Goldkopf-Löwenäffchen (Leontopithecus chrysomelas) im Zoo Magdeburg
© Klaus Rudloff, Berlin
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Krallenaffen (Callitrichidae)
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Goldkopflöwenäffchen
Leontopithecus chrysomelas • The Golden-headed Lion Tamarin • Le tamarin-lion à tête dorée
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Für das in seinem Ursprungsgebiet stark gefährdete Goldkopflöwenäffchen betreiben die Zoos ein gut funktionierendes Erhaltungszuchtprogramm, das auf illegal gehandelte, von den Behörden konfiszierte Tiere zurückgeht. Aus diesem Programm werden keine Tiere ausgewildert, sondern es dient als Reservepopulation für den Fall, dass die Situation im Freiland kritisch wird. Zudem ist das Goldkopflöwenäffchen eine sehr attraktive Tierart, die sich gut als Botschafter für Natur- und Artenschutz in seiner brasilianischen Heimat eignet und daher als Flaggschiffart für die Mâta Atlantica-Kampagne der EAZA diente. Körperbau und KörperfunktionenGoldkopflöwenäffchen haben eine Kopf-Rumpflänge von 24-26 (22-29) cm und eine Schwanzlänge von 39 (32-39) cm. Erwachsene wiegen 480-700 g, wobei für Männchen in Mittel von 620, für Weibchen von 535 g angegeben wird. Sie haben längere Hände und Finger als andere Krallenaffen, die es ihnen erlauben, tierische Beute leichter aus Ritzen und Bromelientrichtern herauszuklauben. Die Haut des praktisch nackten Gesichts ist individuell verschieden, fleischfarben bis schwärzlich. Das Gesicht ist von einer goldgelben bis goldorangen, aufrichtbaren Mähne umgeben. Dieselbe Farbe haben Unterarme, Hände, Füße und die Schwanzbasis. Ansonsten ist das Fell schwarz [5; 8]. VerbreitungTropisches Südamerika: Brasilien (Bundesstaat Bahia) [3]. Lebensraum und LebensweiseDas Goldkopflöwenäffchen besiedelt den Atlantischen Regenwald, Piassava-Palmenwälder (Leopoldinia piassaba), Sekundärwälder und mit Schatten spendenden Bäumen durchsetzte Kakao-Plantagen. Die Tiere sind tagaktiv mit einer Ruhepause über Mittag. Zwischen 16 und 17 Uhr ziehen sie sich an ihre Schlaforte zurück. Zum Schlafen benutzen sie Baumhöhlen, Bromelien und dichtes Geäst oder Lianen. Die Tiere ernähren sich von Früchten (hauptsächlich von Myrtaceen), Blüten, Nektar, Blattansätzen kleiner Bromelien, Baumexsudaten und Kleintieren, einschließlich Insekten, Spinnen, Schnecken, Baumfröschen und Echsen. Auf Futtersuche gehen sie vor allem in Bromelien. 24% ihrer aktiven Zeit verwenden sie auf die Aufnahme von pflanzlicher, 16% auf die Suche nach und dem Fressen von tierischer Nahrung. Goldkopf-Löwenäffchen leben typischerweise in Gruppen von 2-8(-15) Tieren, darunter 1-2 erwachsene Weibchen und 2-3 geschlechtsreife Männchen. Die Größe der Streifgebiete schwankt regional zwischen 40 und 200 ha [3: 5; 8]. Löwenäffchen verhalten sich territorial und markieren ihr Revier mit Urin und Drüsensekreten. Da sie sich im Menschenobhut nicht als Gefangene, sondern als Besitzer ihres Geheges fühlen, kann man die Verhaltensweise der olfaktorischen Markierung auch bei einem Zoobesuch beobachten. In ihrem Ursprungsgebiet bringt das Weibchen der Gruppe nach einer Tragzeit von etwa 125 Tagen meist von Oktober-April in der Regel Zwillinge. Eher selten kann es zwei Würfe in einem Jahr geben. Wie bei allen Krallenaffen liegt die Betreuung der unselbständigen Jungen in den Händen des Vaters und eventuell älterer Geschwister, die Mutter darf sich ganz entspannt der Nahrungssuche und der Milchproduktion widmen – sie übernimmt die Jungen nur zum Säugen. [5; 8; PM Zoo]. Gefährdung und SchutzDas Goldkopflöwenäffchen wird seit 1982, letztmals überprüft 2020, als stark gefährdet beurteilt (Rote Liste: ENDANGERED), da sein Verbreitungsgebiet in den letzten Jahrzehnten stark geschrumpft ist und zudem fragmentiert wurde. Außerdem ist die Qualität des Lebensraums im übrig gebliebenen Gebiet stark durch Waldrodungen beeinträchtigt. Verschiedene Schutzmaßnahmen wie auch die Wiederansiedlung von in Menschenobhut gezüchteten Tieren waren erfolgreich, doch ist diese Art auf die Weiterführung der Schutzmaßnahmen angewiesen, um überleben zu können. Es wird angenommen, dass der Wildbestand des Goldkopflöwenäffchens noch rund 2'500 erwachsene Tiere umfasst [1]. Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt. Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):
Bedeutung für den MenschenDie Rote Liste der IUCN enthält keine Angaben über eine lokale Nutzung der Art [3]. Von 1977-2017 bewilligte Brasilien lediglich Wissenschaftsmaterial von wildlebenden Individuen zur Ausfuhr. Im selben Zeitraum (effektiv ab 1987) wurden weltweit 321 Nachzuchttiere international abgegeben, wichtigste Ausfuhrländer waren die Schweiz und Belgien [2]. HaltungBis 1970, als der brasilianische Primatologe COIMBRA-FILHO die Ergebnisse einer Feldstudie veröffentlichte, stammte unser ganzes Wissen über die Art von weltweit 20 Museumexemplaren. Bis zu Beginn der 1980er Jahre wurde die Art außerhalb Brasiliens nicht gehalten. 1983/84 wurden etliche Tiere illegal nach Französisch-Guyana, Belgien und Japan ausgeführt. Davon landeten einige in Zoos und gründeten die heutige Zoopopulation [11]. Das nach WEIGL älteste bekannte Goldkopflöwenäffchen wurde im Zoo La Palmyre geboren und war im Alter von 21 Jahren und 4 Monaten immer noch an Leben [6]. Nach den "Best practice"-Leitlinien der EAZA soll Löwenäffchen tagsüber ein Gesamtvolumen (innen / außen) von 32.5 m³ (3+10 m² / 2.5 m hoch) zur Verfügung stehen, wobei das Gehege unterteilbar sein soll [1]. In verschiedenen Zoos (z.B. Aschersleben, Köln, Münster, Osnabrück, Stuttgart) wurden Goldkopf- Löwenäffchen erfolgreich mit anderen Primaten (Callithrix pygmaea, Callimico goeldii, Saguinus fuscicollis, Saguinus labiatus, Pithecia pithecia) sowie Nagetieren (Myoprocta acouchy), Agakröten und diversen Vögeln vergesellschaftet [9]. Seit 1986 existiert ein Internationales Zuchtbuch, das am Zoo Antwerpen geführt wird. Dieses umfasste, Stand Februar 2016, 605 lebende Individuen in 112 Einrichtungen [IZY 52]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 100 Zoos gehalten, von denen sich gegen 30 im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das vom Zoo Antwerpen als "New Style-EEP" koordiniert wird [4]. Forschung im Zoo (Beispiele): In den 1990er-Jahre wurde namentlich in den Zoos von Antwerpen und Jersey das Sozial-, Fortpflanzungs- und Aufzuchtverhalten der Art erforscht. In jüngerer Zeit wurde am Zoo Zürich die Haltung von Goldkopflöwenäffchen im Freilauf und im Innengehege verglichen, wobei sich herausstellte, dass der Aufzuchterfolg und das Populationswachstum bei den im Zoo freilaufenden Tieren größer waren als bei den in einer Voliere des Südamerikahauses gehaltenen [6]. Mindestanforderungen an Gehege: Die auf dem Tierart-Datenblatt für den Rotbauchtamarin gemachten Angaben zum Säugetiergutachten 2014 des BMEL, zur Stellungnahme der Tierschutzsachverständigen der Zoos und zu den EAZA-Haltungsrichtlinien [1] gelten auch für diese Art. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 3 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.5 m² zu ergänzen. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 10 m² und einer Höhe von 2.5 m erforderlich. Taxonomie und NomenklaturDas Goldkopflöwenäffchen wurde 1820 von dem aus Hanau stammenden Naturforscher Heinrich KUHL als "Midas chrysomelas" anhand eines Exemplars vom "Rio de Rheos" (Rio Ilhéus) im brasilianischen Bundesstat Bahía erstmals beschrieben. Zum heute gültigen Gattungsnamen kam die Art durch den französischen Arzt und Naturforscher René Primevère LESSON, der 1840 einen "Leontopithecus marikina" beschrieb, bei dem es sich herausstellte, dass dieser mit dem Goldenen Löwenäffchen identisch war. Als Gattungssynonym war sehr lange "Leontocebus" im Umlauf, das heute auf einen Teil der Gattung Saguinus angewendet wird, ferner der auch in GRZIMEKs Tierleben verwendete Name "Leontideus". Bis 2000 wurden die verschiedenen Löwenäffchen-Formen als Unterarten, seitdem als Arten eingestuft. Sie haben kleine, voneinander deutlich getrennte Verbreitungsgebiete, sodass es im Freiland nicht zu Hybridisierungen kommen kann [3; 5; 8; 9]. |
Literatur und Internetquellen
- CARROLL, B. (ed., 2002) / BARRÃO RUIVO, E. (ed. 2010)
- CITES TRADE DATA BASE
- OLIVEIRA, L.C., NEVES, L.G., KIERULFF, M.C.M. et al. (2021). Leontopithecus chrysomelas (amended version of 2020 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T40643A192327573. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-1.RLTS.T40643A192327573.en . Accessed on 25 January 2023.
- LUDWIG, K. & GALBUSERA, P. (2012)
- SCHRÖPEL, M. (2010)
- STEINMETZ, H. W., ZINGG, R., OSSENT, P., EULENBERGER, U., CLAUSS, N. & HATT, J. M. (2011)
- WEIGL, R. (2005)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- ZIEGLER, T. (2002)
- KLEIMAN, D. G. & RYLANDS, A. B. (eds., 2002)