Girlitz

Girlitz (Serinus serinus) in Privatgarten, Liebefeld-Bern
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Sperlingsvögel (PASSERIFORMES)
Unterordnung: Singvögel (OSCINES)
Familie: Finken (Fringillidae)
Unterfamilie: Stieglitzartige (Carduelinae)
Tribus: Carduelini

D LC 650

Girlitz

Serinus serinus • The European Serin • Le serin cini

227 048 018 028 serinus serinus lfeld PD2Girlitz (Serinus serinus), Henne in Privatgarten, Liebefeld-Bern © Peter Dollinger, Liebefeld-Bern

 

227 048 018 028 serinus serinus mapApproximative Verbreitung des Girlitz (Serinus serinus). Dunkelblau: brütend; gelb: nicht brütend

 

227 048 018 028 serinus serinus madrid garciaGirlitz, Hahn © (Serinus serinus) wildlebend in Madrid (Spain) © Luis García. Übernommen unter der GNU Free Documentation-Lizenz 1.2+ aus Wikimedia Commons

 

 

227 048 018 028 serinus serinus madrid garciaGirlitz © (Serinus serinus), Hahn im Vogelpark Oberhausen-Rheinhausen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

227 048 018 028 serinus hortulanus und pusillus BREHMGirlitz (Serinus "hortulanus") und Rotstirngirlitz (Serinus pusillus). Abbildung aus BREHMs THIERLEBEN (1882-1887). Gemeinfrei.

 

 

 

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Der Girlitz ist eine nicht-gefährdete, ursprünglich mediterrane Art, die hauptsächlich im 19. und 20. Jahrhundert ihre Verbreitung nach Mitteleuropa ausgebreitet hat und heute bei uns ein nicht seltener Brutvogel ist. In Zoos wird er nicht häufig gezeigt.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit einer Gesamtlänge von ca. 11.5 cm und einem Gewicht von 8.5-14 g ist der Girlitz der kleinste der europäischen Finken. Er hat einen sehr kurzen, aber kräftigen Schnabel und einen etwas gegabelten Schwanz. Sein Gefieder ist grün, gelb und bräunlich mit dunkleren Streifen auf der Oberseite und Strichelung an den Flanken und bei der Henne der Brust. Der Bürzel sowie beim Hahn Kehle, Brust und teilweise der Kopf sind leuchtend gelb [3; 4, 5; 6; 9].

Verbreitung

Europa, Nordafrika, Naher Osten: Ursprünglich eine mediterrane Art, hat sich der Girlitz hauptsächlich im 19. und 20. Jahrhundert nach Mitteleuropa ausgebreitet. BREHM bemerkt 1882 dazu: "In den letztvergangenen zwanzig Jahren hat er sich fast den ganzen österreichischen Kaiserstaat erobert und ebenso in derselben Zeit in Schlesien, Franken und Thüringen angesiedelt, ist im Jahre 1877 auch in der Mark erschienen und wird sich hier wahrscheinlich ebenso gut seßhaft machen, als er dies anderswo gethan hat" [2]. Heute kommt er in folgenden Ländern oder abhängigen Gebieten als Jahres- oder Brutvogel vor: Ägypten, Albanien, Algerien, Andorra, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Gibraltar, Griechenland, Großbritannien, Israel, Italien, Jordanien, Kosovo, Kroatien, Lettland, Libanon, Libyen, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Marokko, Moldawien, Monaco, Montenegro, den Niederlanden, Nordmazedonien, Österreich, Palästina, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, San Marino, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei; Slowenien, Spanien (inkl. Gran Canaria und Teneriffa), Syrien, Tschechien, Tunesien Türkei, Ukraine, Ungarn, Weißrussland, Zypern. Nicht-brütender Gastvogel ist er in Irak, Iran, Irland und Island [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Girlitz ist ein Stand- und Strichvogel oder Kurzstreckenzieher. Er besiedelt teilweise bewaldete Landschaften vom Tiefland bis in die submontane Stufe, im Mittelmeerraum auch Macchie, Oliven- und Zitrushaine, ferner offenes Agrarland, hohe Hecken und Windschutzstreifen, Obstgärten, Weinberge sowie Gärten, Parks und Alleen im Siedlungsgebiet. Seine Nahrung besteht hauptsächlich aus Samen, Knospen, Trieben, Blüten und kleinen Wirbellosen. Außerhalb der Brutzeit ist er gesellig und bildet oft mit Hänflingen, Stieglitzen und Grünfinken lockere Verbände [1; 3; 8].

Während der von Februar bis Anfang August dauernden Fortpflanzungsperiode ist der Girlitz territorial. Das kleine und kompakte, aus Pflanzenmaterial, Tierhaaren, Spinnweben und Federn bestehende Nest wird von der Henne zwischen den äußersten Ästen in der Krone oder auf einem Ast am Stamm eines Strauchs oder Baums angelegt, wobei Koniferen Laubgehölzen vorgezogen werden. Das aus 4 (3-5) Eiern bestehende Gelege wird von der Henne, die während dieser Zeit vom Hahn gefüttert wird, während 12-13(-14) Tagen alleine ausgebrütet. Die Nestlingszeit dauert 13-18 Tage, danach während die Jungen noch weitere zwei Wochen von beiden Eltern gefüttert [3; 8; 9].

Gefährdung und Schutz

Der Girlitz hat ein sehr weites Verbreitungsgebiet und dementsprechend auch eine große Gesamtpopulation, die zwar leicht abnimmt, aber allein in Europa noch irgendwo zwischen 21 und 31.5 Millionen Brutpaaren liegt. Die Art gilt deshalb seit 2004, letztmals beurteilt 2018, als nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Mit Wirksamkeit auf den 22.06.2021 wurde die ukrainische Population in Anhang III CITES aufgenommen, was auch bedeutet, dass bei der Einfuhr aus allen anderen Ländern ein Ursprungszeugnis erforderlich ist.

Die Art fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume. In der Vogelschutzrichtlinie der EU (2009/147/EG) ist sie nicht aufgeführt.

Situation in Mitteleuropa: In Deutschland ist der Girlitz eine besonders geschützte Art nach Bundesnaturschutzgesetz, in der Schweiz ist er nach Jagdgesetz geschützt. Die Bestände werden in Deutschland auf 65-130'000, in Österreich auf 40-60'000, in der Schweiz auf 35-45'000, in Luxemburg auf 1'000-2'000 und in Liechtenstein auf 80-120 Brutpaare geschätzt [1; 7; 11 ].

Bedeutung für den Menschen

Der Girlitz wird gebietsweise zu Fleischgewinnung bejagt und befindet sich laut IUCN im internationalen Tierhandel [1].

Haltung

Das Höchstalter in menschlicher Obhut wird mit als "mehr als 9 Jahre" angegeben [4].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund einem Dutzend Zoos in Deutschland, Österreich und Tschechien gezeigt. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland gibt das Kleinvogel-Gutachten des BML von 1996 für ein Paar Girlitze einen Käfig mit den Mindestmaßen 80x40x40 cm (LxBxH) vor. Für jeweils 1-2 weitere Vögel ist die Grundfläche um 25% zu erweitern. Bei der Haltung in Außenvolieren muss ein Schutzraum mit einer Grundfläche von 1 m² für bis zu 20 Vögel vorhanden sein.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) ist für ein Paar ein Käfig mit den Mindestmaßen 120x50x80 cm (LxBxH) erforderlich. Für jeweils 2 weitere Vögel ist die Grundfläche um 25% zu erweitern. Den Tieren sind Volieren mit natürlicher Bepflanzung von Sträuchern, Laubgehölzen und Koniferen einzurichten, was bei den vorgegebenen Käfigmaßen nicht möglich ist. Bei Schwarmhaltung ist auf ausreichende Versteckmöglichkeiten zu achten. Eine Badegelegenheit ist erforderlich. Die Vögel dürfen ganzjährig in Außenvolieren gehalten werden, sofern ihnen ein trockener und zugfreier Schutzraum oder überdachter geschützter Volierenteil zur Verfügung steht.

Gemäß Schweizerischer Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024) ist für bis zu 4 Finken (explizit genannt nur der Kanarienvogel) ein Käfig mit einer Grundfläche von 2'400 cm²und einer Höhe von 50 cm mit Badegelegenheit vorgeschrieben, für jedes weitere Tier ist die Fläche um 500 cm² zu erhöhen

Taxonomie und Nomenklatur

Der Girlitz wurde 1766 von Carl von LINNÉ anhand eines Exemplars aus der Schweiz als "Fringilla Serinus" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Der Entomologe und Arachnologe Carl Ludwig KOCH, der Kreisforstrat in Regensburg war, erhob 1816 Serinus zu einer Gattung. Die Art ist monotypisch [3].

Literatur und Internetquellen

  1. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2018). Serinus serinus. The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T22720049A132136209. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T22720049A132136209.en. Accessed on 15 November 2022.
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. DEL HOYO, J., ELLIOTT, A. & SARGATAL, J., eds. (1999)
  4. GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
  5. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  6. HEINZEL, H., FITTER, R. & PARSLOW, J. (1977)
  7. KNAUS, P., SATTLER, T., SCHMID, H., STREBEL, N. & VOLET, B. (2021)
  8. MAUMARY, L. et al. (2007)
  9. PFORR, M. & LIMBRUNNER, A. (1991
  10. SCHMID, H., R. LUDER, B. NAEF-DAENZER, R. GRAF & N. ZBINDEN (1998)
  11. WILLI, G. (2019)