Europäischer Nerz (Mustela lutreolaim Zoo Neunkirchen
© Zoo Neunkirchen
Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Marderverwandte (Mustelidae)
Unterfamilie: Marder (Mustelinae)
Europäischer Nerz
Mustela lutreola • The European Mink • Le vison d'Europe
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
Weitere Bilder bei BioLib |
Der vom eingeführten Ameriksnischen Mink bedrängte Europäische Nerz ist eine vom Aussterben bedrohte Tierart. Ausgehend vom Zoo in Tallinn wurden deshalb Wiederansiedlungsprojekte mit Nachzuchttieren in Angriff genommen, an denen sich recht zahlreiche Zoos beteiligen, namentlich in Deutschland. Körperbau und KörperfunktionenDer Europäische Nerz ähnelt dem Iltis, mit dem es gelegentlich auch zu Bastardierungen kommt. Er erreicht eine Kopf-Rumpflänge von 30-45 cm, eine Schwanzlänge von 12-19 cm und ein Gewicht von 400-800(-1'300) g. Fähen sind deutlich leichter (-600 g) als Rüden. Der Körper ist langgestreckt und schlank, die Beine und der Schwanz sind relativ kurz. Die Zehen sind durch Spannhäute verbunden, die besonders an den Hinterfüßen gut entwickelt sind. Das Fell ist sehr fein, dicht, glänzend und wasserabstoßend. Seine Farbe variiert von rotbraun bis schwarzbraun, die Unterseite ist etwas heller. Die Unterwolle ist dunkelbraun. Um die Schnauze herum befindet sich ein weißes „Milchbärtchen“, das den Europäer vom Amerikanischen Mink unterscheidet. Manche Tiere haben auch weiße Flecken an Kehle und Brust. Die Fähen haben 4 Paar Zitzen [4; 8]. VerbreitungEuropa: Ursprünglich über weite Teile des Kontinents verbreitet, heute noch in Estland, Frankreich, Lettland, Rumänien, Russland, Spanien, Ukraine, Weißrussland [5]. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich das Verbreitungsgebiet des Europäischen Nerzes um mehr als 85 % verringert. In Österreich verschwand er um 1880, in der Schweiz wurde er letztmals 1897 gesichtet, in Deutschland 1925 [3]. Lebensraum und LebensweiseDer Europäische Nerz besiedelt bewaldete oder schilfbestandene Ufer von sauberen Fließgewässern, selten von Seen, vom Tiefland bis auf eine Höhe von rund 1'100 m. Er lebt semiaquatisch, ist ein hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiver Einzelgänger und verbringt den Tag in einem Erdbau am Flussufer, unter Wurzeln oder in Reisighaufen. Das Nahrungsspektrum umfasst Fische, Amphibien, Krebse, aber auch Kleinsäuger, Vögel, Reptilien, und Insekten. Zur Deckung des Nahrungsbedarfs werden Streifgebiete von etwa 2-4 km Uferlinie benötigt, die Reviere von Rüden sind größer [4; 5; 8]. Paarungszeit ist im Februar/März. Da es keine Keimruhe gibt, dauert die Tragzeit nur 35-42 Tage. Ein Wurf umfasst meist 4(2-7) blinde Welpen mit einem Geburtsgewicht um die 8 g. Diese öffnen ihre Augen mit ca. 30-36 Tagen und werden mit 10-12 Wochen entwöhnt. Mit 9-10 Monaten sind sie geschlechtsreif [4; 8]. Gefährdung und SchutzDer Europäische Nerz wurde 1988 von der IUCN als gefährdet und 1994 als stark gefährdet eingestuft. Seit 2011 gilt er als vom Aussterben bedrohte Tierart (Rote Liste: CRITICALLY ENDANGERED). Gründe für die Bedrohung sind Lebensraumverlust und nicht nachhaltige Nutzung, hauptsächlich aber Konkurrenz durch aus Pelzfarmen entkommene oder von "Tierschützern" freigelassene Amerikanische Nerze (Mustela vison) [5]. Der Internationale Handel ist nicht unter CITES geregelt. Der Europäische Nerz fällt unter die Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) und ist eine streng geschützte Tierart nach Anhang II des Berner Übereinkommens. Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):Heute sind die Chancen für eine erfolgreiche Wiederansiedlung relativ gut, denn die Wasserqualität und - nicht zuletzt als Folge der Wiederansiedlung des Bibers - die Gewässerstrukturen sind vielerorts weit besser als früher. 1991 wurde daher ein kombiniertes ex situ- / in situ-Schutzprogramm ins Leben gerufen, an dem sich Zoos und der Verein EURONERZ e.V. beteiligen [2]. Siehe Ergänzungsblatt:
Bedeutung für den MenschenWirtschaftliche Bedeutung: Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Europäische Nerz ein bedeutendes Pelztier. Gegenwärtig wird er nur noch in geringer Zahlen in Russland in Fallen gefangen, die für den dort eingeführten Amerikanischen Mink gedascht sind [5]. HaltungFür die Präsentation einer Fähe mit Jungen wird ein Gehege von 25-30 m² empfohlen. Davon sollte weniger als ein Viertel von einem höchstens 50 cm tiefen Wasserbecken eingenommen werden. Zusätzlich soll ein Gehege für einen Rüden und ein weiteres für die Haltung des Nachwuchses vom Absetzen bis zum nächsten Frühjahr vorhanden sein. Für die Zucht werden Einzelgehege von 8 m² empfohlen, wovon 1 m² auf ein Wasserbecken entfallen soll [6]. Im Zoo Heidelberg wurden Nerz und Waschbären vergesellschaftet [10]. Europäische Nerze können im Zoo ein Alter von 8-9 Jahren erreichen [7]. Haltung in europäischen Zoos: Seit 1992 besteht ein Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das vom Zoo Tallinn koordiniert wird und in dessen Rahmen es ein Protokoll für die Haltung und Zucht gibt, das auch vom EURO-LIFE-Projekt übernommen wurde [6]. Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL sollen Europäische Nerze in verbindbaren Einzelgehegen von mindestens 8 m² Fläche und 2.5 m Höhe gehalten werden. 20-25% der Fläche sollen von einem Wasserbecken eingenommen werden. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 2 Europäische Nerze ein Außengehege mit einer Grundfläche von 15 m² vor und für jedes weitere Tier 1 m² zusätzlich, was in Anbetracht der Sozialstruktur der Art unsinnig ist. Ferner ist ein Wasserbecken von 1 m² Fläche und 20 cm Tiefe erforderlich. In der der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für ein Paar ein Außengehege von 20 m² und 2.5 m Höhe vorgeschrieben. Davon muss die Hälfte eine Wasserfläche mit 0.5 m Tiefe sein. Weshalb 2.5 m Höhe für eine Tierart notwendig sein soll, die sich am Boden und im Wasser aufhält, ist nicht nachvollziehbar, und auch die paarweise Haltung dürfte in der Regel nicht funktionieren. Taxonomie und NomenklaturCarl von LINNÉ beschrieb den Europäischen Nerz 1761 ursprünglich als "Viverra lutreola". Zeitweilig wurde er zusammen mit dem Feuerwiesel und weiteren Arten in eine Gattung "Lutreola" gestellt, die heute allenfalls noch als Untergattung gewertet wird. Mit dem sehr ähnlichen Amerikanischen Nerz oder Mink, der neuerdings in eine eigene Gattung (Neovison) gestellt wird, soll er nicht näher verwandt sein. WILSON & REEDER geben 7 Unterarten an [5; 8; 9]. Bei BREHM [1] wird der Europäische Nerz "Nörz" genannt, andere von ihm angegebene Bezeichnungen sind Krebsotter, Steinhund, Wasserwiesel und bei Lübeck Menk oder Wassermenk. BREHM beklagt die geringen Kenntnisse über diese Art, betont aber die Unterschiede zum Amerikanischen Mink , die sich u.a. durch die Zahl der Schwanzwirbel (beim Mink 21, beim Nerz 19) zeigen. |
Literatur und Internetquellen
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- EURONERZ
- FESTL, W., SEEBASS, C. & MOSLER, E. (2014)
- GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
- MARAN, T., et al. (2016). Mustela lutreola. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T14018A45199861. http://www.iucnredlist.org/details/14018/0. Downloaded on 22 June 2018.
- MARAN, T. & ROBINSON, P. (1996/2006)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- SVÁBIK, K. (rev. 2020c)