Gehegebeschriftung ohne Informationswert in einem schweizerischen Tierpark
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
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Zoogegner unterstellen oft, Zoos würden betrieben, um mit Tieren, die sie ihrer Freiheit beraubt hätten, den großen Reibach zu machen. Was für die Schausteller vergangener Jahrhunderte zugetroffen haben mag, gilt heute längst nicht mehr: Die meisten größeren Einrichtungen sind gemeinnützige Unternehmen oder gehören der öffentlichen Hand. Auch der Tierpark Hagenbeck, einst als kommerzielles Unternehmen konzipiert, oder der Zoo Hannover, lange Zeit das Schaufenster der Tierhandlung Ruhe, sind heute gemeinnützige Gesellschaften mbH, letzterer im Besitz des Kommunalverbands (heute Region) Hannover. Kleinere Einrichtungen werden oft von Vereinen oder Kommunen betrieben, ohne dass der Eintritt kostenpflichtig wäre, und Privatzoos sind in aller Regel froh, wenn sie nicht in die Roten Zahlen kommen. Grundsätzlich muss jeder Zoo in der Lage sein, aus Eintrittsgeldern oder Mitgliedsbeiträgen, Beiträgen der öffentlichen Hand, Spenden oder sonstigen Quellen ausreichend Einkünfte zu generieren, um eine tiergerechte Haltung dauerhaft zu gewährleisten. Mehr an Rendite wird aber, zumindest im deutschsprachigen Raum, in aller Regel nicht erwartet. Was also ist der Zweck der Zootierhaltung, wenn es nicht darum geht, Kapital daraus zu schlagen? Wie bereits unter "Grundsätze" festgehalten, sollen bzw. müssen nach dem Selbstverständnis der Zoos sowie nach der EU-Verordnung Zoos nicht nur Erholungsraum sein, sondern auch der Arterhaltung dienen, Wissen vermitteln und Forschung ermöglichen oder betreiben. Zudem müssen sie, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, auch ein wirtschaftlich gesundes Fundament haben. Alle Tiere, die im Zoo gehalten werden, sollten mindestens einem dieser Zwecke dienen. Ein Waschbär etwa, der keiner gefährdeten Art angehört, der den genzen Tag in seiner Baumhöhle verschläft und daher vom Publikum nicht gesehen wird, dessen Gehegebeschriftung einen minimalen Informationswert hat und über den keine Daten gesammelt werden, hat grundsätzlich im Zoo nichts verloren. Die Haltung eines Waschbären dagegen, der so konditioniert wird, dass er auch tagsüber aktiv ist, und mit dessen Hilfe das Publikum über invasive Arten aufgeklärt wird, ist hingegen absolut sinnvoll, denn sie dient der Erholungs- und der Bildungsfunktion und trägt dazu bei den Zoo attraktiv und somit wirtschaftlich zu machen. Die Beratergruppen (Taxon Advisory Groups) des Europäischen Zoo- und Aquarienverbands (EAZA) erstellen für die einzelnen Tiergruppen "Regional Collection Plans". Darin wird festgehalten, welchen Zwecken eine im Zoo gehaltene Art dienen kann, z.B. als Reservepopulation, für Wiederansiedlungen, als Botschafter für in situ-Projekte, für die Forschung oder die Umweltbildung. Für Arten, die hinsichtlich Umwelt-, Natur- und Artenschutz einen bedeutenden Wert haben, werden Zuchtprogramme ("New Style"-EEP) eingerichtet und langfristige Management-Pläne aufgestellt. Andere Arten sollen, wenn möglich, durch diesbezüglich relevantere ersetzt werden, was natürlich nicht immer geschieht, etwa weil eine nicht-artenschutzrelevante Art wesentlich zur Wirtschaftlichkeit eines Zoos beitragen und ihm so ermöglichen kann, sich für andere, gefährdete Arten einzusetzen. |
Die Sikahirsche und Mufflons des Natur- und Tierparks Goldau sind selbst ohne Artenschutzrelevanz, stellen aber, weil sie in einem Kontaktgehege gehalten werden und vom Publikum gefüttert werden dürfen, die größte Attraktion des Parks dar. Damit generieren sie Geldmittel, die der Park für Artenschutzprojekte, etwa für den Bartgeier, den Wisent oder den Laubfrosch einsetzen kann.
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Literatur und Internetquellen
- DOLLINGER, P. (2008)
- EAZA-NET
- HEDIGER, H. (1973)
- ZOO-RICHTLINIE DER EU (1999)