Nilgans (Alopochen aegyptiacus) im Zoo Basel
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Ordnung: Gänsevögel (ANSERIFORMES)
Familie: Enten und Gänse (Anseridae)
Unterfamilie: Gänseartige (Anserinae)
Tribus: Halbgänse (Tadornini)
Invasive_Art!
Nilgans
Alopochen aegyptiacus (= aegyptiaca) • The Egyptian Goose • L'oie du Nile
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Die Nilgans ist ein Charaktervogel afrikanischer Gewässer und ist in Europa ein invasiver Neubürger, dessen Eliminierung - wohl erfolglos - von der EU angestrebt wird. In Zoos ist sie sehr häufig zu sehen, wobei es sich zum Teil um wildlebende Exemplare handelt, die sich den Zoo als Lebensraum auserkoren haben, hier aber wegen ihrer Aggressivität nicht unbedingt gerne gesehen sind. Körperbau und KörperfunktionenDie Nilgans erreicht eine Gesamtlänge von 71-73 cm und ein Gewicht von 1'500-1'800 g bei den Gänsen und 1'900-2'250 g bei den Gantern. Sie ist ausgesprochen hochbeinig. Um das Auge liegt ein dunkelbrauner Fleck, ebenso auf der Brust. Die Flügeldecken sind weiß. Das übrige Gefieder ist graubraun in unterschiedlichen Farbtönen. Die Geschlechter lassen sich anhand ihrer Lautgebung unterscheiden: Die Ganter zischen heiser, die Gänse schreien laut und hell [4; 6; 8]. VerbreitungAutochthone Verbreitung in Afrika südlich der Sahara und im Niltal in gegen 40 Ländern. Bereits im dem 17. Jahrhundert gab es auch Brutnachweise in Südeuropa. Eingebürgerte Populationen in zahlreichen weiteren Ländern [2]. Situation in Mitteleuropa: Nilgänse wurden ab dem 17. Jahrhundert vor allem in Großbritannien gerne auch in Parks gehalten. Ab dem Ende des 18. Jahrhunderts waren sie dort auch freifliegend anzutreffen. 1967 wurde die Art erstmals in den Niederlanden nachgewiesen. Ausgehend von einer in den 1970er Jahren in den Niederlanden und Belgien gebildeten Population breitete sich die Nilgans rasant dem Rhein und seinen Nebenflüssen entlang aus. Ab 1981 brüteten die ersten Paare in Rheinland-Pfalz und ab 1986 in Nordrhein-Westfalen. Ab 1992 wurden Niedersachsen und Schleswig-Holstein besiedelt. Im Jahr 2000 gelang bei Merseburg offenbar der erste Brutnachweis in Sachsen-Anhalt. In Deutschland ist sie inzwischen fast flächendeckend vorhanden. Der Gesamtbestand wurde 2008 auf 2'200-2'600 Brutpaare geschätzt. Mittlerweile geht man von etwa 10'000 Brutpaaren aus. Im Jagdjahr 2011/12 wurden allein in Nordrhein-Westfalen 7'125 Nilgänse erlegt. In Bayern sowie im Osten Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs und auch in Österreich ist die Art als Brutvogel noch selten. Seit 2003 hat die Nilgans auch in der Schweiz gebrütet. Der Bestand ist aber noch klein und lag 2019 bei 8-13, mittlerweile bei über 25 Brutpaaren. Ausgehend von der Region Basel dehnte sich der Bestand entlang des Rheins aus, besiedelt aber zunehmend auch Seen und Stauhaltungen im Mittelland. Im Januar 2020 ergab die Wasservogelzählung in der Schweiz 265, 2022 168 überwinternde Exemplare [1; 9; 10; 11; 12; 13; NABU NRW]. Lebensraum und LebensweiseNilgänse sind Stand- oder Strichvögel, die bis zu 1'000 km weit umherziehen. Sie leben paarweise in Dauerehe, verteidigen ihr Brutterritorium heftig gegen Konkurrenten, schließen sich aber außerhalb der Brutzeit zu großen Gruppen zusammen. Sie baumen nachts zum Schlafen auf und fliegen hauptsächlich am frühen Morgen und am Abend zu ihren Nahrungsgründen, um zu weiden. Den heißen Teil des Tages verbringen sie gerne auf Sand- oder Kiesbänken an Gewässern. Nilgänse werden mit ein bis zwei Jahren geschlechtsreif. Sie brüten zwischen März und September in Wassernähe. Genistet wird am Boden, in Baumhöhlen, in alten Baumhorsten anderer Vögel (z. B. von Störchen), auf Felsen in Geierkolonien oder in Gebäuden. Die Gelege bestehen aus 5-12 Eiern, die während 28-30 Tagen ausgebrütet werden. In Afrika wird einmal jährlich gebrütet, bei uns sind es bis zu dreimal pro Jahr. Wegen hohen Verlusten an Eiern, Gelegen und Jungvögeln, bedingt durch Beutegreifer wie Krähen und wegen ungünstiger Witterung ist der Bruterfolg jedoch gering, im Mittel werden pro Paar und Jahr nur zwei Jungvögel flügge. Die Gössel werden mit 60-75 Tagen flügge und mit 2 Jahren geschlechtsreif [4; 5; 6;8; 14]. Gefährdung und SchutzDie Nilgans hat eine weite Verbreitung und in ihrem ursprünglichen Areal einen Bestand in der Grössenordnung von 210,000-530,000 Individuen. Dieser nimmt in ihrem natürlichen Areal ab, andererseits verhält sich die Nilgans in Europa invasiv. Sie ist daher nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1]. Der internationale Handel wird durch CITES nicht mehr geregelt (früher Anhang III Ghana). Die Art fällt unter Anhang 2 der Bonner Konvention über wandernde Tierarten (CMS) und Anhang 2 des African-European Waterbird Agreements (AEWA). Seit Juli 2017 ist die Art auf der Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung aufgeführt und darf, wenn es nach der EU-Kommission geht, vorbehältlich einer Ausnahmegenehmigung in Zukunft weder erworben noch gehalten oder gezüchtet werden. Nach Anhang 1 der Jagdverordnung gilt die Nilgans in der Schweiz als nicht einheimische Art, deren Einfuhr und Haltung einer jagdrechtlichen Bewilligung bedarf. Bedeutung für den MenschenDie Nilgans wird zur Fleischgewinnung oder als Sport bejagt und wird laut IUCN für den internationalen Tierhandel genutzt [2]. Bei uns werden Nilgänse im Siedlungsgebiet oft zur Plage, nicht zuletzt deshalb, weil sich die Stadtbevölkerung nicht an Fütterungsverbote hält und gegen Abschüsse opponiert [diverse Zeitungsartikel]. HaltungNilgänse werden oft als Nebenbesatz in Huftieranlagen mit Wassergraben gehalten. Die Haltung auf Wasservogelanlagen ist insofern problematisch, als die Nilgänse werden der Brutzeit außerordentlich aggressiv sind und allenfalls Mitbewohner töten. Während des Winters wird eine frostfreie Haltung empfohlen [6], was allerdings bei klimatisch einigermaßen günstig gelegenen Zoos kaum nötig sein dürfte, nachdem sich die verwilderten Nilgänse bei uns die Winter problemlos überstehen. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in etwa 160 Zoos gehalten, von denen sich gegen ein Drittel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. In einigen Zoos haben sich freifliegende Nilgänse niedergelassen, weshalb die Haltung aufgegeben wurde. Das Haltungsverbot gemäß EU-Verordnung scheint sich aber bislang nicht auszuwirken. Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland und der Schweiz gibt es keine konkreten Mindestanforderungen an Gehege für Nilgänse. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs sind sie mindestens paarweise in Außenanlagen mit offenen Wasserflächen und angrenzendem Landteil zu halten. Bei Volierenhaltung sind pro Paar 8 m² Fläche bei einer Höhe von 4(!) m vorzusehen. Taxonomie und NomenklaturDie Nilgans wurde 1766 von Carl von LINNÉ anhand eines Exemplars aus Ägypten als "Anas aegyptiaca" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Alopochen wurde 1885 vom aus Norwegen stammenden und an der Smithsonian Institution in Washington DC wirkenden, hauptsächlich auf Reptilien spezialisierten Zoologen Leonhard Hess STEJNEGER eingeführt. Die Gattung ist monotypisch und es sind keine Unterarten anerkannt [4]. Das grammatikalische Geschlecht von "Chen" (χήν), der altgriechischen Bezeichnung für Gans, kann sowohl männlich als auch weiblich sein. Nachdem während Jahrzehnten die Nilgans als Alopochen aeqyptiacus bezeichnet wurde, haben kluge Taxonomen im Jahr 2002 eine Änderung in aegyptiaca vorgeschlagen, was sich in letzter Zeit durchzusetzen scheint [3]. |
Literatur und Internetquellen
- BAUER, H.-G. und WOOG, F. (2008)
- BIRDLIFE INTERNATIONAL (2018). Alopochen aegyptiaca. The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T22679993A131910647. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T22679993A131910647.en . Downloaded on 10 November 2019.
- DEL HOYO, J., COLLAR, N., CHRISTIE, D.A., ELLIOTT, A. & FISHPOOL L.D.C. (2014)
- DEL HOYO, J., ELLIOTT, A. et al. (eds., 1992-2013)
- GINN, P.J., McILLERON, W.G. & MILSTEIN, P. le S. (1999)
- GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- KOLBE, H. (1972)
- MAUMARY, L. et al. (2007)
- NEHRING, S. & SKOWRONEK, S. (2017)
- NIELITZ, U. (2006)
- VOGELWARTE SEMPACH
- KNAUS, P., SATTLER, T., SCHMID, H., STREBEL, N. & VOLET, B. (2020)
- NABU BADEN-WèRTTEMBERG