Baikalrobbe

Baikalrobbe (Pusa sibirica) im Zoo Leipzig
© Zoo Leipzig

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia) bzw. Robben (Pinnipedia)
Familie: Hundsrobben (Phocidae)

D LC 650

Baikalrobbe

Pusa sibirica • The Baikal Seal • Le phoque de Sibérie

113 002 004 007 pusa sibirica TPB KR3Baikalrobbe (Pusa sibirica) im Tierpark Berlin @ Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

113 002 004 007 pusa sibirica mapVorkommen der Baikalrobbe (Pusa sibirica)

 

 

 

113 002 004 007 pusa sibirica TPB KR4Baikalrobbe (Pusa sibirica) im Tierpark Berlin @ Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

113 002 004 007 pusa sibirica TPB KR2Baikalrobbe (Pusa sibirica) im Tierpark Berlin @ Klaus Rudloff, Berlin

 

 

Weitere Bilder auf BioLib

Die zur Ringelrobben-Verwandtschaft gehörende Baikalrobbe ist die einzige Robbenart, die nur im Süßwasser vorkommt. In europäischen Zoos war sie nie häufig, wurde wohl nie gezüchtet und wird gegenwärtig nur noch in Russland gehalten, ob wohl sie wegen ihrer potenziellen Gefährdung Baikalrobben von besonderem zoopädagogischem Interesse wäre.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit eine Gesamtlänge von bis zu 130-145 bei den Männchen und 120-130 cm bei den Weibchen sowie Körpergewichten von 50-90(-130) kg sind die Baikalrobben die kleinsten Robben überhaupt. Neugeborene sind etwa 3-3.5 kg schwer [4; 6].

Verbreitung

Zentralasien: Baikalsee in Russland (Fläche 31'570 km²) und auf kürzeren Strecken in ein- oder ausmündenden Flüssen [1].

Lebensraum und Lebensweise

Die Baikalrobbe ist die einzige Robbe, die ausschliesslich im Süsswasser lebt. Sie dürfte vor etwa 400'000 Jahren in den Baikalsee eingewandert sein. Sie ernährt sich von unterschiedlichen Fischarten. Wichtigste Beute sind Baikal-Ölfische (Comephorus spp., Cottocomephorus spp.), die in die Verwandtscaft der Groppen gehören, sowie während des Sommers Felchen (Coregonus migratorius). Paarungszeit ist im April/Mai. Die Trächtigkeit dauert etwa 11 Monate, was eine Phase der Keimruhe einschließt. Weibchen werden mit etwa 3-7 Jahren geschlechtsreif, die etwas größeren Männchen mit 7-10 Jahren. Baikalrobben können über 50 Jahre alt werden [1; 4; 6].

Gefährdung und Schutz

Der gegenwärtige Bestand von 80-100'000 Tieren dürfte die tragbare Dichte des verfügbaren Areals ausschöpfen. Die Baikalrobbe gilt daher nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN). Dies könnte ändern, wenn sich als Folge der Klimaerwärmung die ökologischen Bedingungen ändern [1]. Baikalrobben sind anfällig für Robben- und Hundestaupe, die große Verluste verursachen können [3].

Der internationale Handel ist nicht unter CITES geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Die indigene Bevölkerung hat Baikalrobben seit mindestens 9'000 Jahren für den Eigenbedarf gejagt. Die kommerzielle Jagd begann anfangs des 20. Jahrhunderts, wobei schätzungsweise 2'000-9'000 Tiere pro Jahr erlegt wurden. In den letzten Jahren wurde jeweils eine Quote von 2'500 Tieren festgelegt. Nebst den Fellen werden Fleisch und Fett verwertet [2].

Haltung im Zoo

Das publizierte Höchstalter in Menschenobhut beträgt 23 Jahre und 1 Monat. Es wurde im Toba Aquarium in Japan erreicht [5].

Haltung in europäischen Zoos:
 Die letzte Baikalrobbe im EU-/EFTA-Raum starb 2013 im Zoo Leipzig. Gegenwärtig (2024) wird die Art nur in einigen russischen Zoos gehalten. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL macht die Vorgabe, dass bei Hundsrobben für jedes Tier ein räumlich gesonderter Liegeplatz von 2 – 6 m² vorzusehen ist. Falls dies nicht möglich ist, muss für bis zu 5 Tiere ein Landteil mit Sichtschutzbereichen von mindestens 100 m² vorhanden sein. Für weitere Tiere sind möglichst räumlich gesonderte Liegeplätze anzulegen. Wie sinnvoll diese Anforderung ist, zeigt drastisch die untenstehende Freilandaufnahme, wo die Tiere in unmittelbarem Körperkontakt ruhen. Weitere Bilder dieser Art sind im Internet zu finden. Die Best Practice Guidelines der EAZA geben denn auch für bis zu 6 Ringelrobben einen Landteil von nur 18 m² vor [7].

Für die im Gutachten festgelegten Beckendimensionen gibt es weder eine wissenschaftliche Grundlage noch lassen sie sich mit tierhalterischer Erfahrung begründen. Im Gutachten 96 wurden für 4 Tiere eine Fläche von 60 m² und eine mittlere Tiefe von 1 m vorgegeben. In der damals geltenden Schweizerischen Tierschutzverordnung  für 5 Tiere eine Fläche von 80 m² und eine mittlere Tiefe von 1.5 m. Der Entwurf der Best Practice Guidelines der EAZA aus dem Jahr 2009 gab für vier Seehunde / Ringelrobben ein Becken von 60 m² bei einer bei einer mittleren Wassertiefe von etwa 1 m vor, die definitive Fassung für 6 Ringelrobben 72 m² bei einem Volumen von 153 m³ [7]. Dies entspricht in etwa dem Gutachten’96. Bestehenden Anlagen, die die Vorgaben des Gutachtens 96 erfüllen, sollten daher ohne Auflagen akzeptiert werden.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Becken mit einer Mindestfläche von 80 m² und einer Tiefe von 2 m vor. Für jedes weitere Tier ist die Fläche um 10 m² zu erhöhen. Ferner ist ein Landteil von 10 m² pro Robbe erforderlich.

Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) verlangt für bis zu 5 Tieren ein Becken mit einer Mindestfläche von 200 m² und einer Tiefe von 1.5 m, für jedes weitere Tier ist die Fläche um 20 m² zu erhöhen. Es ist ein Landteil erforderlich, der es allen Robben erlaubt, sich gleichzeitig am Land aufzuhalten, ferner müssen Absperrboxen vorhanden sein, deren Maße sich nach der Körpergröße der Art richten.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Baikalrobbe wurde 1788 von dem aus Tübingen stammenden Arzt und Naturforscher Johann Friedrich GMELIN als Phoca vitulina (var.) sibirica beschrieben. 1880 wurde sie von J. A. ALLEN als selbständige Art in die Untergattung Pusa gestellt (Phoca (Pusa) sibirica). Über die nähere Verwandtschaft der Arten innerhalb der ehemaligen Gattung Phoca streiten sich die Molekularegenetiker bis heute [1; 4].

EUR-9 baikalrobbe diamirBaikalrobben (Pusa sibirica) im natürlichen Lebebsraum am Baikalsee. Foto DIAMIR Erlebnisreisen GmbH

Literatur und Internetquellen

  1. GOODMAN, S. (2016). Pusa sibirica. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T41676A45231738. http://www.iucnredlist.org/details/41676/0. Downloaded on 23 May 2018.
  2. MEIJER, G. & JOUSTRA, T. (2009)
  3. MARKOWSKI, S. (2013)
  4. THOMAS, J., PASTUKHOV, V., ELSNER, R. & PETROV, E. (1982)
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  7. GILI, D., MEIJER, G. & LACAVE, G. (2018)