Schlangenadler

Schlangenadler (Circaetus gallicus) im Parc ornithologique Villars-les-Dombes
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Greifvögel (ACCIPITRIFORMES)
Unterordnung: Habichtartige und Fischadler (ACCIPITRES)
Familie: Habichtartige (Accipitridae)
Unterfamilie: Schlangenadler (Circaetinae)

D LC 650

Schlangenadler

Circaetus gallicus • The Short-toed Snake Eagle • Le circaète Jean-le-Blanc

213 003 011 005 circaetus gallicus stesMaries PD1Schlangenadler (Circaetus gallicus) im Parc ornithologique du Pont de Gau, Les-Stes.-Maries-de-la-Mer © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

213 003 011 005 circaetus gallicus mapApproximative Verbreitung des Schlangenadlers (Circaetus gallicus). Dunkelblau: Brutareal; gelb: Winterquartiere

213 003 011 005 circaetus gallicus stesMaries PD2Schlangenadler (Circaetus gallicus) im Parc ornithologique du Pont de Gau, Les-Stes.-Maries-de-la-Mer © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

213 003 011 005 circaetus gallicus stesMaries PD3Schlangenadler (Circaetus gallicus) im Parc ornithologique du Pont de Gau, Les-Stes.-Maries-de-la-Mer © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

213 003 011 005 circaetus gallicus VIE KR1Schlangenadler (Circaetus gallicus) im Tiergarten Schönbrunn © Klaus Rudloff, Berlin

213 003 011 005 circaetus gallicus VIE wDreier1Schlangenadler (Circaetus gallicus) im Tiergarten Schönbrunn © Wolfgang Dreier, Berlin

213 003 011 005 circaetus gallicus ei wiesbadenEi des Schlangenadlers (Circaetus gallicus) © Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden. Veröffentlicht unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz.

213 003 011 005 circaetus gallicus BREHM"Schlangenbussard (Circaetus gallicus)". Illustration aus BREHMS THIERLEBEN (1882-1887). Gemeinfrei.

 

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Als in Europa brütender und in Afrika überwinternder Greifvogel, der auf dem Zug nach wie vor Verluste durch Abschüsse in Kauf nehmen muss, kann der Schlangenadler dazu dienen, auf die sich im Mittelmeerraum hartnäckig haltende illegale Vogeljagd aufmerksam zu machen, der jährlich über 100'000 Greifvögel zum Opfer fallen.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Schlangenadler erreicht eine Gesamtlänge von 62-67 cm, eine Flügelspannweite von 126-148 cm und ein Gewicht von etwa 1'750 (1'280-2'000) g bei den Männchen und 1'860 (1'300-12'320) g bei den Weibchen. Er hat einen dicken Kopf mit großen Augen, einem starken, von der Wurzel an gekrümmten Schnabel und langen, borstenartigen Federn an Stirn und Kinn. Die Läufe sind lang und unbefiedert mit kurzen Zehen und Krallen. Kopf, Oberseite und Brustlatz sind braun, die Unterseite ist weiß mit braunen Querbinden und Fleckenreihen. Eventuell ist ein graubraunes Kropfband vorhanden [2; 4; 5; 7; 8].

Verbreitung

In der Paläarktis ist der Schlangenadler von den Maghrebstaaten, der Iberischen Halbinsel und dem Baltikum bis nach China und der Mongolei weit verbreitet. Weitere Brutareale sind der indische Subkontinent und Arabien. Die nördliche Savannenzone Afrikas ist eines der Überwinterungsgebiete. Der Schlangenadler gilt in etwa 95 Ländern und abhängigen Gebieten als einheimisch (aber nicht überall brütend). In rund 20 weiteren ist er Gastvogel [1].

Situation in Mitteleuropa: Im 19. Jahrhundert brütete der Schlangenadler gelegentlich in Deutschland, wurde aber zur Mitte des 20. Jahrhunderts nur noch in einzelnen Paaren in Niederschlesien und Ostpreußen  beobachtet [6]. In der Schweiz war der Schlangenadler von 1890-1930 praktisch nicht anzutreffen. Seitdem ist er ein seltener, aber regelmäßiger Gast und Durchzügler, wobei die Zahl der Meldungen seit 1990 deutlich zugenommen hat. Im Sommer 2012 konnte bei Leukerbad im Wallis erstmals eine Brut mit erfolgreicher Aufzucht eines Jungvogels beobachtet werden. Seitdem kommt es regelmäßig zu Bruten. Der Bestand liegt bei 3-5 Paaren in den Regionen Genf, Wallis und Tessin [7; BLICK-Online vom 29.12.2012/01.10.2018].

Lebensraum und Lebensweise

Schlangenadler nutzen ein weites Spektrum von Lebensräumen bis auf eine Höhe von 2'300 m. In Indien sind sie Standvögel, in der Paläarktis Zugvögel. Sie ernähren sich überwiegend von Reptilien, vorzugsweise Schlangen, fangen aber auch Frösche, Fische Krebse, große Insekten, Tausendfüßer Ratten und schwache Vögel. Zum Beutefang gehen die Schlangenadler auch ins Wasser hinein. Das Nest wird relativ tief in einer Baumkrone errichtet. Das Gelege besteht aus nur einem weißen, 73x58 mm großen Ei. Die Brutdauer beträgt 42-47 Tage, die Nestlingsdauer 60-75(-80) Tage [1; 2; 8].

Gefährdung und Schutz

Der Schlangenadler hat eine sehr weite Verbreitung, einen relativ großen Bestand von 50-100'000 erwachsenen Individuen und keinen abnehmenden Populationstrend. Aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2006, letztmals überprüft 2021 wurde er daher als nicht-gefährdet eingestuft [1].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt. Die Art fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume und Anhang 2 des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten (CMS). Sie ist zudem eine streng zu schützende Tierart nach Anhang I der Vogelschutz-Richtline (2009/147/EG).

Bedeutung für den Menschen

Obwohl durch die EU und das Berner Übereinkommen geschützt, werden Schlangenadler auf Malta zum Vergnügen geschossen [1]. Der internationale Handel ist unbedeutend. Von 2001-2016 wurde weltweit die Ausfuhr von nur 13 Wildfängen registriert [3].

Haltung

Die Art wird in rund 20 europäischen Zoos und Falkenhöfen gehalten, ferner in ein paar weiteren EAZA-Zoos in Israel. Schwerpunkte der Haltung sind die Mittelmeerländer. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: 1995 veröffentlichte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMELF) Mindestanforderungen an die Haltung von Greifvögeln und Eulen. Diese werden seit Jahren überarbeitet und sollen als Leitlinien zur Haltung von Greifvögeln (Accipitriformes, Falconiformes) und Eulen (Strigiformes) neu herausgegeben werden.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 1-2 mittelgroße Greifvögel, wozu der Schlangenadler vermutlich zu rechnen ist, eine Voliere mit einer Grundfläche von 30 m² und einem Volumen von 180 m³ vor. Für jeden weiteren adulten Vogel ist die Grundfläche um 10 m² zu vergrößern. Die Vorgängerverordnung sah halb so große Dimensionen vor. Die Erhöhung erfolgte ohne Angabe von Gründen. Für die falknerische Haltung gelten besondere Anforderungen. Nach Artikel 6bis der Jagdverordnung erlässt das Bundesamt für Umwelt nach Anhörung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen eine Richtlinie über die falknerische Haltung von Greifvögeln. Diese Richtlinie steht aus, weil sich die Ämter nicht einigen können.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für die Haltung von 1-2 Schlangenadlern eine Voliere mit einer Grundfläche von 30 m² bei 2.5 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 15 m² zu erweitern. Für die falknerische Haltung gelten besondere Anforderungen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Schlangenadler wurde 1788 vom Göttinger Professor Johann Friedrich GMELIN als "Falco gallicus" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Circaetus wurde 1816 von dem französischen Ornithologen Louis Jean Pierre VIEILLOT eingeführt. Die Art gilt heute als monotypisch, zeitweilig wurden ihr zwei in Afrika lebende Formen als Unterarten zugerechnet [4].

Literatur und Internetquellen

  1. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2021). Circaetus gallicus. The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T22734216A203141317. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-3.RLTS.T22734216A203141317.en und (2021) Circaetus gallicus (Europe assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T22734216A166443230. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-3.RLTS.T22734216A166443230.en. Accessed on 16 June 2023..
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. DEL HOYO, J., ELLIOTT, A. & SARGATAL, J., eds. (1999)
  5. GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
  6. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  7. MAUMARY, L. et al. (2007)
  8. PFORR, M. & LIMBRUNNER, A. (1991)