Plumplori (Nycticebus bengalensis) im Zoo Augsburg
© Zoo Augsburg
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Halbaffen (Prosimiae / Strepsirrhini)
Teilordnung: Lori-Verwandte (Lorisiformes)
Familie: Loris (Lorisidae)
Bengalischer Plumplori
Nycticebus bengalensis • The Bengal Slow Loris • Le loris lent de Bengale
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
Weitere Bilder auf BioLib |
Der in seiner Heimat gefährdete Bengalische Plumplori ist nur selten in Zoos zu sehen. Einerseits, weil eine vernünftige Präsentation ein Nachttierhaus bedingt, was die Zahl der möglichen Haltungen einschränkt, andererseits weil sich das Interesse der Zoos auf drei Plumplori-Arten verteilt, wobei der Zwergplumplori dominiert. Körperbau und KörperfunktionenDie 34-38 cm langen Plumploris haben einen rudimentären Schwanz und wiegen 650-2'100 g. Ihre Ohren sind kurz und behaart. Ihre großen, nach vorn gerichteten Augen mit reflektierendem Augenhintergrund (Tapetum lucidum) erlauben ein gutes Nachtsehen. Der Geruchssinn ist ebenfalls hochentwickelt mit feuchtem Rhinarium und Jacobsonschem Organ im Oberkiefer. Duftdrüsenfelder in der Haut, dienen der olfaktorischen Kommunikation der Tiere, das Sekret der Unterarmdrüse ist in Verbindung mit Speichel giftig. Dadurch, dass sie sich ablecken, verteilen die Tiere das Gift auf der Körperoberfläche. Beim Menschen kann es zu einem anaphylaktischen Schock führen [4; 11]. Wegen ihrer Spezialisierung auf quadrupedes Greifklettern haben Plumploris einen relativ langen Körper, etwa gleich lange Vorder- und Hinterextremitäten und einen rückgebildeten Schwanz. Sie können so relativ weite Abstände zwischen Zweigen überbrücken ohne zu springen. Die Arm- und Beinmuskeln sind durch „Wundernetze“ (Retia mirabilia) gut durchblutet. Die Daumen bzw. Großzehen sind als Greiforgane dem 3-5 Strahl gegenübergestellt und besonders kräftig. Finger und Zehen sind mit Haftbeeren und Plattnägeln ausgestattet, nur die zurückgebildeten 2. Strahlen haben Putzkrallen [4; 11]. Das kurze Fell ist sehr dicht, seine Farbe ist auf der Körperoberseite variabel gräulich und hellbraun, stellenweise mir rötlichem Schimmer sowie mit einem mehr oder weniger stark ausgebildeten Aalstrich. Die Unterseite ist cremefarben. Das Gesicht ist durch eine sehr helle Nase und dunkle Flecken um die Augen charakterisiert [4; 11]. VerbreitungSüdostasien: Bangladesch, China, Indien, Kambodscha, Laos, Myanmar, Thailand, Vietnam, ev. Malaysia [7]. Lebensraum und LebensweiseDer Bengalische Plumplori ist ein nachtaktiver Baumbewohner. Er besiedelt immergrüne Regenwälder, teilweise und vollständig laubabwerfende Wälder, sowie Waldränder. Gebietsweise geht er in Sekundärwälder und kommt auch in Baumpflanzungen und Agrarland vor. Die Höhenverbreitung reicht vom Meeresspiegel bis auf eine Höhe von 2'400 m. Über ihr Sozialverhalten und ihre Raumnutzung ist aus dem Freiland wenig bekannt, anscheinend leben die Tiere relativ solitär [7; 11]. Plumploris bewegen sich im Zeitlupentempo. Am Boden laufen sie im Kreuzgang. Wenn sie flüchten, richten sie die Augen starr auf den vermeintlichen Feind und klettern dann Schritt für Schritt mit dem Hinterteil zuerst aufwärts. Im Geäst halten sie sich oft nur mit den Hinterbeinen fest und haben so die Hände frei zum Festhalten von Futter, wie Früchten, Nüssen, Blüten, Eiern, Insekten und kleinen Wirbeltieren. Ein wichtiger Bestandteil ihres Speiseplans sind Gummi und andere Pflanzenexsudate z.B. von Bauhinia-Lianen [11], an die sie durch Benagen der Rinde herankommen. Diese relativ neue Erkenntnis ist bei Ernährung von Plumploris in Menschenobhut noch nicht überall umgesetzt [8]. Zum Schlafen verbergen sie den Kopf zwischen den Knien und verschränken die Arme über dem Kopf. Um ihr Territorium zu markieren, schleifen sie ihr Hinterteil über die Äste und sondern dabei reichlich Harn ab. Plumploris sind relativ gesellig. Nach einer Trächtigkeit von 185-197 Tagen wird ein Junges geboren, seltener Zwillinge, die etwa 25 Wochen lang gesäugt und mit 17-20 Monaten geschlechtsreif werden [4; 5]. Gefährdung und SchutzWegen Zerstörung des Lebensraums und zu hohem Jagddruck haben die Bestände in den letzten Jahrzehnten massiv abgenommen und eine Trendwende ist nicht in Sichte. Der Bengalische Plumplori galt daher aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2008 als gefährdet. Eine Neubeurteilung im Jahr 2015 führte dazu, dass er ab 2020 als stark gefährdet eingestuft wurde (Rote Liste: ENDANGERED) [7]. Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang II geregelt. Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):
Bedeutung für den MenschenBengalische Plumploris werden für den lokalen Tierhandel gefangen, gejagt, um Fleisch oder Körperteile für die Zwecke der traditionellen Medizin zu gewinnen oder zum Vergnügen abgeschossen [7]. Die legale Ausfuhr von Teilen und Erzeugnissen beschränkt sich auf wenig Wissenschaftsmaterial, ein legaler Handel mit lebenden Tieren, die der Natur entnommen wurden, ist inexistent. Von 1977-2017 wurden weltweit 1 als N. bengalensis und 61 als N. coucang deklarierte Nachzuchttiere über Landesgrenzen abgegeben. Wichtigstes Exportland war China [1]. HaltungAls Höchstalter werden 25 Jahre und 6 Monate angegeben [9]. Haltung in europäischen Zoos: Der Bengalische Plumplori wird nur in wenigen Zoos gehalten. Für Details siehe Zootierliste. Seit 2018 gibt es für die Art ein "New Style EEP"), das vom Shaldon Zoo in Devon koordiniert wird. Forschung im Zoo: HEDIGER [3] führte an einem Plumploris diverse tierpsychologische Tests durch. Dabei zeigte es sich, dass das Tier in der Lage war, sich zu erinnern, unter welchem von zwei identischen Behältern, die zwischenzeitlich durch ein Brett verdeckt worden waren, sich eine Belohnung befand oder nach einmaligem Vorzeigen eine Frucht mit Hilfe eines Bindfadens in den Käfig hinein zu ziehen. Damit widerlegte er die wegen der Langsamkeit der Plumploris zum Teil herrschende Ansicht, dass diese Tiere "dumm" seien. Mindestanforderungen an Gehege: Für die Vorgabe des Säugetiergutachtens 2014 des BMEL von 4 m² / 8 m³ für das Innengehege für zwei Tiere liegt keine wissenschaftliche Begründung vor. Andererseits sind die im Gutachten '96 enthaltenen Gehegedimensionen von 1.5m² / 3 m³ auch nicht adäquat. Nach FITCH-SNYDER et al. [2] wurden bis zu drei Tiere problemlos in einem Gitterkäfig von 9 m³ gehalten, besser sei aber eine Einzelhaltung in verbindbaren Einheiten von 1.0 x 1.70 x 0.70 m, also einem Volumen von 1.2 m³ pro Tier. Aufgrund tierhalterischer Erfahrung in Zoos erschienen den Tierschutzsachverständigen der Zoos3 m² / 6 m³ für zwei Tiere oder eine Familiengruppe bis zu fünf Tieren angemessen, sofern das Gehege gut strukturiert ist. Dass bei der Haltung in Nachttierhäusern in der Nachtphase die Beleuchtungsstärke unter 0.3 Lux liegen muss, ist nicht praktikabel und mit dem Betrieb einer öffentlich zugänglichen Anlage nicht zu vereinbaren (Sichtbarkeit der Tiere, Diebstahl, sexuelle Übergriffe). Tierhalterische Erfahrung zeigt, dass bei Beleuchtungsspitzen bis 4-6 Lux in den Gehegen keine negativen Auswirkungen beobachtet werden können. Wesentlich ist, dass das Verhältnis der Beleuchtungsstärken der Nacht- und Tagphase mindestens 1:100 beträgt [6]. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 1.5 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.3 m² zu ergänzen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 4 m² und einer Höhe von 2 m erforderlich. Taxonomie und NomenklaturDer Bengalische Plumplori wurde 1800 vom französischen Naturforschers Graf Bernard-Germain-Étienne de LACÉPÈDE unter der Bezeichnung "Lori bengalensis" erstmals beschrieben. Der heute gültige Gattungsname Nycticebus wurde 1812 von Étienne GEOFFROY SAINT-HILAIRE, dem Begründer des ersten bürgerlichen Zoos, der Ménagerie im Jardin des Plantes von Paris, verliehen [7; 10]. Die Gattung Nycticebus umfasst heute drei bis fünf Arten. Im Falle von N. bengalensis und N. coucang gibt es im Grenzbereich der Vorkommen eine Hybridzone. Mit dem im selben Gebiet lebenden Zwergplumplori (N. pygmaeus) gibt es natülicherweise keine Bastarde [7; 10;11]. |
Literatur und Internetquellen
- CITES TRADE DATA BASE
- FITCH-SNYDER, H., SCHULZE, H. & STREICHER, U. (2003)
- HEDIGER, H. (1961)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
- SCHERPNER, C. (1982)
- NEKARIS, K.A.I. et al. (2020). Nycticebus bengalensis. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T39758A17970536. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T39758A17970536.en. Downloaded on 15 July 2020.
- STREICHER, U., WILSON, A., COLLINS, R.L.& NEKARIS, K.A.I (2013)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)