Gänsegeier - Feldprojekte

Gänsegeier (Gyps fulvus) im Allwetterzoo Münster
© Pressefoto Allwetterzoo

 

Im 19. und 20. Jahrhundert nahmen die Bestände des Gänsegeiers als Konsequenz direkter Verfolgung und von allgemein gegen Greife und Raubwild gerichteten Vergiftungsaktionen deutlich ab, ferner dadurch, dass die Nahrung knapp wurde, weil Tierkadaver nicht mehr auf Wasenplätzen entsorgt, sondern mittels der heute üblichen Verfahren verwertet wurden. Da die Art aber eine weite Verbreitung und einen immer noch großen Bestand hat, gilt sie global als nicht gefährdet. In Teilen Europas war sie jedoch ausgestorben. So wurde die Alpenpopulation Frankreichs bereits im 19. Jahrhundert ausgerottet und aus dem Zentralmassiv verschwanden die Vögel 1946. Ab dem 19. Jahrhundert verschwanden die Geier auch aus den Karpaten, der Dobrudscha, dem italienischen Festland, Sizilien und weiten Teilen des Balkans, gebietsweise auch aus Spanien, das allerdings nach wie vor mehr als 80% des europäischen Bestandes beherbergt [1; 2].

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Wiederansiedlung des Gänsegeiers in Frankreich

Von 1981-1986 wurden durch die Ligue pour la Protection des Oiseaux in den Causses im französischen Zentralmassiv etwa 60 adulte Gänsegeier ausgewildert. Dabei arbeitete sie eng mit Zoos und spanischen Auffangstationen zusammen. Es dürfte sich um eine der erfolgreichsten Wiederansiedlungsaktionen gehandelt haben: 25 Jahre später lebten bereits 450 Brutpaare in der Region [2].

Ab 1987 wurde eine Wiederansiedlung des Gänsegeiers in den provenzalischen Alpen in die Wege geleitet. Genehmigungen wurden eingeholt, im Dörfchen Rémuzat wurden Volieren gebaut und danach Vögel aus verschiedenen Quellen beschafft, die ab 1995 auch in den Volieren züchteten. Von 1996 bis 2001 wurden in den Baronnies etwas über 60 subadulte Gänsegeier ausgewildert. 1999 gab es die erste erfolgreiche Nachzucht im Freiland, im folgenden Jahr flogen bereits fünf Jungvögel aus und seitdem wächst der Bestand kontinuierlich [3].

Ab 1999 wurde im Departement Drôme eine zweite Wiederansiedlung im Alpenraum in Angriff genommen. im Regionalen Naturpark Vercors wurden 14 Vögel freigelassen. Dieser erste Versuch war wenig erfolgreich: fünf Vögel wurden schon bald tot aufgefunden, einige weitere wanderten in die Baronnies ab. In der Folge wurden in den Jahren 2001 und 2005 anscheinend mit mehr Erfolg 35 überwiegend erwachsene Vögel freigesetzt [4].

07.05.2015

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Wiederansiedlung in Bulgarien

PM 2014-05-21 S gaensegeierGänsegeierküken (Gyps fulvus) in der Wilhelma Stuttgart, Pressefoto Wilhelma

PM 2013-05-02 gaensegeier duisbg dpaFgVfdGänsegeier mit Jungvogel im Zoo Duisburg. Bild dpa, fg, vfg

11 6 44 4 gaensegeier Chiplesen MS StefanieHeekeAblesen des Transponder-Chips im Allwetterzoo Münstervor dem Transport zum Auswilderungsprojekt © Stefanie Heeke, Allwetterzoo

In den 1970er Jahren waren die Gänsegeier im bulgarischen Balkangebirge Stara Planina ausgestorben. Sie waren damals dem Einsatz von Giftködern zum Opfer gefallen, die in einer landesweiten Kampagne gegen Wölfe ausgelegt worden waren. Am 27. Oktober 2010 wurden dort die ersten 26 Vögel aus ihren Eingewöhnungsvolieren wieder in die Wildbahn entlassen. Spanische Aufzuchtstationen und europäische Zoos, die sich am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) beteiligen, hatten die Tiere für die Wiederansiedlung zur Verfügung gestellt.

Die Vulture Conservation Foundation (VCF) leitete das Projekt an, das gemeinsam mit anderen Organisationen und Regierungsstellen unter dem Dach eines Aktionsplans zum Schutz der vier europäischen Geierarten auf dem Balkan durchgeführt wird. Auf lange Sicht sollen die neuen Populationen mit bestehenden Kolonien in Serbien und Westeuropa vernetzt werden.

Für die Freilassung werden die Gänsegeier auf vier geschützte Gebiete in der Stara Planina verteilt, wo Auswilderungsvolieren in den Naturparks Vrachanski Balkan Nature Park, Sinite Kamani Nature Park, Central Balkan National Park, sowie dem streng geschützten Naturreservat Kotel errichtet worden waren. Im Jahr 2015 wurde das erste Geierjungtier von ausgewilderten Vögeln aufgezogen und auch in 2016 ging der Bruterfolg in der  freien Wildbahn weiter.

Unter anderem stellte der Allwetterzoo Münster von 2011-2016 insgesamt acht Nachzuchtvögel zur Verfügung. Im Jahr 2014 wurden erstmals drei junge Gänsegeier von der Wilhelma Stuttgart an das Projekt geliefert, und der Zoo Duisburg beabsichtigt, dies zu tun [3; diverse PM der beteiligten Zoos].

07.05.2015; aktualisiert

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Wiederansiedlung in Italien

EUR-2015-04 gaensegeier lagoDiCornino fulvioGeneroGänsegeier in der Riserva naturale del lago di Cornino © Fulvio Genero

In den 1980er Jahren wurde am Lago di Cornino in der Provinz Udine der autonomen Region Friaul-Julisch Venetien ein Wiederansiedlungsprojekt in die Wege geleitet, das gleich wie die Projekte in Frankreich auf der Zusammenarbeit von Behörden, Naturschutzorganisationen und Zoos beruhte. Beim Besucherzentrum der Riserva naturale del Lago di Cornino wurde eine Auswilderungsvoliere gebaut, die heute als Schauvoliere dient und mit fluguntüchtigen Vögeln bestückt ist.

Im Jahr 2004 fand der letzte im Alpenzoo Innsbruck gezüchtete Gänsegeier via Zoo Salzburg seinen Weg in das Projekt.

In Italien wurden weitere Wiederansiedlungsprojekte durchgeführt, so im Parco dei Nebrodi auf Sizilien, im Parco nazionale del Pollino, in den Abruzzen Mittelitaliens auf dem Monte Velino.

08.05.2015

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Literatur und Internetquellen:

  1. HAGEMEIJER, W. J. M. & BLAIR, M. J. (eds., 1997)
  2. MAUMARY, L. et al. (2007)
  3. VULTURE CONSERVATION FOUNDATION
  4. Les réintroductions de vautour fauves dans la Drôme

Tierart-Datenblatt: Gänsegeier (Gyps fulvus)

Lebensraum: Gebirge in Europa, Gebirge in Asien