Gerfalke (Falco rusticolus) in der Volerie des Aigles, Kintzheim (Elsass)
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Ordnung: Greifvögel (ACCIPITRIFORMES/FALCONIFORMES)
Unterordnung: Falken (FALCONES)
Familie: Falken und Geierfalken (Falconidae)
Unterfamilie: Falken (Falconinae)
Gerfalke
Falco rusticolus • The Gyrfalcon • Le gerfaut
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Der Gerfalke ist der größte und stärkste Falke und gibt für die Zoopädagogik ein gutes Beispiel zur Illustrierung der Bergmannschen Regel ab. Er wird in großem Umfang für die Beizjagd gezüchtet. In zoologischen Einrichtungen ist er mit mittlerer Häufigkeit, d.h. deutlich seltener als der Wanderfalke, anzutreffen Körperbau und KörperfunktionenMit einer Gesamtlänge von 52-60 (48-63) cm, einer Flügelspannweite von 120-135 cm und einem Gewicht von 960-1'320 (900-1'500) bei den "Terzel" genannten Männchen und (1'260-)1'400-2'500 g bei den "Falken", d. h. den Weibchen, ist der Gerfalke der größte Falke, was die Bergmannsche Regel bestätigt. Sein Gefieder ist sehr variabel mit weißer, grauer oder schwarzbrauner Grundfärbung, oberseits mit mehr oder weniger ausgeprägter dunkler Querstreifung, hellerer Unterseite mit mehr oder weniger starker dunkler Fleckung. Der Bartstreif ist schmal oder kann bei weißen Vögeln fehlen [4; 5; 6; 7]. VerbreitungHolarktis: China, Finnland, Frankreich, Grönland, Island, Japan, Kanada, Norwegen, Russland, Schweden, USA, ev. Mexiko. Wandert auch in andere umliegende Länder. Als Irrgast auch in Deutschland, Österreich und mit nur zwei anerkannten Nachweisen von 1860-2016 sehr sporadisch in der Schweiz [1; 7]. Lebensraum und LebensweiseDer Gerfalke bewohnt Meeresküsten, gerne in der Nachbarschaft von Vogelbergen, Tundra und nördliche Berggebiete, wo er seine Beute mit Raufußbussard, Merlin und Schneeeule teilt. Er ist überwiegend ein Standvogel, namentlich jüngere Individuen können aber im Winter südwärts ziehen. Seevögel bilden im Sommer, Schneehühner im Winter die Hauptnahrung, daneben jagen sie Lemminge, Erd- und Eichhörnchen und wohl auch Schneehasen. Gebrütet wird an steilen Felswänden oder auf Bäumen in Nestern anderer Vögel. Das Gelege besteht aus 3-4 (2-7) Eiern, die während 34-36 Tagen bebrütet werden. Die Nestlingszeit dauert 46-53 Tage [2; 5; 7]. Gefährdung und SchutzDer Gerfalke hat eine sehr weite Verbreitung und auch eine große und stabile Gesamtpopulation. Er wird deshalb als nicht gefährdet eingestuft (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1]. Der internationale Handel ist nach CITES Anhang I eingeschränkt. Die Art fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume, Anhang 2 des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten (CMS) und Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie (2009/147/EG) der EU. Bedeutung für den MenschenGerfalken werden für den internationalen Tierhandel gefangen [1]. Sie sind in der Falknerei besonders bei arabischen Falknern sehr beliebt. Früher bezogen diese illegal aus Skandinavien exportierte Exemplare. Heute werden die Vögel in Menschenobhut gezüchtet, leider auch oft mit anderen Arten bastardiert. Von 2001-2018 gelangten aus den Ursprungsländer 103 Wildfänge in den legalen internationalen Handel, 98 davon aus den USA. Im selben Zeitraum wurden weltweit 22'434 Nachzuchtvögel bei der Ausfuhr registriert. Wichtigste Herkunftsländer waren Großbritannien mit 9'331, die USA mit 3'227 und Deutschland mit 3'207 Vögeln [3]. Haltung im ZooWerden die Falken nicht für Schauflüge eingesetzt, wird die Haltung in Rundvolieren mit einem Durchmesser von 15-20 m empfohlen, welche ausdauernde Rundflüge ermöglichen. Das Höchstalter wird mit mindestens 19 Jahren angegeben [5]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird oft für Schauflüge eingesetzt. Sie wird in rund 70 Zoos und Falkenhöfen gehalten, von denen sich etwa 40% im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Mindestanforderungen an Gehege: Das Gutachten (2024) des BMEL über Mindestanforderungen an die Haltung von Greifvögeln und Eulen enthält zahlreiche Anforderungen an die falknerische und an die Volierenhaltung. Für ein Paar Gerfalken soll u.a.eine Voliere mit einer Grundfläche von 18 m² und einer Höhe von 2.5 m sowie mit Regen- und Windschutz, vorhanden sein. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 1-2 Großfalken eine Voliere mit einer Grundfläche von 20 m² und einem Volumen von 60 m³ vor. Für jeden weiteren adulten Vogel ist die Grundfläche um 4 m² zu vergrößern. Die Vorgängerverordnung sah halb so große Dimensionen vor. Die Erhöhung erfolgte ohne Angabe von Gründen. Für die falknerische Haltung gelten besondere Anforderungen. Nach Artikel 6bis der Jagdverordnung erlässt das Bundesamt für Umwelt nach Anhörung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen eine Richtlinie über die falknerische Haltung von Greifvögeln. Diese Richtlinie steht aus, weil sich die Ämter nicht einigen können. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für die Haltung von 1-2 Gerfalken eine Voliere mit einer Grundfläche von 10 m² bei 2.5 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 5 m² zu erweitern. Für die falknerische Haltung gelten besondere Anforderungen. Taxonomie und NomenklaturDer Gerfalke wurde 1758 von Carl von LINNÉ unter seinem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die Art ist monotypisch [4]. |
Literatur und Internetquellen
- BIRDLIFE INTERNATIONAL (2021). Falco rusticolus. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T22696500A110639833. http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2017-1.RLTS.T22696500A110639833.en und (2021) Falco rusticolus (Europe assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T22696500A166310968. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-3.RLTS.T22696500A166310968.en. Accessed on 15 June 2023.
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- CITES TRADE DATA BASE
- DEL HOYO, J., ELLIOTT, A.. & SARGATAL, J., eds. (1999)
- GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- MAUMARY, L. et al. (2007)
- SCHWEIZERISCHE VOGELWARTE SEMPACH