Sumpfspringaffe

Sumpfspringaffe (Callicebus cupreus) im Zoo Basel
© Zoo Basel (Pressefoto)

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Sakiaffen (Pitheciidae)
Unterfamilie: Springaffen (Callicebinae)

D LC 650

EEPSumpfspringaffe

Callicebus = Plecturocebus cupreus • The Coppery Titi Monkey • Le titi roux

106 006 002 002 callicebus cupreus BER KR1Sumpfspringaffe (Callicebus = Plecturocebus cupreus) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

106 006 002 0102 callicebus cupreus mapApproximative Verbreitung des Sumpfspringaffen (Callicebus = Plecturocebus cupreus)

106 006 002 002 callicebus cupreus romagne PD3Sumpfspringaffen (Callicebus = Plecturocebus cupreus) in der Vallée des Singes © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

106 006 002 0102 callicebus cupreus MD wDreierSumpfspringaffe (Callicebus = Plecturocebus cupreus) im Zoo Magdeburg © Wolfgang Dreier, Berlin

106 006 002 0102 callicebus cupreus MD wDreier2Sumpfspringaffe (Callicebus = Plecturocebus cupreus) mit Jungtier im Zoo Magdeburg © Wolfgang Dreier, Berlin

106 006 002 002 callicebus cupreus EF KR1Sumpfspringaffe (Callicebus = Plecturocebus cupreus) im ZooPark Erfurt © Klaus Rudloff, Berlin

106 006 002 002 callicebus cupreus MD KR1Sumpfspringaffe (Callicebus cupreus) im Zoo Magdeburg © Klaus Rudloff, Berlin

106 006 002 002 callicebus cupreus romagne KR1Sumpfspringaffe (Callicebus = Plecturocebus cupreus) mit Jungtier in der Vallée des Singes, Romagne © Klaus Rudloff, Berlin

106 006 002 002 callicebus cupreus romagne PD1Sumpfspringaffe (Callicebus = Plecturocebus cupreus) in der Vallée des Singes © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

106 006 002 002 callicebus cupreus BSL BSL2Sumpfspringaffen (Callicebus = Plecturocebus cupreus) im Zoo Basel © Zoo Basel

106 006 002 002 callicebus cupreus BER wDreierSumpfspringaffe (Callicebus = Plecturocebus cupreus) im Zoo Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

106 006 002 002 callicebus cupreus BER KR2Sumpfspringaffe (Callicebus = Plecturocebus cupreus) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

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Der Sumpfspringaffe ist ein kleiner Vertreter der Neuweltaffen. Er gilt selbst nicht als gefährdet, steht aber in den relativ wenigen Zoos, wo er gezeigt wird, als Flaggschiffart für ein zoogestütztes Projekt, das den Schutz der Springaffen, von denen 4 Arten vom Aussterben bedroht, 5 Arten stark gefährdet und 6 Arten gefährdet sind, sowie ihres Lebensraums zum Ziel hat

Körperbau und Körperfunktionen

Sumpfspringaffen haben eine Kopf-Rumpf-Länge von 30-36 und eine Schwanzlänge von 40-45 cm. Das Gewicht liegt bei etwa einem Kilo (700-1'320 g).

Beide Geschlechter sehen gleich aus. Auch die Länge der Eckzähne ist bei Männchen und Weibchen nicht verschieden. Der Schwanz ist nicht als Greifschwanz ausgebildet, er könnte aber bei der Bindung zwischen Männchen und Weibchen eine Rolle spielen, da beobachtet wurde, dass Partner mit ineinander verschlungenen Schwänzen saßen.

Das Fell ist dunkel- oder rotbraun, auf der Körperoberseite mit feinen hellen Sprenkeln (aguti), an den Extremitäten zum Teil kupferrot. Der Schwanz ist bei jungen Tieren dunkelbraun und wird ab 2 Jahren zunehmend weiß [5; 8].

Verbreitung

Tropisches Südamerika: Brasilien, Peru im Einzugsgebiet des Amazonas. Die Verbreitung wird im Norden durch den Río Marañon/Rio Solimões, im Westen durch den Río Ucayali,und im Süden/Osten durch den Río Purús begrenzt [6].

Lebensraum und Lebensweise

Der Sumpfspringaffe besiedelt hauptsächlich auf der terra firma stehende primäre Regenwälder in Höhenlagen von 100-300 m. Er kommt auch in periodisch überfluteten und vom Menschen etwas modifizierten Wäldern vor, ist dort aber weniger häufig.

Die Tiere halten sich meist in den unteren und mittleren Schichten des Waldes auf. Sie ernähren sich hauptsächlich von Fruchtmark von hartschaligen Früchten, Samen, Nüssen und Blättern, fangen aber auch Arthropoden und fressen gelegentlich Erde, die sie aus Bauten von Baumtermiten holen. Sie leben in kleinen Gruppen von 2-5 Tieren, die Streifgebiete von 10-20 ha nutzen [6; 9]. Fressfeinde sind u. a. Ozelot, Tayra, Kapuzineraffen, diverse Greifvögel und Boas [12].

Sumpfspringaffen bilden monogame Paare. Die Weibchen werfen nach einer Tragzeit von 136 Tagen im Abstand von etwa einem Jahr fast stets nur ein einzelnes Jungtier, an dessen Aufzucht sich auch der Vater aktiv beteiligt [5; 9].

Eine merkwürdige Assoziation besteht zwischen Springaffen und Mistkäfern aus der Gattung Canthidium. Bis zu über 30 Käfer können um After, Schwanzwurzel und allenfalls auf den Oberschenkeln der Affen sitzen und dort auf die Kotabgabe warten, was die Affen nicht zu stören scheint. Verrichtet der Affe sein Geschäft, klammern sie sich sofort an den Kot und fallen mit diesem zu Boden. Dadurch haben sie einen Wettbewerbsvorteil gegenüber bodenlebenden Mistkäfern [12].

Gefährdung und Schutz

Der Sumpfspringaffe hat eine relativ weite Verbreitung und einen noch weitgehend intakten Lebensraum. Er gilt daher aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [6].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Verschiedene Teilnehmer am EEP, darunter der Zoo Basel und der Zoo Berlin sowie diverse französische Zoos, unterstützen ein Freiland-Projekt zur Erhaltung und Erforschung von Sumpfspringaffen in Peru. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Sumpfspringaffen werden zur Gewinnung von Fleisch gejagt, wobei die als Nebenprodukt anfallenden Schwänze als Staubwedel verwendet werden, und für den lokalen Heimtiermarkt gefangen [6]. Von 1977 bis 2017 wurde aus Peru nur die Ausfuhr von Wissenschaftsmaterial sowie von 6 lebenden Wildfängen registriert. Aus Brasilien gab es keine Exporte. Im selben Zeitraum (faktisch erst ab 2002) wurden 34 lebende Nachzuchttiere grenzüberschreitend abgegeben. Hauptausfuhrland waren die USA [2].

Haltung

Der nach WEIGL älteste Sumpfspringaffe wurde an der Uni Kassel geboren und starb im Alter von 26 Jahren und 5 Monaten im Zoo Berlin [7].

Eine Vergesellschaftung mit bestimmten anderen Primaten ist möglich, allerdings nicht sehr häufig. Im Kölner Zoo wurden die Sumpfspringaffen mit Zwergseidenäffchen vergesellschaftet [10], im Zoo Basel leben sie  gemeinsam mit Weißkopfsakis und Goldagutis. Eine Vergesellschaftung mit Kapuzinern kommt nicht in Frage, da diese die Titis töten und fressen

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in gegen 40 Zoos gehalten, von denen sich ein paar im deutschsprachigen Raum befinden. Haltungsschwerpunkte sind England und Frankreich. Für Details siehe Zootierliste.

Seit 2002 besteht ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das auf Tiere zurückgeht, die vom Primatenzentrum der Davis-Universität in Kalifornien bezogen wurden, und das vom Blackpool Zoo koordiniert wird. 2018 umfasste das Programm 103 lebende Tiere in 26 Einrichtungen, 2022 waren es bereits 281 Tiere in 42 Institutionen [11; 13].

Zoogestützte Forschung (Beispiel): 2012 wurde im Zoo Basel durch einen Studenten des Anthropologischen Instituts der Universität Zürich eine Masterarbeit zum Sozialverhalten der Sumpfspringaffen durchgeführt. Ziel war, herauszufinden, ob die Tiere bei der Futterbeschaffung kooperatives Verhalten zeigen. Erstaunlicherweise hat man solches Verhalten zwar bei  Weißkopfsakis bereits beobachten können, nicht aber bei Schimpansen [4].

Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung einer Familie ein Außen- und ein Innengehege von je 15 m² / 45 m³ gefordert und für jedes zusätzliche (?!) erwachsene Tier 2 m² / 6 m³ mehr. Dies ist eine Verdreifachung des Raumangebots gegenüber dem Gutachten’96, das 6 m² / 12 m³ vorsah. Die neue Anforderung ist aber weder durch konkrete wissenschaftliche Daten noch durch Tierhaltererfahrung erhärtet.

Die Tierschutzsachverständigen der Zoos hielten daher im Differenzprotokoll fest, dass für 5 Tiere 10 m² / 25 m³ und für jedes weitere Tier eine Vergrößerung der Fläche um 1.5 m² ausreichend seien.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 5 Tiere ein Innengehege mit einer Grundfläche von 6 m² bei 2 m Höhe und für jedes weitere Tier jeweils 1 m² Fläche zusätzlich vor.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen und es sind für 5 Adulttiere ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von je 16 m² bei 2.50 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier sind die Flächen um 1.6 m² zu erweitern.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Sumpfspringaffe wurde 1823 von dem Naturwissenschaftler Johann Baptist Ritter von SPIX, der im Auftrag des Königs von Bayern Brasilien bereist hatte, als "Callithrix cupreus" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die Gattungsbezeichnung Callicebus wurde 1903 von dem englischen Zoologen Michael Rogers Oldfield THOMAS eingeführt.

Währenddem noch 1982 in der ersten CITES-Standardreferenz erst drei Springaffenartenarten unterschieden wurden, sind es heute, fleißigen US-amerikanischen Taxonomen sei Dank, deren 34. 2016 hat zudem ein Team von 14 Autoren die Gattung Callicebus aufgrund molekulargenetischer Kriterien in drei Gattungen, Callicebus, Cheracebus und Plecturocebus aufgesplittet. Der Sumpfspringaffe gehört danach zur Gattung Plecturocebus, was von der IUCN im Rahmen der Roten Liste übernommen wurde, jedoch noch nicht vom EEP. Die früher anerkannten Unterarten wurden 2002 zu selbständigen Arten aufgewertet [3; 6; 8; 9; 11].

Literatur und Internetquellen

  1. BYRNE, H. et al. (2016)
  2. CITES TRADE DATA BASE
  3. HONACKI, J.H., KINMAN, K.E. & KOEPPL, J.W. (1982)
  4. RICHIGER, R. (2012)
  5. SCHRÖPEL, M. (2010)
  6. HEYMANN, E.W., CALOURO, A.M., FIALHO, M.S., DE LA TORRE, S. & VERMEER, J. (2021). Plecturocebus cupreus (amended version of 2018 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T127530593A192453653. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-1.RLTS.T127530593A192453653.en. Downloaded on 26 April 2021.
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  10. ZIEGLER, T. (2002)
  11. WEBSTER, D. (2018). Callicebus cupreus EEP Annual Report.
  12. HEYMANN, E. W., TIRADO HERRERA, E. R. & DOLOTOVSKAYA, S. (2022)
  13. VAN DEN HEUVEL, S. (2022). Larger New World Monkey TAG - Update of the programmes. EAZA Conference 2022. PPT.

    sowie PM / Internetseite des Zoo Basel