Roter Brüllaffe (Alouatta seniculus) im Kölner Zoo
© Kölner Zoo
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Klammerschwanzaffen (Atelidae)
Unterfamilie: Brüllaffen (Alouattinae)
Roter Brüllaffe
Alouatta seniculus • The Colombian Red Howler Monkey • L'hurleur roux
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der Rote Brüllaffe ist nicht gerade eine Schönheit,aber seine Gruppengesänge sind spektakulär und machen ihn für das breite Zoopublikum interessant. Selbst nicht gefährdet, eignet er sich als Botschafter für den Schutz seines Lebensraums, der südamerikanischen Wälder. Er wird in Europa aber nicht oft gehalten. Körperbau und KörperfunktionenDie auch Kolumbianischer oder Venezolanischer Roter Brüllaffe genannte Art ist ein großer Vertreter der Neuweltaffen, der auch einen deutlichen Sexualdimorphismus aufweist. Die Männer haben eine Kopf-Rumpf-Länge von 51-63 cm, eine Schwanzlänge von 57-80 cm, ein Gewicht von 5.4 bis 9 kg und einen etwas längeren, bisweilen schwärzlichen Bart. Bei weiblichen Tieren beträgt die Kopf-Rumpflänge 48-57 cm, die Schwanzlänge 52-69 cm und das Gewicht 4.3 bis 7 kg [4; 6]. Rote Brüllaffen haben einen stark vergrößerten Kehlkopf und ein kräftiges, verknöchertes Zungenbein. Damit sind sie in der Lage, ein kilometerweit hörbares Brüllkonzert zu veranstalten. Ihr Gesicht ist unbehaart und schwarz pigmentiert. Der lange Schwanz ist als Greifschwanz mit einer unbehaartem Unterseite ausgebildet Die Fellfärbung ist individuell sehr variabel. Sie kann sich mit dem Alter und unter dem Einfluss des Sonnenlichts ändern. So haben Individuen in offenen Lebensräumen ein helleres Fell als solche, die im dichten Wald leben [4; 6]. VerbreitungTropisches / subtropisches Südamerika: Brasilien, Ekuador, Kolumbien, Peru, Venezuela [5]. Lebensraum und LebensweiseDer Rote Brüllaffe besiedelt verschiedenen Waldtypen wie tropische und subtropische Tiefland-Regenwälder, Gebirgs-Nebelwald bis zu einer Höhe von 2'000 m, Trockenwälder, Galeriewälder, saisonal überflutete Wälder, Palmen-Sumpfwälder und Mangroven. Bevorzugt werden Höhenlagen unter 700 m. Brüllaffen sind tagaktiv, wobei "aktiv" etwas übertrieben ist: Drei Viertel des Tages verbringen sie mit Dösen und Ruhen. Als einzige neotropische Affen fressen sie nicht nur Schößlinge, sondern ernähren sich auch regelmäßig von reifen Blättern, die sie mit ihren dazu adaptierten Backenzähnen zu kauen vermögen. Reife Früchte (z.B. Ficus) sind ein anderer wesentlicher Bestandteil ihrer Nahrung. Gerne nutzen sie auch Salzlecken. Sie leben in gemischtgeschlechtlichen Gruppen von 6-13 Tieren, die Streifgebiete von 6-9 ha beanspruchen [4; 6]. Bei der Paarbildung nehmen in der Regel die Weibchen die aktivere Rolle ein. Beim Versuch, ein Männchen anzulocken, nähert sich das Weibchen ihm und bewegt rhythmisch die Zunge. Nach einer Tragzeit von 186-194 Tagen bekommen die Weibchen im Alter von 5 Jahren ihr erstes Junges. Die Geburtsintervalle liegen meist bei 16-28 Monaten. Während des ersten Lebensmonats hängt das Junge am Bauch der Mutter, danach klettert es auf ihren Rücken. Ab vier Monaten erkundet es die Umgebung [6]. Gefährdung und SchutzDie Bestände gehen zwar zurück, da der Rote Brüllaffe aber noch weit verbreitet ist und auch mit veränderten Lebensräumen zurecht kommt, gilt er aufgrund von Beurteilungen seit 1996, letztmals überprüft 2015 als nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1]. Der internationale Handel ist durch CITES Anhang II geregelt. Bedeutung für den MenschenRote Brüllaffen werden zur Gewinnung von Fleisch gejagt und Jungtiere landen eventuell auf dem lokalen Heimtiermarkt. Ausgehend von Trinidad soll es auch einen illegalen internationalen Handel geben [1]. Von 1977 bis 2017 wurden bei der Ausfuhr nebst verschiedenen Teilen und Erzeugnissen nur 12 lebende Wildfänge aus Peru und Venezuela registriert. Im selben Zeitraum wurden 82 lebende Nachzuchttiere grenzüberschreitend abgegeben, darunter 49 Tiere, die aus den Niederlanden in die Vereinigten Arabischen Emirate gingen (falls das denn stimmt!) [2]. HaltungDer nach WEIGL (2005) älteste Rote Brüllaffe war ein im Frankfurter Zoo gehaltener Wildfang, der mit 22 Jahren und 9 Monaten noch am Leben war [5]. Das EEP wies 2017 ein noch lebendes Tier aus, das 31 Jahre alt war [9]. Eine Vergesellschaftung mit anderen Primaten ist möglich. Im Kölner Zoo wurden die Roten Brüllaffen mit Schwarzkopfuakaris, Weißkopfbüscheläffchen und Weißkopfsakis vergesellschaftet [7]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird gegenwärtig (2024) in 9 Zoos gehalten, von denen sich drei im deutschsprachigen Raum befinden. Sämtliche gehaltenen Tiere gehören der Nominatform an. Für Details siehe Zootierliste. Die EAZA empfahl, die Zahl der ehemals 5 Haltungen mit zusammen 28 Tieren und einem Männeranteil von 60% nicht zu erhöhen, um den größeren Zoobestand des potenziell gefährdeten Schwarzen Brüllaffen nicht zu konkurrenzieren [9]. Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung von bis zu 5 erwachsenen Tieren ein Außen- und ein Innengehege von je 25 m² / 75 m³ gefordert und für jedes zusätzliche Adulttier jeweils 2 m² / 6 m³ mehr. Dies ist eine Verdreifachung des Raumangebots gegenüber dem Gutachten’96, das 10 m² / 25 m³ vorsah. Die neue Anforderung ist aber weder durch konkrete wissenschaftliche Daten noch durch Tierhaltererfahrung erhärtet. Die Tierschutzsachverständigen der Zoos hielten daher im Differenzprotokoll fest, dass für 5 Tiere 20 m² außen und 15 m² innen bei jeweils 3 m Höhe und ausreichend seien. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 5 Tiere ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von je 10 m² bei 3 m Höhe und für jedes weitere Tier jeweils 2 m² Fläche zusätzlich vor. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen und es sind für 5 Adulttiere ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von je 20 m² bei 3 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier sind die Flächen um 2 m² zu erweitern. Taxonomie und NomenklaturDer Rote Brüllaffe wurde 1766 von Carl von LINNÉ als "Simia seniculus" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die Gattungsbezeichnung Alouatta wurde 1799 vom französischen Naturforscher Graf Bernard-Germain-Étienne de LACÉPÈDE eingeführt. Wie bei den meisten südamerikanischen Primaten ist die Taxonomie der Brüllaffen im Fluss. Währenddem 1982 in der ersten CITES-Standardreferenz erst sechs Arten unterschieden wurden, waren es 2003 zehn und 2009 bereits 12-14. Von Alouatta seniculus werden gegenwärtig 3 Unterarten anerkannt. Der Rote Brüllaffe aus Guyana wird heute als eigene Art betrachtet (Alouatta macconelli) [3; 4; 6; 7]. |
Literatur und Internetquellen
- BOUBLI, J. et al. (2020). Alouatta seniculus. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T70547436A81229375. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-3.RLTS.T70547436A81229375.en . Downloaded on 17 December 2020.
- CITES TRADE DATA BASE
- HONACKI, J.H., KINMAN, K.E. & KOEPPL, J.W. (1982)
- SCHRÖPEL, M. (2010)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- ZIEGLER, T. (2002)
- VERMEER, J. (2016). Alouatta seniculus in EAZA. Parc Animalier de Sainte Croix.