Schwertwal (Orcinus orca) im Marineland San Diego, Kalifornien
© Klaus Rudloff, Berlin
Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Wale (Cetacea)
Unterordnung: Zahnwale (Odontoceti)
Familie: Delfine (Delphinidae)
Unterfamilie Schwertwale (Orcininae)
Schwertwal
Orcinus orca • The Killer Whale or Orca • L'épaulard ou l'orque
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
Weitere Bilder auf BioLib |
Schwertwale sind die größten Cetaceen, die in Menschenobhut gehalten werden. Sie sind ausgesprochen charismatische Tiere und daher exzellente Botschafter für den Meeresschutz. Andererseits besteht ein erheblicher Druck seitens von Tierrechts- und zum Teil auch von Tierschutzorganisationen, die fordern, dass die Haltung dieser Art aufzugeben sei. Die ins Feld geführten Argumente sind emotionsgeladen und halten einer kritischen Überprüfung nicht stand. Körperbau und KörperfunktionenSchwertwale sind die größten Vertreter der Delphinidae. Bullen werden bis 980 cm lang und 6'600 kg schwer, Kühe bleiben mit einer Länge von 770 cm und einem Gewicht bis 4'700 kg deutlich kleiner. Neugeborene sind 210-260 cm lang und 160-180 kg schwer. Der Schwertwal ist kontrastreich schwarz und weiß gezeichnet. Er hat eine nur schwach hervortetende Schnauzenpartie. In Ober- und Unterkiefer sitzen je 10-14 Paar bis 10 lange, kegelförmige Zähne. Brust- und Schwanzflossen sind breit, die Rückenflosse bis 180 cm hoch und spitz (daher der Name "Schwertwal"), in Größe und Form individuell unterschiedlich [9]. VerbreitungWeltweit: Der Schwertwal ist in praktisch allen Meeren anzutreffen und kommt in den Territorialgewässern von 150 Ländern oder abhängigen Gebieten vor. Er ist nach dem Menschen die am weitesten verbreitete Säugerart [6]. Lebensraum und LebensweiseSchwertwale kommen in praktisch allen marinen Habitaten vor, bevorzugt werden aber kalte, nahrungsreiche Gewässer in Küstenähe. Sie haben eine komplexe Sozialstruktur. Diese besteht aus Mutterfamilien, die sich zu Schulen zusammenschließen. Mehrere Schulen bilden einen Clan, innerhalb dem sich Traditionen, etwa bezüglich Lautgebung, bilden. Manche Clans sind ortstreu, andere wandern. Schwertwale sind opportunistische Jäger. Sie fangen Robben aller Art einschließlich See-Elefanten, Delfine, Belugas, Grau- und Zwergwale, Seevögel, Meeresschildkröten, viele Fischarten einschließlich Haie und Rochen sowie Kopffüßer. Sie haben dazu unterrschiedliche Jagdtechniken entwickelt, z.B. verursachen sie Wellen, um Robben von ihren Liegeplätzen zu spülen, gehen sogar aus dem Wasser, um eine Robbe zu packen oder kooperieren miteinander, um Fische zusammenzutreiben oder einen Wal zu attackieren. Ihr brutaler Umgang mit ihrer Beute - sie spielen mit Jungrobben wie die Katze mit der Maus, hat ihnen den Namen Mörderwal bzw. Killer Whale eingetragen [6; 9]. In europäischen Gewässern können Jungtiere während des ganzen Jahres anfallen. Die Trächtigkeit dauert 15-18 Monate, die Kälber werden mit 1-3 Jahren entwöhnt , die Geburtsintervalle liegen bei 5 Jahren. Kühe werden mit 10-15 Jahren geschlechtsreif, Bullen mit 15 Jahren [9]. Gefährdung und SchutzGegenwärtig wird der Gesamtbestand der Schwertwale als eine Art angesehen. Allerdings gibt es auch Hinweise, dass es sich dabei um zwei oder sogar mehr Arten handeln könnte. Bis dies geklärt ist, wird der Schwertwal auf der Roten Liste in der Kategorie "Ungenügende Datengrundlage" aufgeführt (Rote Liste: DATA DEFICIENT). Falls aber einige Untergruppen als Art definiert würden, könnten diese einer höheren Gefährdungsstufe zugeordnet werden, da Nahrungsmangel und Verschmutzung zu einem Rückgang einzelner Populationen führen können. Die letzte Überprüfung erfolgte 2017. Die weniger als 50 Individuen umfassende Subpopulation der Straße von Gibraltar wurde 2019 als unmittelbar vom Austerben bedroht (CRITICALLY ENDANGERED) eingestuft [6; 11]. Der internationale Handel ist unter CITES Anhang II geregelt. Die Art fällt unter Anhang 2 der Bonner Konvention über wandernde Tierarten und ist eine streng geschützte Tierart nach Anhang II des Berner Übereinkommens. Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):
Bedeutung für den MenschenWirtschaftliche Bedeutung: Zwischen 1935 und 1981 wurde Schwertwale kommerziell bejagt, wobei die jährlichen weltweiten Fangzahlen im Mittel wohl unter 200 lagen. Danach wurden die Tiere gebietsweise noch von Fischern beschossen, weil sie Langleinen plünderten. Seit 1962 werden Schertwale lebend für Zoologische Einrichtungen gefangen, in den letzten Jahren nur noch in Russland [6]. Von 1977-2018 wurden weltweit Exporte von 44 Wildfängen und 11 Nachzuchttieren registriert [1]. Schwertwale sind ein wesentliches Standbein des "Whale Watching", einer milliardenschweren Industrie, die sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Jährlich nehmen weltweit ca. 13 Millionen Menschen in 119 Ländern an 500 verschiedenen Orten Whale Watching-Angebote in Anspruch. In Anbetracht der stellenweise hohen Dichte von Waltouristen sind verbindliche Regeln wie Mindestabstände zu den Tieren oder Geschwindigkeitsbegrenzungen für Boote unabdingbar, um den Schutz der Tiere zu gewährleisten, denn wenn sie sich gestört fühlen, kann es zu Abwanderungen von Populationen oder einer Verringerung der Reproduktionsrate kommen [5]. HaltungVon Tierschutzaktivisten wird immer wieder behauptet, Schwertwale könnten nicht dauerhaft gehalten werden, in Gefangenschaft lebten sie nur etwa zehn Jahre. Auf diese Zahl kommt man in etwa, wenn man alle in der Steinzeit der Schwertwalhaltung kurz nach dem Fang gestorbenen und die in jüngerer Zeit tot oder lebensschwach geborenen Tiere mitzählt. Das Ergebnis wird dann mit dem Maximalalter in der Wildbahn verglichen, was nicht stichhaltig ist, denn für einen korrekten Vergleich müsste man eine Methodologie verwenden, die für wilde und gehaltene Populationen gleich ist. Bei einem Vergleich der "Annual Survival Rate" zwischen einer Wildpopulation in Britisch Kolumbien / Washington (1990) und der Ozeanariumspopulation (1988-1992) schneidet letztere nur wenig schlechter ab (Wild: 0.976, Ozeanarien: 0.937) [8]. Der Schwertwal "Keiko", Hauptdarsteller des Films "Free Willy", der Warner Bros. wenigstens 75 Millionen Dollar einbrachte [2] und auch in einigen Folgefilmen vermarktet wurde, war 1979 gefangen und ab 1985 in einem Vergnügungspark in Mexiko gehalten worden. Der Film heizte eine Bewegung an, die sich zum Ziel setzte, den Wal freizukaufen und wieder ins Meer zu entlassen. Mit Spendengeldern wurde das Tier erworben und mit einem finanziellen Aufwand von 20 Millionen Dollar ab 1996 auf die Auswilderung vorbereitet. 2002 wurde Keiko vor Island freigelassen. Er fand allerdings keinen Anschluss an andere Schwertwale, sondern folgte einem Fischerboot nach Norwegen, wo er dann in einem Fjord betreut wurde und, weil er stets die Nähe von Menschen aufsuchte, sich zur Touristenattraktion entwickelte. Nach kurzer Zeit starb er an einer Lungenentzündung. Haltung in europäischen Zoos: Die Schwertwalhaltung in Europa begann 1968 als das Dolfinarium Harderwijk und das Flamingoland Malton je ein Tier erhielten. Damals und in den folgenden Jahren erhielten verschiedene Zoos Wildfänge, die zumeist einzeln gehalten wurden. Heute wird die Art in 3 europäischen Zoos jeweils gruppenweise gehalten. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL bezieht sich nicht auf Schwertwale. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für bis zu 2 Tieren eine Beckenfläche (einschließlich Neben- und Absperrbecken von 2'000 m² und eine Tiefe von 10 m vor. Für jedes weitere Tier ist die Fläche um 150 m² zu erhöhen. In der früheren Fassung der Verordnung betrug die geforderte Fläche 400 m² und die Tiefe 4 m. Für die Erhöhung des Beckenvolumens von 1'600 m³ auf 20'000 m³ wurde keine Begründung gegeben. In Österreich sind keine Haltungsanforderungen festgelegt. Taxonomie und NomenklaturDer Schwertwal wurde 1759 von Carl von LINNÉ als "Delphinus orca" beschrieben. Der Wiener Zoologe Leopold Joseph Franz Johann FITZINGER stellte ihn 1860 in die neue Gattung Orcinus. Diese ist monotypisch. Es werden allerdings etwa 10 Ökotypen unterschieden, wobei für einzelne davon Artstatus postuliert wird [4; 6; 9; 10]. |
Literatur und Internetquellen
- CITES TRADE DATA BASE
- DER SPIEGEL vom 12.12.2013
- ORCA HOMEPAGE
- ORCAS OF THE WORLD
- PAGEL, C. (2011)
- REEVES, R.et al. (2017). Orcinus orca. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T15421A50368125. http://www.iucnredlist.org/details/15421/0. Downloaded on 22 May 2018.
- THIEMANN, H. (1991)
- TOORN, J.D. van der (2000)
- WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
- WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
- ESTEBAN, R. & FOOTE, A. (2019). Orcinus orca (Strait of Gibraltar subpopulation). The IUCN Red List of Threatened Species 2019: e.T132948040A132949669. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2019-3.RLTS.T132948040A132949669.en . Downloaded on 29 November 2021.