Potto

Potto (Perodicticus potto) im Zoo Berlin
© Elias Neideck, Hannover

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Halbaffen (Prosimiae / Strepsirrhini)
Teilordnung: Lori-Verwandte (Lorisiformes)
Familie: Loris (Lorisidae)

D NT 650

Westafrikanischer Potto

Perodicticus potto • The Potto • Le Potto de Bosman

106 004 004 001 perodicticus potto SB KR1Potto (Perodicticus potto) im Zoo Saarbrücken © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

 

106 004 004 001 perodicticus potto mapApproximative Verbreitung des Pottos (Perodicticus potto)

 

 

 

 

106 004 004 001 perodicticus potto ZooBerlin PD2Potto (Perodicticus potto) im Nachttierhaus des Zoo Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

 

106 004 004 001 perodicticus potto SB KR2Potto (Perodicticus potto) im Zoo Saarbrücken © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

 

106 004 004 001 perodicticus potto eNeideckPotto (Perodicticus potto) im Nachttierhaus des Zoo Berlin © Elias Neideck

 

 

 

 

106 004 004 001 perodicticus potto ZooBerlin PD1Potto (Perodicticus potto) im Nachttierhaus des Zoo Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

 

106 004 000 000 haende lorisidaeHände verschiedener Halbaffen der Familie Lorisidae Quelle: http://www.loris-conservation.org

 

 

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Der Westafrikanische Potto wäre wegen seiner anatomischen Besonderheiten und seines Verhaltens zoopädagogisch von Interesse, hat aber als ansonsten unauffällige, nicht gefährdete Tierart für europäische Zoos keine vorrangige Bedeutung. Dass eine vernünftige Präsentation nur in einem Nachttierhaus möglich ist, schränkt die Zahl der Haltungen, wo er zu sehen ist, weiter ein.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Potto erreicht eine Kopf-Rumpflänge von etwa 30 cm, eine Schwanzlänge von 4-6 cm und ein Gewicht von 850-1'000 g. Sein Körper ist schlank, der Schwanz kurz, der Kopf rundlich mit vorspringender Schnauze, mittelgroßen Augen und kleinen häutigen Ohren. Die fast gleichlangen Arme und Beine sind mit großen Händen und Füßen versehen. Die nagellosen Zeigefinger sind verkümmerten, aber noch deutlich erkennbar, die übrigen haben, mit Ausnahme der großen, krummen, flachen, aufrecht gestellten Kralle der zweiten Zehe, platte Nägel. Das Gebiss besteht aus 36 Zähnen, die unteren Schneidezähne sind vorgeneigt. Das kurze, wollige Fell ist gelb-, rötlich bis graubraun. Weibchen verfügen über drei Zitzenpaare [1; 8].

Verbreitung

West- und Zentralafrika: Angola, Äquatorial-Guinea, Benin, Burundi, Elfenbeinküste, Gabun, Ghana, Guinea, Kamerun, Kongo, Kongo Dem.,  Kenia, Liberia, Nigeria, Ruanda, Sierra Leone, Togo, Uganda, Zentralafrikanische Republik [3].

Lebensraum und Lebensweise

Pottos besiedeln Tiefland- und Bergregenwälder, Sumpfwälder und andere Waldtypen des Tieflands. Sie sind solitär lebende, nachtaktive Baumbewohner. Im Freiland schlafen sie nach den meisten Berichten getrennt, interagieren aber während den Wachphasen häufig miteinander. Bei der olfaktorischen Kommunikation spielen nicht nur Duftdrüsen eine Rolle, sondern die Tiere reiben auch ihr Fell mit ihrem Harn ein. Die Streifgebiete der Weibchen erstrecken sich über 3-9, jene der Männchen über 9-40 ha, wobei sich die Territorien von Männchen- und Weibchen überlappen. Sie ernähren sich zu 80% von pflanzlicher Kost, der Rest ist tierisches Material, insbesondere Insekten und Schnecken [1; 3; 6; 8].

Nach einer Tragzeit von 6 bis 6.5 Monaten (194-205 Tagen) wird in der Regel ein Junges, selten deren zwei, mit einem Geburtsgewicht von 35-50 g geboren. Die Jungtiere tragen ein silbrig-weißes Jungendkleid, das nach einem halben Jahr die Erwachsenenfarbe annimmt. Anfänglich klammern sie sich in Längsrichtung am Bauch der Mutter fest, mit einem Monat reiten sie auf ihrem Rücken, mit 2-3 Monaten nehmen sie feste Nahrung auf und mit 9 Monaten sind sie ausgewachsen [1; 4; 8].

Gefährdung und Schutz

Im Rahmen einer Beurteilung aus dem Jahr 2020 hat der Bestand des Pottos während der letzten 27 Jahre um rund 20% abgenommen, währenddem sich die menschliche Bevölkerung in seinem Verbreitungsgebiet verdoppelt hat. Er wurde deshalb als potenziell gefährdet (Rote Liste: NEAR THREATENED) eingestuft [3].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang II geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Wie alle westafrikanischen Säugetiere, die größer als eine Maus sind, wird der Potto gejagt, um als "Bush meat" erst auf dem Markt und dann im Kochtopf zu landen [5]. Nebst einigen Jagdtrophäen und geringen Mengen an Wissenschafts- und sonstigem Material genehmigten die Ursprungsländer von 1977-2021 1'676 lebende Wildfänge zur Ausfuhr. Davon kamen 1'103 aus Togo und 130 aus der Demokratischen Republik Kongo. Weltweit wurden im selben Zeitraum nur 16 Nachzuchttiere über Landesgrenzen abgegeben, darunter 5, die angeblich in Togo nachgezogen wurden [2].

Haltung

Im Zoo ist eine paarweise Haltung möglich und es kommt auch vor, dass sich gleichgeschlechtliche Tiere akzeptieren. Als Höchstalter wurden 26 Jahre und 3 Monate publiziert, erreicht von einem an der Universität Paris geborenen und später im Zoo de Vincennes gehaltenen Männchen [4; 7].

Haltung in europäischen Zoos: Für diese Art gibt es in Europa kein Zuchtbuch oder Zuchtprogramm. Sie wird in nur noch sehr wenigen Zoos gehalten. Im deutschsprachigen Raum, wo z.B. dem Zoo Saarbrücken in den 1980er Jahren mehrfach die Zucht gelang, hat es keine mehr. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Für die Vorgabe des Säugetiergutachtens 2014 des BMEL von 6 m² / 12 m³ für das Innengehege für zwei Tiere und 2 m² zusätzlich für jedes weitere Adulttier liegt keine wissenschaftliche Begründung vor. Andererseits sind die im Gutachten '96 enthaltenen Gehegedimensionen von 1.5m² / 3 m³ auch nicht adäquat. Aufgrund tierhalterischer Erfahrung in Zoos erschienen den Tierschutzsachverständigen der Zoos 4 m² / 8 m³ für zwei Tiere und 1 m² zusätzlich für jedes weitere Adulttier angemessen, sofern das Gehege gut strukturiert ist.

Dass bei der Haltung in Nachttierhäusern in der Nachtphase die Beleuchtungsstärke unter 0.3 Lux liegen muss, ist nicht praktikabel und mit dem Betrieb einer öffentlich zugänglichen Anlage nicht zu vereinbaren (Sichtbarkeit der Tiere, Diebstahl, sexuelle Übergriffe). Tierhalterische Erfahrung zeigt, dass bei Beleuchtungsspitzen bis 4-6 Lux in den Gehegen keine negativen Auswirkungen beobachtet werden können. Wesentlich ist, dass das Verhältnis der Beleuchtungsstärken der Nacht- und Tagphase mindestens 1:100 beträgt [6].

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 1.5 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.3 m² zu ergänzen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 4 m² und einer Höhe von 2 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Potto wurde 1766 von dem deutschen Prediger und Universalgelehrten Philipp Ludwig Statius MÜLLER als "Lemur potto" erstmals wissenschaftlich beschrieben. 1831 stellte ihn der englische Zoologe Edward Turner BENNETT in die heute noch gültige Gattung Perodicticus [9].

Perodicticus galt als monospezifische Gattung, wobei von der einen Art drei Unterarten beschrieben wurden. Seit 2004 werden diese als eigenständige Arten geführt. 1996 wurde auf der Grundlage von zwei Exemplaren (darunter das Skelett eines Tiers aus dem Zoo Zürich) eine weitere Pottoform als "Pseudopotto martini" beschrieben. Deren Status ist allerdings umstritten und mittlerweile wird sie meist als Synonym von Perodicticus potto angesehen [3; 8; 9].

Literatur und Internetquellen

  1. BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. SVENSSON, M. et al. (2020). Perodicticus potto. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T91995408A92248699. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T91995408A92248699.en. Downloaded on 15 July 2020.
  4. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  5. SCHERPNER, C. (1982)
  6. SCHRIER, A.M. & STOLLNITZ, F. (eds., 1974)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)