gesamtbevölkerung ausmachen [1]. HaltungBartschweine wurden mit Panzernashörnern, verschiedenen asiatischen Hirscharten, Nilgauantilopen, Gaur und, wenig passend, Kropfgazellen und Wildschafen vergesellschaftet [9]. WEIGL gibt als Höchstalter für eine im Berliner Zoo im Jahr 1940 noch lebende Bache 16 Jahre und 2 Monate an [5]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wurde in Europa in nur ganz wenigen Zoos gezeigt und ist hier 2024 ausgestorben, nachdem der letzte im Zoo Berlin gehaltene Keiler im Alter von 15 Jahren und 6 Monaten wegen Altersbeschwerden eingeschläfert worden ist, und Importe von Wildfängen oder Nachzuchten aus asiatischen Zoos aus seuchenpolizeilichen Gründen kaum noch möglich sind. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt vor, dass für zwei Bartschweine ein Außengehege von 60 m² und ein Innengehege von 4 m² mit einem Wasser- und Schlammbecken vorhanden sein muss. Wie man auf 4 m² einen Landteil, ein Wasser- und ein Schlammbecken unterbringt, entzieht sich der Vorstellungskraft eines jeden Zoobetreibers und steht in Widerspruch zur weiteren Anforderung, dass die Innengehege trocken sein müssen. Für weitere Adulttiere sind außen 10 und innen 2 m² zusätzlich erforderlich. Für ein weiteres "Zuchttier" sollen im Außengehege 40 m²mehr gestellt werden. Das Innengehege soll nach Gutachten eine Raumtemperatur von mindestens 18ºC haben. Effektiv ist eine Stalltemperatur von 10-15°C ist für erwachsene Bartschweine ausreichend. Diese entwickeln ein Winterfell, das besonders dicht ist, wenn die Tiere auch im Winter nach Belieben ins Außengehege können [4]. In der Schweizerischen Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) wird für 2 Tiere ein Gehege von 100 m² und ein Stall mit einer Fläche von 4 m² vorgeschrieben. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche außen um 20 m² zu erweitern. Für das Innengehege fehlt eine entprechende Angabe. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in Gruppen erfolgen. Für 5 Adulttiere ist ein Außengehege von 200 m², ein Innengehege von 30 m³ sowie eine Wurfbox erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche außen um 20 m² zu erweitern. Für das Innengehege fehlt eine entprechende Angabe. Taxonomie und NomenklaturDas Bartschwein wurde 1838 von dem aus Heidelberg stammenden Präparator und Zoologen Salomon MÜLLER unter seinem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben. Es wurden etwa 10 Unterarten vorgeschlagen. Davon gelten heute 7 als Synonyme. Die in europäischen Zoos gehaltene Nominatform des Bartschweins lebt auf Borneo und dessen vorgelagerten Inseln des Sulu-Archipels, das Krausbartschwein (Sus barbatus oi) auf der malaiischen Halbinsel, Sumatra und Bangka. Das zuvor als Unterart geführte Palawan-Bartschwein wurde 2001 als eigene Art (Sus ahoenobarbus) abgetrennt [2; 6; 7]. |
Literatur und Internetquellen
- LUSKIN, M. et al. (2017). Sus barbatus. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T41772A44141317. http://www.iucnredlist.org/details/41772/0 . Downloaded on 25 May 2018.
- MOHR, E. (1960)
- PAYNE, J., FRANCIS, C. M. & PHILLIPS, K. (1985)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- HOLST, B. et al. (eds., 2021). Regional Collection Plan for the EAZA Tapir and SuiformTaxon Advisory Group – First edition. EAZA Executive Office: Amsterdam.
- SVÁBIK, K. (2021)