Weißschwanzseeadler (Haliaeetus albicilla) im Vogelpark Marlow
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern
Ordnung: Greifvögel (ACCIPITRIFORMES)
Unterordnung: Habichtartige und Fischadler (ACCIPITRES)
Familie: Habichtartige (Accipitridae)
Unterfamilie: Seeadler (Haliaeetinae)
Weißschwanzseeadler
Haliaeetus albicilla • The White-tailed Eagle • Le pygargue à queue blanche
- Körperbau und Körperfunktionen
- Verbreitung
- Lebensraum und Lebensweise
- Gefährdung und Schutz
- Bedeutung für den Menschen
- Haltung
- Taxonomie und Nomenklatur
- Literatur und Internetquellen
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Als größter Adler Europas, Beispiel für die Auswirkungen von Pestiziden auf die Umwelt und wegen seiner großen kulturellen Bedeutung ist der Seeadler von hohem Interesse für die Zoopädagogik. Er wird daher sehr häufig in europäischen Zoos gehalten und wird oft in Flugschauen eingesetzt. Körperbau und KörperfunktionenDer Weißschwanzseeadler erreicht eine Gesamtlänge von 70-90 cm, eine Flügelspannweite von 200-240 cm und ein Gewicht von 3'075-7'500 g (männliche Vögel im Mittel 4014 g, weibliche 5'572 g). Damit ist er der größte und kräftigste Adler Europas. Von anderen europäischen Adlern (Aquila spp.) unterscheidet er sich namentlich durch den gelben Schnabel und dadurch, dass das untere Drittel der Ständer unbefiedert ist. Der ziemlich kurze Schwanz ist weiß, das übrige Gefieder ist graubraun, an Kopf und Hals meist etwas heller [4; 5; 7; 8]. >VerbreitungAsien: Afghanistan, China, Indien, Irak, Iran, Israel, Japan, Kasachstan, Kirgistan, Korea Rep., Korea VR, Mongolei, Nepal, Pakistan, Syrien, Taiwan, Turkmenistan, Lebensraum und LebensweiseDer Seeadler ist eine tagaktive Art, die Feuchtgebiete und waldreiche Uferzonen an vogel- und fischreichen Flüssen und Seen besiedelt. Er ernährt sich von toten und lebenden, oft kranken Fischen, jagt aber auch Vögel, hauptsächlich Blässhühner und Enten, und Säugetiere, frisst Aas oder jagt anderen Vögeln wie Krähen oder Kormoranen ihre Beute ab. Auf großen Bäumen oder in Felswänden bauen die Seeadler aus Ästen riesige Horste, die sie mit Gras und Moos auskleiden. Die Brutzeit beginnt Ende Januar und endet im April. Das Gelege besteht aus 2(-3) weißen, selten gefleckten, 75x58 mm großen Eiern, die während 34-40 Tagen bebrütet werden. Die Jungen werden mit 66-77(-80) Tagen flügge [4; 5; 6; 7, 8]. Gefährdung und SchutzSeit in den 1970er Jahren die Verwendung von DDT verboten wurde, haben sich die zuvor dezimierten Bestände erholt, liegen mittlerweile zwischen 30000 und 60'000 Adultvögeln und nehmen weiterhin zu. Da die Art auch weit verbreitet ist, gilt sie seit 2005 nicht mehr als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1]. Der internationale Handel ist nach CITES Anhang I eingeschränkt. Die Art fällt unter Anhang I der Vogelschutzrichtlinie der EU (2009/147/EG), Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume sowie die Anhänge I und II des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten (CMS). Situation in Europa: Die direkte Verfolgung durch Jäger und Eiersammler führte im 19. Jahrhundert zu einer massiven Reduktion der Bestände und einer Verkleinerung des Brutgebiets. In Österreich wurde er damals ausgerottet und auch aus Süddeutschland, wo es z.B. bis 1897 noch besetzte Horste bei Heidelberg gab, verschwand er als Brutvogel. Einen weiteren Aderlass erlitt die europäische Population nach dem 2. Weltkrieg durch den Einsatz von DDT in der Landwirtschaft. Heute gibt es in Europa wieder rund 10'400 bis 14'600 Brutpaare. Die größten Populationen finden sich an der Atlantikküste Norwegens, in Russland und Polen. Der Bestand in Deutschland wird mit 850, jener Österreichs mit 16-33 Brutpaaren angegeben. In der Schweiz ist der Seeadler ein regelmäßiger, aber seltener, Durchzügler und Wintergast [1; 7; 9]. Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):
Bedeutung für den MenschenSeeadler werden gelegentlich für den internationalen Tierhandel gefangen [1] und wohl auch zur Gewinnung von Federn abgeschossen. Von 2001-2018 gelangten aus den Ursprungsländern 210 lebende Wildfänge in den legalen internationalen Handel, davon stammten 202 aus Norwegen. Es wurden auch zahlreiche tote Objekte gehandelt, u. a. gegen 11'000 Federn, die als Sammlungsstücke oder zum Herstellen von Indianer-Kopfschmuck von Interesse sind. Im selben Zeitraum wurden weltweit 142 Nachzuchtvögel bei der Ausfuhr registriert. Wichtigstes Herkunftsland war Kasachstan mit 92 Vögeln [3]. Kulturelle Bedeutung: Der Adler ist seit der Antike ein beliebtes Motiv in der Heraldik, weil er Mut, Weitblick und Kraft symbolisiert und als "König der Lüfte" oder Götterbote gilt. Meist ist allerdings nicht klar, ob mit "Adler" nun der Steinadler, der Kaiseradler oder der Seeadler gemeint ist. Bei dem mit Reichsapfel und Szepter versehenen preußischen und dem Hammer und Sichel haltenden österreichischen Adler kann man wegen des gelben Schabels vermuten, dass es sich um Seeadler handelt. Aber vielleicht ist die Schnabelfarbe auch nur Ausdruck künstlerischer Freiheit, wie dies beim deutschen Bundesadler und dessen Vorgänger, dem Reichsadler, der Fall ist, der einen roten Schnabel hat, was es bei realen Adlern nicht gibt. Haltung im ZooZoos kommen gelegentlich in die Lage, aus Tierschutzgründen Seeadler aufzunehmen, die in ihrer Flugfähigkeit eingeschränkt sind. Nachzuchtvögel werden öfter in Flugschauen eingesetzt. Bei Seeadlern töten gelegentlich die größeren Weibchen ihren Partner auch nach Jahren des Zusammenlebens. Als Höchstalter werden 43 Jahre angegeben, erreicht von einem Vogel im Tiergarten Schönbrunn. Dort gelang 1961 auch die Welterstzucht [5]. Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 160 Zoos und Falkenhöfen gehalten, von denen sich etwa ein Viertel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Es gibt seit längerem ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das 2024 in ein vom Edinburgh Zoo koordiniertes "New Style"-EEP umgewandelt wurde. Mindestanforderungen an Gehege: 1995 veröffentlichte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMELF) Mindestanforderungen an die Haltung von Greifvögeln und Eulen. Diese werden gegenwärtig (November 2024) überarbeitet und sollen als Leitlinien zur Haltung von Greifvögeln (Accipitriformes, Falconiformes) und Eulen (Strigiformes) neu herausgegeben werden. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) schreibt für 1-2 große Adler eine Voliere mit einer Grundfläche von 60 m² und einem Volumen von 240 m³ vor. Für jeden weiteren adulten Vogel ist die Grundfläche um 15 m² zu vergrößern. Die Vorgängerverordnung sah halb so große Dimensionen vor. Die Erhöhung erfolgte ohne Angabe von Gründen. Für Schauflüge eingesetzte Vögel dürfen nur im nicht öffentlich zugänglichen Bereich der Tierhaltung an der Fessel gehalten werden. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für die Haltung von 1-2 Weißschwanzseeadlern eine Voliere mit einer Grundfläche von 60 m² bei 3 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 15 m² zu erweitern. Für die falknerische Haltung gelten besondere Anforderungen. Taxonomie und NomenklaturDer Weißschwanzseeadler wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Falco Albicilla" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Haliaeetus wurde 1809 von dem französischen Naturforscher Marie Jules César Lelorgne de SAVIGNY eingeführt. Die Art ist monotypisch und bildet mit dem nordamerikanischen Weißkopfseeadler eine Superspezies [4]. |
Literatur und Internetquellen
- BIRDLIFE INTERNATIONAL (2021). Haliaeetus albicilla. The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T22695137A206723035. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-3.RLTS.T22695137A206723035.en und (2021) Haliaeetus albicilla (Europe assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T22695137A166294180. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-3.RLTS.T22695137A166294180.en. Accessed on 16 June 2023.
- BREHM, A. E. (1882-1887)
- CITES TRADE DATA BASE
- DEL HOYO, J., ELLIOTT, A. & SARGATAL, J., eds. (1999)
- GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
- GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
- MAUMARY, L. et al. (2007)
- PFORR, M. & LIMBRUNNER, A. (1991
- STEMMLER, C. (1932)